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Leseprobe: Barbara Frischmuth - Über die Verhältnisse

Die Welt ist augenfällig im Ungleichgewicht, und selbst ein so winziges Land wie das, dem Mela und Borisch gerade entfliegen, kann international Unmut erregen. Respektlos kommentiert jemand: je kleiner der Dreck …
Und die Zeitungen zeigen die vertrauten Gesichter, aber Melas Interesse ist kupiert, umso heftiger erwittert Borisch den Geruch nach zukünftiger Geschichte.
Skandalgesättigt und in der Deckung erstarrt, muß wohl einer aus dem Team des Chefs auf die Bumerang-Idee gekommen sein. Ein neuer Deus otiosus soll installiert werden, ein repräsentativer oberster Gott, der sich rasch zurückzieht. Doch die anderen bestehen auf ihrer ersten Anwartschaft! Eine Frage der Symmetrie, so wird argumentiert, zumindest den Präsidenten wollen sie stellen, diesmal einen mit internationalem Renommee, eine späte Antwort auf den roten Altvater. Beraten von den bestallten Einbläsern, hat der Chef den anderen aber ein Trumpf-Ei gelegt, nicht ahnend, daß tatsächlich ein kleiner Drachen ausschlüpft, dessen Schwefel-Atem voll auf das Land zurückschlägt. Und sofort blättert der Lack ab, und die alten Gräben werden wieder sichtbar. Was als Gerücht konzipiert war, erweist sich auf höherer Ebene als richtig, und das benachbarte, aber auch das entfernte Ausland delektieren sich empört und gewissermaßen bestätigt am Flagranti-Beweis dafür, daß man die Dinge zwar erfolgreich, aber nicht auf ewig unter den Tisch kehren kann.
Die Knie voller Gazetten, die sich bereits wellen vom feuchten Griff, reisen Mela und Borisch entlang der Luftlinie auf die Stadt da unten zu, jene sagenhafte, die nichts, aber auch gar nichts mit den Turbulenzen der verlassenen zu tun hat und die dieselben auch nicht zur Kenntnis nehmen wird, da sie sie, verglichen mit denjenigen, die ihre eigene Luft verpesten, für geringfügig hält und für außerhalb des sensiblen Dunstkreises. Und was Borisch die helle Empörung in die Haarwurzeln treibt, kommentiert Mela höchstens mit einem unhörbaren „da habt ihr's“, Ausdruck einer natürlichen Vergeltungssucht. Sie gönnt dem Chef sowohl Blamage als auch die Presse, so rächt sich in ihren Augen die zu leicht genommene, die verweigerte Vaterschaft.

(S. 164-166)

©  2011 Aufbau Verlag, Berlin

 

 

 

 

 

 

 

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