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LibriHolly
vor 2 Wochen
(3)Zugegeben, es ist eine verrückte Geschichte, die Høeg uns hier anbietet. Verrückt, aber irgendwie auch gut und spannend zu lesen, mit einer Hauptfigur, die an Fräulein Smilla erinnert, Høegs Heldin aus seinem bislang bekanntesten Buch. Stark, selbstbewusst, hochintelligent, das ist die 43-jährige Susan Svendsen. Die Experimentalphysikerin ist aber auch exzentrisch, emotional blockiert und verfügt, wie könnte es bei Høeg anders sein, über eine ganz besondere übernatürliche Fähigkeit. In Susans Fall handelt es sich um einen besonderen Effekt. Sie bringt Menschen in ihrer Umgebung dazu die Wahrheit zu sagen, sich ihr zu öffnen.
„Bei diesem Talent geht es nicht nur darum, eine Aufrichtigkeit hervorzurufen, die sich verdichtet und asymptotisch gegen Gemütlichkeit und Innerlichkeit konvergiert. Es geht auch darum, wann man die Verpackung durchstoßen hat und wann es Zeit ist, den Dosenöffner zu benutzen.“ (S. 133)
Auch ihr Mann Laban, ein erfolgreicher Komponist, und ihre Kinder, die Zwillinge Harald und Thit, verfügen über diesen besonderen Effekt. Wir lernen die Ich-Erzählerin Susan und ihre Familie in einer etwas prekären Situation kennen. Alle vier haben sich während eines Indienaufenthalts in erhebliche Schwierigkeiten hineinmanövriert: Während Susan im Gefängnis einem Prozess wegen versuchten Totschlags an ihrem jungen indischen Geliebten entgegensieht, steht ihr Sohn unter dem Verdacht des Antiquitätenschmuggels im großen Stil, ihre Tochter ist mit einem Priester des Kalitempels durchgebrannt und ihr Mann hat die gesamte südindische Mafia auf den Fersen, da er sich mit einer 17-jährigen Maharadscha-Tochter aus dem Staub gemacht hat.
In dieser ausweglosen Situation kommt die Hilfe in Gestalt des hochrangigen Justizbeamten Thorkild Hegn gerade recht. Doch Hilfe ist ja bekanntlich selten uneigennützig und so ist auch diese an gewisse Bedingungen geknüpft. Bedingungen, die Susan zunächst leicht zu erfüllen scheinen, soll sie doch lediglich eine Frau verhören, um von ihr mehr über den Verbleib eines geheimen Protokolls der Sitzung einer gewissen „Zukunftskommission“ zu erfahren, deren Mitglied diese war. Doch je mehr Fragen Susan und ihre Familie stellen, umso gefährlicher wird das Ganze. Eine rasante Jagd durch Dänemark beginnt, auf der nicht nur so manch Mitglied der Zukunftskommission auf der Strecke bleibt, sondern Susan und ihre Familie auch an ihre Grenzen stoßen.
Høeg schont seine Figuren nicht, konfrontiert sie mit zahlreichen gesellschaftlichen und familiären Problemen, nutzt gezielt Spannungselemente als Treibstoff, um über die Welt, Religion, Zukunft, Politik nachzudenken. Das klingt nach viel und ist auch viel. Høeg kann man nicht einfach so nebenbei lesen, es ist eine wahre Informationsflut aus nützlichem und unnützem Wissen, die sich über den Leser ergießt. Hört sich kompliziert an und ist es auch, vor allem da der Autor zudem zwischen zahlreichen Handlungssträngen hin und her springt.
„Ich komme mir vor wie ein Bergführer auf einem sprachlich, erzählerischen Berg.“ So der Autor einst in einem Interview mit der FAZ. Diese Aussage könnte nicht treffender sein für sein neuestes Buch. Der Berg ist sehr hoch, doch Ausdauer und Durchhaltevermögen werden am Ende belohnt mit einem spannenden, wenn auch leicht überdreht daherkommenden Thriller, der stellenweise beinahe schon wie eine Dystopie für Erwachsene anmutet. Doch Høegs Weg war ja noch nie der gerade und so lässt er auch seine Protagonisten, und mit ihnen den Leser, immer wieder „links abbiegen“, die bekannten Pfade verlassen und die unwahrscheinlichsten Dinge erleben. Ebenso spart er nicht mit Kritik an der dänischen Gesellschaft und der Menschheit. Voller zynischem Sarkasmus hält er uns einen Spiegel vor, immer auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage nach der Zukunft der Menschheit und einem sicheren Platz im Leben.
„Ein Buch ist eine sehr langsam gestellte Frage“, so Høeg, „Der Susan Effekt“ auf jeden Fall und ein spannender Thriller dazu.
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