Vielleicht 15 von 153 Mails waren ernstzunehmende Zuschriften, die nicht ordinär mit der Tür ins Haus fielen und deren Wünsche und Vorstellungen sich auch nicht abartig anhörten. Von diesen 15 suchten wir schließlich drei aus, die auf einer ähnlichen Wellenlänge wie wir angesiedelt waren, und denen wir antworten wollten.
Fanni und Frank waren darunter, eine Serviererin und ein Postbeamter, die sich als sympathisch, gepflegt und daran interessiert beschrieben, „Abwächslung“ in ihr Sexualleben zu bringen. Sie würden zum ersten Mal auf eine derartige Anzeige antworten, und ihnen wäre daher gegenseitige „Symbadie“ am wichtigsten. Wir sahen das ganz ähnlich, nur halt mit p und th. Da Fanni und Frank gerade am Sprung in den Urlaub waren, schickten wir den beiden ein Mail, dass sie sich bei uns melden könnten, sobald sie zurück wären. Die zwei waren bildungsmäßig nicht unbedingt das Kaliber, das wir uns vorstellten, andererseits hatten wir nicht vor, mit ihnen die neue deutsche Rechtschreibung zu diskutieren.
Das Mail von Sylvie und Bernd dagegen klang nicht nur offensiver, es war auch in tadellosem Deutsch abgefasst. Die beiden schrieben, sie hätten Lust, hin und wieder zu viert ins Bett zu steigen. Eine Fotoserie im Mail-Anhang zeigte Sylvie und Bernd in einer Bauernstube in verschiedenen, teils akrobatisch anmutenden Positionen beim Koitus. Sie schlugen gleich ein Treffen bei einer Autobahnraststation zum Kennenlernen vor. Datum und Uhrzeit waren da, nur der Mail-Absender war anonymisiert, und Telefonnummer gab’s auch keine. Verdächtig. Aber wir könnten das Blind Date wahrnehmen und zur Autobahnraststätte schauen, wenn aus den anderen Kontakten nichts werden sollte.
(S. 31f)
© Edition Kürbis, Wies.