Da meine dämliche Schwesterfotze ihr Glück anderswo sucht, habe ich mich entschlossen, einen neuen besten Freund und Mitbewohner zu suchen – einen, der mich ehrt und schätzt – einen, der mir folgt und für den Treue kein Problem ist.
LASS DEN VORHANG LOS! HIERHER!
Und meinem Schwesterchen werde ich schon noch zeigen, wo der Frosch die Locken hat – niemand verscheißert Jago!
AUSSS [sic] JETZT! KOMM HER!
... Und weil ich die letzte Woche Nacht für Nacht mit einer hirnblöd machenden Regelmäßigkeit aufschreckte – nicht von wegen schlechter Träume – seit ich denken kann, habe ich noch nie geträumt – da bin ich ein Reptil und irgendwo in der Entwicklung vor 130 Millionen Jahren hängengeblieben – ich wache auf, weil es so still in der Bude ist – habe ich eben den Entschluss gefasst, meine Bleibe zu teilen und mir einen Mitbewohner zu besorgen.
Im Gefängnis war das nie ein Thema – dort bist du Tag und Nacht von Geräuschen umgeben und wenn sie noch so eigenartig und widerlich sind – du bist nie allein. Neben dir liegt ein schnarchender Doppelmörder, über dir weint sich ein Kinderschänder in den Schlaf und unten masturbiert der Autoschieber die ganze Nacht über. Eine herrliche Klangkulisse, die ineinander verschwommen ein einlullendes Schlaflied ergibt.
Der Schließer, der mich regelmäßig beim Schach über seine Rückenschmerzen anlaberte, hat behauptet, ich hätte geschlafen wie ein Unschuldslamm, mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck, den er das letzte Mal bei der Beerdigung seines Kumpels gesehen hätte.
Und vergangene Woche, in meinem Schlafzimmer, in meinem weichen Bett – nach einer endlosen Weile mit aufgerissenen Glubschaugen, die wie tote Scheinwerfer in die Schwärze gestarrt haben – bin ich in die Küche gelatscht und habe den Geschirrspüler angemacht – ihn einfach leer laufen lassen – weil ich Radiomucke nachts nicht leiden kann, und bin dann erst endlich weggebrochen.
(S. 228-229)
© 2011 Arovell Verlag, Gosau