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faanie

vor 3 Monaten

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Höllenmensch, Schattenmensch, Nachtmensch – so muss sich Rosalie nennen lassen, die in einem Waisenhaus in Augsburg aufwächst. Ein Kind, welches an Leukopenie, einem Mangel an weißen Blutkörperchen, leidet und noch dazu Bilder von Siechtum und Tod zeichnet, um den Verlust ihrer Eltern zu verarbeiten.

Nachdem ihre Mentorin Agnes verstirbt, wird Rosalie Ende 1843 in ein Waisenhaus nach Schongau im Ostallgäu gebracht. Dort als Hilfsköchin beschäftigt lernt sie Romar kennen, einen Waldmann aus Haberatshofen. Schon beim ersten Rendezvous zeigt sich, dass die Warnungen der Schongauer vor den Waldmenschen berechtigt sein könnten…

Die Autorin nahm die regionale Legende der Weißen Frau und eine bis 1845 real existierende Siedlung als Vorlage und hat auf dieser Basis einen geheimnis- und stimmungsvollen Roman geschaffen. Die bildhaften Beschreibungen alltäglich wahrgenommener Gegenstände, Situationen und vor allem des Waldes waren ein wahrer Genuss für mich.

Auch der Spannungsaufbau ist meiner Meinung nach perfekt gelungen. Die Abgeschiedenheit des Dorfes, das unergründliche Verhalten der Bewohner und ihre Kunst, Fragen zu ignorieren, tragen dazu ebenso bei wie die ständigen Lügen und Ausflüchte. Rosalie selbst unterstützt diese Spannung durch ihre Naivität, die so weit geht, dass ich sie am liebsten geschüttelt hätte: Glaub doch nicht alles, was man dir auftischt! Hinterfrage weiter! Nimm das doch nicht so hin!

Also hatte mich der Roman schon bald gefesselt und ich war begierig darauf zu wissen, worin das alles endet. Meine dahingehende Vermutung hat sich schlussendlich bestätigt, was aber der Spannung keinen Abbruch tat.

Einzig die Liebesgeschichte zwischen Rosalie und Romar hat mich nicht überzeugt. Zwar waren die Beschreibungen ihrer Beziehung mitnichten ohne Gefühl oder ließen liebevolle Gesten vermissen; der Funke jedoch ist einfach nicht übergesprungen und ich konnte nicht mit den beiden mitfühlen.

4 Sterne für eine gruselige Geschichte, die den nächsten Wald ein bisschen unheimlicher macht.

Autor: Stefanie Kasper
Buch: Das verlorene Dorf

Schonillebeerkeks

vor 3 Monaten

@faanie

Kleine fachliche Korrektur: Eine Leukopenie ist ein Mangel an Leukozyten, also den weißen Blutzkörperchen. Der Mangel an roten Blutkörperchen wird Anämie genannt. Das heißt, sie leidet nicht an Leukopenie, sondern an Albinismus. Das ist der angeborene Mangel an Melanin. Melanin ist der Stoff, der der Haut/Haare/Augen ihre Farbe gibt.
Gruß
Schonillebeerkeks

faanie

vor 3 Monaten

@Schonillebeerkeks

Vielen Dank für diese Anmerkung! Habe ich gleich geändert.
Im Buch wird "leukopenisch" erwähnt, deshalb habe ich nach einer Umschreibung gesucht - und diese prompt falsch abgetippt. Inwieweit das fachlich korrekt ist (oder eben auch nicht), sei deshalb mal dahingestellt.

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