"Dort fallen / all unsere Taten / glasklar /
auf keinen anderen Boden / als uns selbst."
(Tomas Tranströmer, Die Steine)
Anthony Burgess (1917-1993) verfasste sein dystopisches Werk im Jahre 1962. In drei Teilen zeugt er für seinen Erzähler Alex und dessen Leben und zugleich für die individuelle Veränderung in der sich verändernden Gesellschaft. Im Spannungsfeld von Individuum und Gesellschaft gelingt Burgess ein Roman von politischer wie moralphilosophischer Bedeutung. Die Wechsel-Wirkung von Individuum und Gesellschaft wird von Burgess raffiniert durch einen gelungenen Chiasmus ins Licht gesetzt. Die in Szene gesetzte Sprache des Peergroup Slangs versetzt den Leser tiefer in die Geschichte, vielleicht auch tiefer in die psychologische Struktur der Protagonisten. Gewalt in Sprache wie in Taten sind Merkmal dieser Dystopie. Burgess fordert den Leser, dieses auszuhalten.
Teil 1
beschreibt das Leben von Alex. Ohne Arbeit schläft er tagsüber. Nachts schlendert er gelangweilt mit seinen Freunden durch die Stadt, nichts vor, außer dem einen oder anderen zu zeigen, wie es jenseits der bürgerlichen Welt aussieht. Vor Gewalt, Vergewaltigung und Mord schrecken die Jugendlichen nicht zurück. Raub ist das Mittel, um sich ein Leben in Bars zu leisten oder zum Aufreißen von Mädchen den Gernegroß zu zeigen. Für Zartbesaitete ist nicht jede nächtliche Szene geeignet. Burgess will aber nicht, dass dem Leser dieses erspart bleibt. Vielmehr zeigt er, wie deutlich sich die Taten in die Entwicklung prägen und das Leben für Gewalt und Macht die Jugendlichen befällt. Alex spielt sich zunehmend auf, übernimmt die Führung, will die Macht und scheitert letztendlich bei seinen Freunden durch Verrat.
Teil 2
offenbart die Veränderung der Rollen. Angeklagt wegen Mordes, Raub, Vergewaltigung wird er ins Gefängnis zur Läuterung gesteckt. Die Macht der Gesellschaft, vertreten durch die Justiz, hilft jedoch wenig, da die Verbrechen sich in der Zelle sogar fortsetzen. Ein staatliches Programm zur Umprogrammierung von Kriminellen ist Teil des Wahlprogramms einer Partei. Alex wird ausgewählt, daran teilzunehmen. Er stimmt diesem zu, weil er innerhalb von 14 Tagen als geheilt entlassen werden kann. Maßgabe der Umerziehung ist die filmische Überreizung gewalttätiger Exzesse. Ziel ist, eine körperliche Aversion zu erzielen, die allein beim Gedanken möglicher Gewaltausübung einsetzt. Diese körperliche Reizung funktioniert. Alex wird entlassen.
Teil 3
erzählt von seinem Leben in Freiheit. Niemand nimmt ihn auf, seine Eltern haben sein Zimmer vermietet, er lebt auf der Straße. Polizisten, die in dieser neuen Gesellschaft Menschen mit Gefahrenpotential direkt auf der Straße 'versorgen', treffen auf Alex. Ihm ergeht es so, wie zuvor es seinen Opfern erging. Die Scherung von Gewalt (Alex - Gesellschaft / Gesellschaft - Alex) trifft nun ihn. Wie der Zufall es will, wird er in einem Haus aufgenommen, dessen Besitzer und seiner Frau von Alex Bande übel zugerichtet wurde. Doch unerkannt zunächst sucht man in Alex ein Beispiel für die staatliche Repression und Umerziehung, gegen die eine Gruppe älterer Bewohner angeht. Im Zuge der Aktivitäten verliert Alex seinen Lebensmut, dem ein Suizidversuch folgt. Wie die staatlichen Stellen und in Folge wie die Partei, die den Wahlkampf bestreitet, damit umgehen, lesen Sie am besten selbst.
Fest steht am Ende, Alex verliert die Konditionierung und kehrt in ein Leben zurück, welches er kennt. Doch an den Exzessen der Vergangenheit hat der nunmehr 18 jährige wenig Interesse. Vielmehr liegen seine Gedanken nach einem Treffen mit einem ehemaligen Freund bei einem zukünftigen Sohn und in der Frage, welche Gesellschaft ihn im Erwachsenwerden begleitet.
Clockwork Orange ist ein Entwicklungsroman. Er zeigt die Reifung eines Menschen. Zugleich ist er ein Gesellschaftsroman, der die Frage aufwirft, wie weit der Staat durch Konditionierung in das Leben der Menschen eingreifen kann. Und weiterhin ist er ein psychologisch und philosophischer Roman, der in der Frage zur Unterscheidung von Gut und Böse auf die Entscheidungsfähigkeit und den freien Willen des Menschen setzt. Wer konditioniert ist, verliert seine Wahlmöglichkeit. Es ist zu klären, ob ein auf das Gute konditionierter Mensch ein guter ist, oder ob es nur derjenige ist, der sich frei für das Gute entscheidet.
Der erfolgreichste Roman des Anthony Burgess, man kann ihn auch lesen als dystopische Satire, ist nachwievor lesenswert und in seiner Aktualität ewig.
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