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Raoul Schrott: Das Geschlecht der Engel. Der Himmel der Heiligen

Ein Brevier.
Mit Bildern von Arnold Mario Dall'O.
München: Hanser, 2001.
148 S., geb.; DM 23,50.
ISBN 3-446-200020-7.

Link zur Leseprobe

Die Außerirdischen sind wie geschaffen dafür, um von Raoul Schrott in Poesie verwandelt zu werden. Während Günther Nenning kürzlich die Schutzengel aus der Sicht der kleinen Leute in einen Kosmos von Alltagsabsurditäten gestellt hat, geht Raoul Schrott sein "Engels-Brevier" auf den ersten Blick wie bei ihm üblich beinahe wissenschaftlich an.
Brevier ist in diesem Fall als kurzer Leitfaden durch die Engelskunde zu verstehen. Aber kurz heißt in dieser konkreten Anwendung "engelskurz", und das kann durchaus ausführlich sein. In zwanzig Abschnitten gibt es ebenso viele Zugangsmöglichkeiten zu den Themen Engel, Firmament, Sehnsucht, Erhörung und ähnlichem mehr.

Die Vorgangsweise Raoul Schrotts läßt sich beispielsweise am Kapitel fünf besonders gut dokumentieren. Das Kapitel heißt fachlich präzise "Die Engel", diese waren eigentlich immer Gedanken der besonderen Art. Zusammen mit dem Pothos, dem Gott des Begehrens, geht es auf ins Paradies.
Bis hierher liest sich die Geschichte flott wie ein Essay über unbekannte Wesen. Doch jetzt setzt Raoul Schrott ein lyrisch inspiriertes Ich ein, voll ausgerüstet mit irdischer Himmels-Lust und begleitet von Cupidi und Amores. Dieses Ich schießt die entsprechenden Botenstoffe als Pfeile in die Nacht. "Und dann werde ich dir den Himmel erfinden (wie Douglas Adams damals, als er betrunken wie eine Drossel im Gras des Campingplatzes in Innsbruck lag, die Bierdose auf seiner Nase balancierte, hinaufsah zu den Sternen und mit dem Hitchhikers Guide to the Galaxy begann.) Der Mond, sein Rand nun, Aluminium, der Boden der Dose."

Wie schon in der Novelle von der Wüste Lop Noor sind die literarischen Gattungen nur Vorwand, um einen Liebessturm zu entfachen und in Glut zu halten. Also, was sind wir imstande, uns auszudenken?, heißt die entscheidende Engelsfrage. Das in Rage geratene Ich kann sich an dieser Stelle alles ausdenken und läßt sich von keiner Schwerkraft und keiner Sprachgrenze aufhalten. Im Abspann des Kapitels gibt es schließlich die Schilderung von einem antipodischen Land, wo alles verkehrt ist, mit dem Kiel wird gesegelt, mit den Segeln gewassert undsoweiter.

In die Mitte der jeweiligen Kapitel sind sorgfältig die luciden Graphiken von Arnold Mario Dall'O auf Doppelblatt eingedruckt. Diese Doppelbögen verhindern einerseits das Durchschimmern ungewünschter Farben und geben den einzelnen Blättern den Halt von zusammengelegten Flügeln. Die Graphiken sind gewissermaßen Engeln in Ruhestellung aufgedruckt.
In der Graphik des angesprochenen Kapitels fünf etwa geht die Realität einer gepiercten Zunge über in die Transzendenz einer Amourenübung, wie sie Ignatius von Loyola als Exerzitium ausgerufen hat.

Dieses Brevier bietet dem Leser letztlich alles: historische Information, Einführung in die Mythenlehre, Graphik, Transzendenz, Poesie und die schöne Möglichkeit, abzuheben und für Momente einem Engel nahe zu sein. Raoul Schrott, dem "Erfinder der Poesie", ist es offensichtlich ein leichtes gewesen, mit den Engeln in einen angemessenen Diskurs zu treten.

Helmuth Schönauer
14. Mai 2001

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