Julie schiebt mich vor den Spiegel, der sich im Wandregal versteckt hält, in einem Haus, das meiner Vorstellung eines skandinavischen Hauses sehr entspricht – helle Holzmöbel, niedrige, weiß gestrichene Wände mit kleinen und größeren Bildern, vier stämmige Fenster mit karierten Vorhängen, IKEA-freundliche Räume –, und starrt unsere Spiegelbilder unverwandt an, vielleicht für eine Minute, vielleicht länger. Ihr Blick geht auf Forschungsreise, folgt den Kurven des Kinns, der Nase, tastet unsere Wangenknochen ab, die Struktur und Farbe unserer Haut, die Zeichnung unserer Augen, und kommt zu folgendem Schluss: Sie sehe weniger grönländisch aus als ich. (S. 31)
© 2010, Literaturverlag Droschl, Graz-Wien.