Tja, was mache ich jetzt mit Fred? Er hat sich die letzten Tage verdächtig ruhig verhalten. Ich meine, ich habe ihn darum gebeten, aber benimmt sich so ein Mann, der einen heiraten will? Ganz so sklavisch muss er meine Vorgaben auch wieder nicht erfüllen. Außerdem schläft Melanie morgen bei einer Freundin. Wenn ich ihn jetzt anrufe, glaubt er dann, ich würde auf die Ehe-Idee einsteigen? Oder freut er sich auch, wenn es wieder einmal nur darum geht, „übereinander herzufallen“? Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.
„Der Herr Doktor ist gerade im OP“, erklärt mir eine Schwester. Ich bitte um Rückruf, probiere es aber zwei Stunden später selbst noch einmal, weil es im Spitalsalltag immer wieder vorkommt, dass Botschaften irgendwo versanden. Fred geht zwar an sein Handy, der Zeitpunkt ist aber offenbar schlecht gewählt. Er ist schwer im Stress. Ich beschränke mich also aufs Nötigste: „Willst du morgen bei mir übernachten?“
„Da hab ich Nachtdienst. Leider.“
„Ah. Tja, schade.“
„Ja. Du, Ciao.“
„Ciao.“
Sollten wir jemals wirklich heiraten, kann ich mich zumindest nicht darüber beschweren, dass er vor unserer Ehe viel mehr mit mir gesprochen hätte als danach. Noch weniger geht nämlich nicht. Ich ärgere mich erst über ihn und dann über mich, weil ich mich über ihn ärgere.
(S. 155f)
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