Mutter schaute zu ihm und fragte: "Wolltest du etwas sagen? Habe ich nicht das Richtige getan? Habe ich deine Kälte verbrannt? Du musst ja nicht wieder in den Krieg ziehen, siehst du dich denn schon wieder in der Kälte von Norwegen? Ich bin nicht schuld, deine Kinder sind nicht schuld an diesem Krieg, an Hitlers Krieg, wir wollten ja nicht die ganze Welt für uns haben!" Mutters Stimme wurde immer lauter, ich steckte meinen Kopf unter mein dünnes Hemd, ich war nicht da, ich höre euch nicht zu, ich höre nichts. Mutter ganz laut: "Deine Blicke kenne ich schon, du brauchst gar nicht zu reden, ich sehe ohnehin schon, was du sagen willst. Wir haben uns fast zu Tode gefroren da oben und du heizt den warmen Fellmantel ein! Ist es so oder nicht? Sag doch was, rede, hier ist nur die Küche, nicht das Jüngste Gericht. Dreh dich nur weg und schau aus dem Fenster, als hätte ich nichts gesagt, rede nur mit den Bergen, sag ihnen nur, was du mir nicht sagst, sie können nicht antworten, die Berge, du könntest, aber du tust es nicht. Am besten, du öffnest das Fenster, vielleicht redet die Sonne für dich oder der Himmel, der ist ja heute besonders blau, eine ganz besonders kalte Bläue. Er hat ja schon viel gesehen, der Himmel über uns. Er hat auch dich marschieren gesehen im knietiefen Schnee, er hat die Schüsse gehört, die Toten fallen gesehen und dich, wie du frierend und zitternd an die Heimat gedacht hast. Spürst du die Wärme von dem verbrannten Mantel? Wärm dich am Ofen, du brauchst die Wärme jetzt noch viel mehr, damit wir mit dir leben können!"
(S. 14f)
2007 Skarabaeus, Innsbruck-Bozen-Wien.