Ungefähr sieben Sekunden lang hatte Gruber diesen Status auf Facebook stehen: „John Gruber hat Krebs“. Sieben Sekunden am Tag nach dem dritten oder vierten Arztbesuch, am Tag der endgültigen Diagnose. Dann hat Gruber den Status wieder gelöscht – bist du sicher, dass du diesen Beitrag löschen möchtest: Löschen. Gruber ist ein Draufgänger, aber kein Vollidiot. Er hat eher minderen Bedarf nach einer öffentlichen Therapiesitzung mit drei- oder vierhundert Hobby-Therapeuten und Ferndiagnostikern, wenngleich es interessant wäre, wie diese Pfeifen reagieren würden, wenn es hier einmal um etwas ginge, um etwas Echtes, Faktisches, Reales, um Leben und Tod. Aber Gruber wollte dann doch nicht der Trottel sein, an dem die Facebookmeute die Untiefen ihrer emotionalen Facetten ausloten kann, lieber nicht. Die Fini, eine eher entfernte Bekannte, hat ihm sofort ein Mail in die Box gestellt, ob alles okay sei mit ihm? Und er schrieb zurück, das sei nur ein Witz gewesen, er habe nur etwas ausprobieren wollen, habe aber die Geschmacklosigkeit selber gleich gemerkt undsoweiter, und sie hatte mit einer kurzen, halb erleichterten, halb tadelnden Mail geantwortet, und damit war die Geschichte erledigt, gottseidank.
(S. 123f)
Aber der Porsche hat mich wirklich schockiert, also zuerst. Dabei hat er mich gar nicht überrascht, ich meine, John, seine Schuhe, seine Hemden, seine Haare, das sah alles einwandfrei Porsche-kompatibel aus. Aber dass er dann tatsächlich einen fährt, das war nun irgendwie echt zu viel Klischee. Das ich das nicht gespürt hatte … Normalerweise spüre ich so was und bin auch schon wieder weg. Bei dem nicht, vielleicht, weil bei dem alles so offensichtlich und da schon wieder echt war. Ganz offensichtlich inkompatibel zu mir, nur dass ich das dann auf einmal interessant fand. Auf so eine Schicksalsdingsweise, blöd, ich weiß schon.
(S. 185f)
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