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bookgirl

vor 1 Woche

(13)

Inhalt
Martina arbeitet als Zimmermädchen in einem Hotel, in dem sie ausgebeutet und schlecht bezahlt wird. Zu allem Übel verliert sie auch noch ihre Wohnung und droht obdachlos zu werden. Doch glücklicherweise trifft sie Tessan, eine alte Freundin, die sie einlädt, mit ihr auf das herrschaftliche Anwesen Glimmenäs zu kommen, um dort für die 87jährige Florence die Korrespondenz zu erledigen. Nicht nur Florence ist im Jahre 1943 stehengeblieben, auch Tessan und Martina müssen sich im Stil der damaligen Zeit kleiden. Schon bald erweitert sich der Kreis der Angestellten und hinzu kommen weitere junge Leute, die, jeder für sich, Probleme haben und diese, mit dem Eintreffen auf Glimmenäs, hinter sich lassen wollen. Doch die Idylle bekommt in dem Moment Risse, wo die Frage nach Florence' Testament immer lauter wird und nur wenig später ein unerwünschter Gast auf Glimmenäs auftaucht.

Meine Meinung
Marie Hermanson vereint in ihrem Roman viele verschiedene Elemente, sodass die Einordung in ein Genre schwer fällt. "Der unsichtbare Gast" enthält gesellschaftskritische Aspekte, ist spannend, leicht märchenhaft und verliert dennoch auch den literarischen Anspruch nicht aus den Augen.

Die Autorin zeichnet das Bild von fünf jungen Menschen, die, jeder für sich betrachtet, ein Leben voller Probleme führen. Aus Sicht der Ich-Erzählerin Martina zeigt sie, wie schwer es ist, sich in der Gesellschaft einzugliedern. Martina besitzt keine Ausbildung, fristet ihr Dasein als Zimmermädchen, in dem sie lediglich ausgebeutet und schlecht bezahlt, als Individuum jedoch in keinster Weise wahrgenommen wird. Aber auch mit einem Studium wird es nicht einfacher, wie man am Beispiel von Andreas erkennen kann. Trotz allem verdient er kein Geld, da er durch seine Berufswahl so stark eingeschränkt ist bzw. zu überqualifiziert, um niedrigere Arbeiten übernehmen zu können. Seine Eltern sind zwar vermögend, wollen ihm aber nicht helfen, weil er auf eigenen Beinen stehen soll. An ihm hängt wie eine Klette Pontus, der ein Meister der Manipulation und in jeder Situation auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Komplettiert wird die illustre Gruppe durch Judit, die nach einem Unfall auf Glimmenäs Zuflucht findet und nicht zu vergessen, Tessan, die als Haushälterin arbeitet und vor Martina die einzige Angestellte von Florence war.

Auf Glimmenäs scheinen die Uhren stehen geblieben zu sein. Nicht nur, dass sich das Haus seit 1943 nicht verändert hat, lebt auch Florence immer noch in dieser Zeit. Sie gibt Gala-Dinner, zu denen sie längst Verstorbene einlädt und auch was die Kleidung anbelangt, so gelten auf dem Anwesen andere Regeln. Jeans und T-Shirt gehören der Vergangenheit an und alle bedienen sich an dem großen Kleiderfundus, den sie auf Glimmenäs vorfinden, um sich Florence anzupassen.

Inmitten der kleinen Gruppe herrscht Harmonie und alle Beteiligten genießen die Ruhe jenseits der hektischen Großstadt. Doch unter der Oberfläche brodelt es und die Idylle bekommt erste Risse, als Florence einen Schlaganfall erleidet und die Frage nach einem Testament immer lauter wird. Als dann auch noch ein fremder Mann Ansprüche auf das Erbe erhebt, schlagen ihm unterschiedliche Emotionen entgegen, denn niemand weiß so recht mit seiner überheblichen Art umzugehen. 

Marie Hermanson gelingt es hervorragend aus einer sommerlichen Idylle eine ganz langsam sich entwickelnde unheilverkündende Atmosphäre heraufzubeschwören. Unterschwellig spürt man von Beginn an, dass die Situation sicherlich nicht durchgängig so harmonisch verlaufen wird, aber wie sie dann eskaliert gleicht für mich der Ruhe vor dem Sturm, die sich in einem  Orkan entlädt.

Lange fragt sich der Leser, um wen es sich bei dem im Titel benannten unsichtbaren Gast handeln mag. Gibt es ihn wirklich oder ist es nur eine der vielen Phantasievorstellungen von Florence? Könnte es einer der fünf jungen Leute sein oder ist es eine gänzliche unbekannte Person? Bis zu den letzten Seiten spart sich die Autorin eine Antwort auf, entschädigt dann aber mit einer Auflösung, die gleichermaßen überrascht wie auch einen Moment lang sprachlos macht.

Fazit
"Der unsichtbare Gast" ist eine ungemein dicht und spannend erzählte Geschichte, die nachhallt und nachdenklich macht. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Lese- und Kaufempfehlung!

Autor: Marie Hermanson
Buch: Der unsichtbare Gast

aba

vor 1 Woche

Vielen Dank für deine Teilnahme an der Leserunde und für deine Rezension.
Es freut mich sehr, dass dir das Buch gefallen hat!

Ausgewählter Beitrag

SigiLovesBooks

vor 5 Tagen

Mich hat die tolle Rezension jetzt nochmal neugierig auf das Buch gemacht: Und ab damit auf die WuLI - und den Merkzettel!

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