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Leseprobe: Sylvia Treudl - "Herzwärts."

das verlieben trifft erste und zweite personen, einzahl und mehrzahl, auch dritte, wir üben: ich verliebe dich. Man verliebt sich im übrigen nicht, frisch angekommen und eingetroffen versessen vom zug aus dem nördlichen süden, man verliebt sich nicht am bahnsteig bahnhof meidling, wo die u sechs sieben hirtenwärts einfährt, nicht in ein vorbeigehen nicht in ein gesicht und nicht in den ansatz eines lächelns, von dem man jahre später und zu spät erahnen können würde haben, was es denn darstellt auch andernorts. Man verliebt sich nicht in die figur aus "kottan", auch wenn sie woanders was anderes spielt. Man verliebt sich nicht während der mittel kurzen fahrt nach dem kurzen warten, nicht während einer hand voll stationen, während man platz genommen hat bei einer freien leeren vierer kombina tion mit geröteten sitzen und ebenso backen und sich ein anderer, ein ganz anderer, jüngerer, kleinerer hergesetzt hat zu einem und man ihm während des herausschälens aus den finger hand schuhen und des schälens einer mandarine zulächelt ein bißchen ein lächeln, welches dem verlieben und em anderen gilt, der vielleicht bereits gar nicht mehr da ist. (meine alpe glüht.) (S. 24)

Die Paarungen waren nun, nach eineinhalb Wochen auf See, in vollem Gange. Doch eine Frau wie Alice Weiss, die offensichtlich mit ihrem Kugelschreiber liiert war, warf natürlich alles über Bord. Auch ansonsten ging die Rechnung hinten und vorne nicht auf. Diese hatten ein Auge auf jenen geworfen, jener aber auf ihre Freundin, diese wiederum auf dessen Bruder usw. Dann gab es jene begehrten Objekte, die sich zehn um jeden Finger wickeln konnten, und andere, für die sich niemand im geringsten interessierte. Da waren die Ehefrau, die sich zur Abwechslung ein bißchen guten Sex gönnen wollte und sich dann unsterblich verliebte, und der Single, der sich genau das gewünscht hatte und über ein paar halbherzige One-night-stands nicht hinauskam. Echte Leidenschaften blühten wenig. Immerhin, eines Abends kam es zu einer delikaten Szene im Bordrestaurant, die mit Beleidigungen zur Suppe begann, das fade Hauptgericht mit Tränen würzte und zum Dessert in eine saftige kleine Schlägerei mündete. ... Sie hält die Hand über die Augen und sieht aufs Meer. Das weiße Tuch ist ein bißchen verrutscht, und ein paar Haarsträhnen flattern im Wind. Bestimmt zwanzig Minuten hält sie es jetzt schon ohne Kugelschreiber aus. Sie hat etwas Farbe bekommen, und auch die Sommersprossen sind dunkler geworden. Ich möchte sie zählen, mich verzählen und noch mal zählen ... Das waren nun Neles tägliche Aufzeichnungen, und Tränen, Schläge und klirrende Gläser blieben ohne Chronistin. (S. 138f.)

© 1998, Milena, Wien.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

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