Rezension vom 23.04.2013
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Klappentext und Rückseite des Buches versprechen britischen Humor vom Feinsten, schräg und originell. Ein Buch voller Missgeschicke, aber am Ende geht alles gut aus. Von wegen. Wer den Klappentext geschrieben hat, kennt das Ende offenbar nicht.
Der Roman erzählt in sieben Tagen die Geschichte eines namenlosen Ich-Erzählers, der in einer nicht näher benannten osteuropäischen Hauptstadt die Wohnung seines ordnungsfanatischen Freundes Oskar hüten soll, der nach Kalifornien gereist ist, um sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Die Freundschaft der beiden Männer besteht seit der gemeinsamen Studienzeit. In Rückblenden erfährt man während der ersten Tage eines über die Qualität dieser Freundschaft. Oskar hat dem Ich-Erzähler etliche Handlungsanweisungen und Vorsichtsmaßregeln auf handgeschriebenen Zetteln hinterlassen, auf dass seine edle Design-Wohnung keinen Schaden nehme, vor allem nicht der kostbare Holzboden, und wie die Katzen zu pflegen seien. Aber unser Ich-Erzähler ist ein ausgemachter Freund des Rotweins und es kommt, wie es kommen muss: Rotwein auf dem Fußboden und Kratzer von Katzenkrallen auf der Ledercouch. Die Versuche des Protagonisten, die Schäden zu beseitigen, machen jedoch alles nur noch schlimmer. Viel schlimmer. Freund Oskar scheint dies vorausgesehen zu haben.
Viele, viele Seiten wartete ich beim Lesen darauf, dass etwas passiert. In den ersten Tagen sind die angepriesenen Missgeschicke jedoch Fehlanzeige. Nicht einmal auf dem Flug geht etwas schief. Was dann folgt, ist einerseits vorhersehbar, andererseits langweilig. Der Ich-Erzähler ergeht sich in Sauforgien, allein oder in Gesellschaft eines Freundes von Oskar, wacht aus wirren Komaträumen auf und besieht sich das Chaos, das er angerichtet hat – oder das ohne aktives Zutun entstanden ist. Beim Versuch, die Folgen zu verschleiern, erwischt ihn die Putzfrau, die ihn misstrauisch beäugt und die am Ende noch eine „tragende“ Rolle spielen wird. Den Stoff hätte man auch in einer Kurzgeschichte unterbringen können. Am Schluss gleitet dem Erzähler alles aus der Hand. Wie er das letzte „Missgeschick“ zu beseitigen versucht, übersteigt für meine Begriffe die Grenze des guten Geschmacks.
Positiv hervorzuheben bleibt einzig die Sprache. Trotz all der Langeweile in der Handlung und der Vorhersehbarkeit liest sich der Text flüssig und die teils originellen Bilder und Vergleiche sorgen für den einen oder anderen Lacher. So bezeichnet er bei der ersten Besichtigung der Wohnung den Hi-Fi-Turm als „Produkt eines aufgegebenen skandinavischen Raumfahrtprogramms“ oder später den Rotweinfleck auf dem Holzboden als „Kreideumriss um die Leiche meiner Freundschaft mit Oskar“. Solche Perlen sind jedoch viel zu dünn gesät, als dass sie für die Gesamtbeurteilung des Buches die Kastanien aus dem Feuer holen könnten. Schade. Unter der „lakonischen Beschreibung des Kampfes zwischen Chaos und Ordnung“ (Sunday Times) hätte ich mir etwas anderes vorgestellt.
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