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Nicky_G

vor 1 Woche

(29)

Martinas Leben gleicht einem Scherbenhaufen: ihr Job als Zimmermädchen in einem Hotel ist eine Katastrophe, Ihre Wohnung verliert sie und muss feststellen, dass sich ihre Eltern ohne sie bestens eingerichtet haben inklusive Auslandsreisen und umgebautem Haus, so dass ihr Kinderzimmer weg ist. Schon mit den ersten Seiten wird man hinabgezogen in ein Leben, wie man es nicht haben möchte.

Als strahlendes Licht am Horizont erscheint ihr da ihre Schulfreundin Tessan, die ihr zufällig begegnet. Und damit eröffnet sich Martina eine völlig andere Welt. Aber auch über dieser hängt ein Damokles-Schwert.

Die Beschreibungen, wie mit dem Hotelpersonal umgegangen wird – von Vorgesetzten und Gästen – lässt einen über die heutige Gesellschaft nachdenken. Auch dass das Gehalt kaum für eine Wohnung und Essen reicht, ist eine schlimme, aber nicht abwegige Vorstellung. Auch wie die anderen jungen Leute, die sich nach und nach auf dem Gutshof einfinden, im Leben scheitern, ist symptomatisch, ebenso wie die damit verbundene Sehnsucht, in der Vergangenheit Erlösung und Besserung der Lebensumstände zu finden.  

Da erscheint Glimmenäs wie ein Paradies, das aus der Zeit gefallen ist, und für alle nur Vorteile hat, die dort leben. Florence, der das Gut gehört, ist mental in den 40er Jahren zurückgeblieben, als sie eine junge Frau gewesen ist. Sie nimmt die jungen Menschen in ihren Zirkel auf, erschafft mit ihnen einen Kosmos der Vergangenheit, in der alles perfekt, strukturiert und idyllisch zu sein scheint. Allerdings ist es eine trügerische Ruhe, die in einzelnen Sätzen oder Anmerkungen immer mal durchbrochen wird und sich in Andeutungen auf ein Ende der Eintracht ergeht. Der Schreibstil passt sehr gut zur Geschichte, ist unaufgeregt und friedlich, so dass die spitzen Bemerkungen einen wie Nadeln stechen.

Einzig am Ende bleiben einige Fragen offen und größere Lücken in den Lebensläufen hätten gerne gefüllt werden können, damit man nicht die eigene Phantasie bemühen muss. Der Titel der Originalausgabe hätte besser zum Inhalt gepasst und gibt mehr Möglichkeit für Interpretationen, würde er doch in etwas Grau- oder Dämmerungszone heißen.

Autor: Marie Hermanson
Buch: Der unsichtbare Gast

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Elefantino

vor 1 Woche

Erstes Herzchen für Deine schöne Rezension von mir! :-)

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