[Damals und Heute]
„Was hatte sich ereignet? ... Man stand vor dem völligen Bankerott [sic.], vor der Auflösung der Staatsordnung. Aus Genf kam unter der Bedingung Hilfe, dass man die Ausgaben künftig auf eine Minimum herabsetze, sich den härtesten Einschränkungen unterwerfe. Das Budget musste zu diesem Zweck um ein Fünftel gekürzt werden. Es wizard_rte.php?&P[params]=&P[exampleImg]=&P[table]=tt_content&P[uid]=9029&P[pid]=9508&P[field]=bodytext&P[md5ID]=ID9a127c2424&P[returnUrl]=/typo3/alt_doc.php?&edit[tt_content][9029]=edit&returnUrl=%2Ftypo3%2Fsysext%2Fcms%2Flayout%2Fdb_layout.php%3Fid%3D9508schien in diesem Augenblick, da alles eine Erleichterung der Lebensverhältnisse herbeisehnt, ein unmögliches Verlangen.
Tagelang berieten die drei großen Parteien: Christlichsoziale, Sozialdemokraten, Großdeutsche, über das Was und Wie. (Bloß die Heimwerkerleute, die etwa ein Zwanzigstel der österreichischen Bevölkerung vertreten, blieben ferne.) Buresch, der bäuerlich-kluge Kanzler, ließ nicht locker: Meine Herren, wir können das Zimmer nicht verlassen, eh’ wir zu einer Einigung gelangt sind. Es gab ein hitziges, drangvolles Für und Wider um Punkte und Belange - denn neben der Partei-Hartnäckigkeit galt hier noch die Verantwortung vor den Wählern. Endlich, nach Tagen und Nächten, war man so weit. Jede der drei Parteien trug ihr Scherflein in Nachgiebigkeit zum Ganzen bei, jede mit dem Risiko, aus dem eigenen Haus und von den eigenen Leuten Schlimmes hören zu müssen. Die Großdeutschen sagten: wir stimmen der Kürzung der Beamtengehälter widerstrebend bei - aber wir tun es, wenn auch die kleinsten Lohnnehmer, die Angestellten auf dem tiefsten Erwerbsgrad mitverkürzt werden. Wir stimmen auch einer Stellensperre für Beamte zu, wenn wir wissen, dass sie alle Klassen gleichmäßig betrifft. Die Christlichsozialen sagten: wir verpflichten uns unter dieser Bedingung, im Kulturkampf abzurüsten, und stimmen der Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung auf ein weiteres Jahr zu. Die Sozialdemokraten endlich machten die Konzession: wir lassen auch die Löhne der schlechtest Besoldeten, der Weichenwärter, Briefträger, Hilfsarbeiter, um 6 Prozent kürzen, wenn die Last auf gemeinsamen Schultern getragen wird.
Es wurde 4 Uhr früh. Man schritt an die Abstimmung - Österreich war wieder (für ein Jahr? für länger?) gerettet. Da sprach der zu Tod ermüdete, in zehn Sitzungen abgekämpfte Kanzler, sich den Schweiß von der Stirne trocknend, das schöne tiefsinnige Gute-Nacht-Wort: Meine Herren - jetzt können wir schlafen gehen!“
(S.189ff.)
„Bei Tageslicht aber blieb - wir legen uns alle als Nietzsches nieder und stehen als Mitarbeiter auf - nichts als die ausgekühlte Betrachtung davon übrig.“
(S. 98)
© 2012 Metroverlag, Wien.