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michael_lehmann-pape

vor 2 Jahren

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Nur mit spoilern wäre der Hintergrund dieses neuen Kriminalromans aus der Feder Gregor Webers zu erläutern. Daher kann nur in Andeutungen hingewiesen werden auf die dem zugrunde liegenden Verwicklungen von politischen Ideologien, der Arbeit des BND und dem „einfachen Polizisten“ vor Ort, der sich im Wirrwarr der politischen Ränke und Strippen von Beginn an kaum zu Recht findet.

 

Kurt Grewe hat alle Hände voll zu tun. Ein neuer Chef arbeitet sich ein, da er selbst den Posten trotz Drängen von vielen Seiten nicht übernehmen wollte. Und natürlich ist das nicht reibungslos. Theresa, seine liebste Kollegin, ist mehr oder minder seit einem gewalttätigen Überfall auf sie nur mehr ein nervliches Wrack. Und auch andere nahe Kollegen haben zu kämpfen, ihren Kopf oben zu halten

 

Und nun sterben zwei junge Streifenpolizisten bei einer einfach wirkenden Verkehrkontrolle. Eiskalt erschossen.

Ein Notruf geht ein. Von einer Frau. Von einem Handy. Dessen Nummer zuzuordnen sein wird. Und damit die Verwirrung komplett macht. Denn das Handy ist auf eine durchaus bekannte Adresse hin eingetragen.

 

Während sich in den Ermittlungen und im menschlichen Miteinander vieles festfährt und die Ratlosigkeit mehr und mehr in den Raum tritt, wechselt Weber zwischen verschiedenen Erzählperspektiven. Aber dies sehr geschickt. Auch wenn der Leser lange Zeit glaubt, den ermittelnden Beamten gegenüber im Vorteil zu sein, das mörderische Paar näher kennen zulernen, am Ende wird es doch sehr überraschende Wendungen geben, die nicht alle Beteiligten lebend überstehen werden.

 

Wozu der Protagonist der dritten Perspektive entscheidend beitragen wird. Ein Profi. Einer, der etwas plant, was die Republik aus den Angeln heben würde. Einer, der dies nicht aus politischer Überzeugung alleine vollzieht, sondern vor allem, weil er noch eine Rechnung offen hat. Weil ihm seine Liebe von einer konkreten Person genommen wurde.

 

Mehr und mehr verflechten sich die einzelnen Erzählfäden im Buch und mehr und mehr entstehen Verbindungen zwischen den zunächst getrennt handelnden Personen, bis zu guter letzt Weber das ganze Bild vor den Augen des Lesers entfaltet.

 

Mit sehr eindringlich und differenziert geschilderten Personen und Emotionen, das ist die eigentliche Stärke des Buches (auch wenn hier und da Stereotype und zu platte Hintergründe nicht ausbleiben, betrachtet man z.B. den „väterlichen“ Hintergrund des strippen ziehenden Profis im Hintergrund). Hier vermag der Leser, intensiv in das innere Erleben, die menschlichen Dinge, die Verzweiflung, die erotische Anziehungskraft (im Gegensatz zum tumben Paar-Alltag eines der Polizisten) nachzuempfinden.

 

Die Geschichte selber bietet leider wenig wirklich spannende Momente und wirkt eher „heruntererzählt“ als in den einzelnen gefahrvollen Momenten gestaltet. Auch der gewählte Hintergrund politischer Überzeugungen und terroristischen Handelns überzeugt gerade in einer der tragenden Figuren (eine Berufspolitikers) nicht wirklich. Wobei dennoch wiederum in der Gestaltung der Persönlichkeit zwischen „markanten“ Worten, äußerem Erscheinungsbild und dann der Reaktion, „wenn es darauf ankommt“ vieles symbolhaft von Weber überzeugend „aus dem wahren Leben“ geschildert wird.

Personen und Beziehungen zueinander, das Ausloten von Tiefen und Dumpfheiten, die Offenbarung von „Großmaul“ und „Kleingeist“ bis hin zum „Feigling“, das ist im Buch gut gelungen und gut lesbar, der eigentliche „Fall“ samt dem Rache orientierten Hintergrund fesselt allerdings deutlich weniger.

Autor: Gregor Weber
Buch: Keine Vergebung
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