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Leseprobe: Martina Wied - "Die Geschichte des reichen Jünglings."

Zum ersten Mal begriff ich, daß man morden kann: nicht aus Haß, nicht aus Rache, nicht um sich einer Gefahr zu entledigen oder eines Vorteils zu versichern, sondern selbstlos, um ein Lebewesen auszulöschen, dessen Anblick uns ärgert. Einen Ziembinski zu schaffen, ist ein Irrtum Gottes. Man muß ihn berichtigen.
Aber warum, wies ich mich gleich zurecht, ist es just Ziembinski, der solchen Aufwand erforderte? Weil er mir, ein wenig aufgelöst und nicht sehr appetitlich, hier gegenübersitzt? Hat nicht Onkel Bogumil, hat nicht Boris, hat nicht jeder der Ghulen von Dymno ebensoviel Recht auf meine Beachtung? Fängt man erst einmal mit dem selbstlosen Reinigungswerk an, dann darf man nicht bei Ziembinski haltmachen. Was mich an ihm so stört, ist nicht nur, daß er das niedrigste aller Verbrechen, Erpressung, zu begehen im Begriffe steht, sondern daß er etwas herbeizuführen beabsichtigt, worauf weder Marie noch Bogumil - am wenigsten er selbst Anspruch hat. Man erlaube den komischen Figuren doch nicht, in einer Tragödie mitzuwirken oder, will man's umkehren, eine Situation des tragischen Theaters auf ihr niedriges Maß herabzuwürdigen! Kommt nicht aller Wirrwarr unserer Zeit aus solcher Verwechslung? Heute wird keiner nach dem spezifischen Gewicht seiner Substanz eingeschätzt, jeder gerät auf den unrichtigen Platz, Lakaien sitzen bei Tafel und werden von Königen bedient; denkt man, jetzt und dort haben die wüsten Saturnalien aufgehört, endlich ist ein menschenwürdiger Zustand herbeigeführt - so erweist sich flugs, daß die gültige Hierarchie dennoch auf den Kopf gestellt ist: die Iwanows wandern in den Kerker, und die Tadzios hausen in der Königsburg. Mache ich einmal Ernst mit der Tabula rasa - dann muß die neue Ordnung doch etwas anders ausschauen!
(S. 642f)

© 2005, Sisyphus Verlag, Klagenfurt.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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