Lade Dokument...

Kommentare zu diesem Dokument

Es wurden noch keine Kommentare abgegeben. Sei der Erste, der dieses Dokument kommentiert

    Textauszug aus diesem Dokument

    Abstract: Rudyard Kipling, der berühmte, in Indien geborene, Autor des Dschungelbuches, schrieb einmal die folgenden Worte: Oh, East is East and West is West and never the twain shall meet. Oh, Osten ist Osten und Westen ist Westen und die beiden werden sich nie treffen. Ich werde hier zeigen, dass Kipling nicht vollständig Recht hatte. Ich versuche auf die gemeinsame Grundlage der buddhistischen Philosophie und der Quantenphysik hinzuweisen. Es gibt eine überraschende Parallelität zwischen dem philosophischen Wirklichkeitsbegriff in der Philosophie Nagarjunas und dem physikalischen Wirklichkeitsbegriff in der Quantenphysik. Für beide sehr verschiedene Bereiche, mit sehr verschiedenen Größenordnungen, ist die Wirklichkeit ohne Grundlage und besteht aus einem Zusammenspiel von abhängigen Objekten. Für beide sind weniger die Objekte selber, als das zwischen ihnen Liegende wichtig. Zunächst gebe ich eine kurze Zusammenfassung der Philosophie Nagarjunas. Dann werde ich etwas zur Quantenphysik sagen. Am Ende werde ich die Wirklichkeitsbegriffe von beiden Gebieten vergleichen.
    Kümmert euch nicht so sehr um den Sokrates, sondern weit mehr um die Wahrheit, und wenn es euch scheint, ich sagte etwas Richtiges, dann stimmt mir zu, wenn aber nicht, dann gebt mir nur möglichst Kontra, damit ich nicht im Eifer des Gefechts mich und euch zugleich betrüge, sagt Platons Sokrates bezeichnenderweise in Phaidon 92c. [Christian Schäfer HG., PlatonLexikon, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, Seite 18]
    Einleitung. Was ist Wirklichkeit? Die Denkweisen der moderne Welt haben vier gegensätzliche Antworten auf diese Frage bereit, zwischen denen sie hin und herpendeln: 1. Die traditionellen jüdischen, islamischen und christlichen Religionen sprechen von einem Schöpfergott, der die Welt zusammenhält. Er stellt die grundlegende Wirklichkeit dar. Würde Er für die Dauer eines Augenzwinkerns von der Welt getrennt werden, so würde die Welt in diesem Augenblick verschwinden. Die Welt kann nur dadurch bestehen, dass Er sie erhält und über sie wacht. Diese Denkweise ist so grundlegend, dass sich ihr selbst viele moderne Naturwissenschaftler nicht entziehen können. An die Stelle eines Schöpfergottes sind Naturgesetze oder elementare Teilchen getreten. Sie sollen allem zugrunde liegen. 2. Eine zweite Denkweise sieht seit René Descartes das Subjekt oder die subjektiven Denkmodelle als grundlegend an. Von ihnen ist alles andere abgeleitet. 3. Nach einer dritten, ganzheitlichen Denkweise soll die grundlegende Wirklichkeit aus beidem bestehen, Subjekt und Objekt, alles soll eins sein. Alles soll mit allem verbunden sein. 4. Eine vierte, sehr moderne Denkweise, kümmert sich nicht mehr um die Wirklichkeit. Sie könnte instrumentalistisch genannt werden. Für sie spiegeln unsere Konzepte in gar keiner Weise irgendeine Wirklichkeit wieder. Wir haben es nicht mit einer Wirklichkeit zu tun, sondern mit Informationen. [...]
    Eingehandelt, nihilistisch zu sein. Wenn man nicht an einen Schöpfergott glaubt, nicht an die Naturgesetze, nicht an ein dauerhaftes Objekt und nicht an ein absolutes Subjekt, nicht an beides und nicht an keines von beidem, woran glaubt man dann? Was bleibt dann noch übrig, das man als grundlegende Wirklichkeit bezeichnen kann? Die Antwort ist einfach, so einfach, dass wir sie kaum für eine philosophische Aussage halten: Die Dinge sind abhängig von einander. Beispielsweise ist ein Ding von seinen Ursachen abhängig, es gibt keine Wirkung ohne Ursache und keine Ursache ohne eine Wirkung. Es gibt kein Feuer ohne einen Brennstoff und keine Tat ohne einen Täter und umgekehrt. Die Dinge sind abhängig von anderen Dingen, mit denen sie nicht identisch sind. Aber sie fallen auch nicht in unabhängige, objektive oder subjektive Bestandteile auseinander.
    Mit diesem Wirklichkeitsbegriff ist der Buddhismus oft auf Ablehnung und Unverständnis gestoßen. Allerdings gibt es moderne Denkweisen, die Berührungspunkte mit dem Buddhismus haben. Beispielsweise hat sich auch die Quantenphysik mit der grundlegenden Wirklichkeit auseinandergesetzt. Was ist grundlegend für die Quantenphysik, Teilchen, Wellen, Kraftfelder, Naturgesetze, Denkmodelle oder Informationen? Die Quantenphysik ist zu einem Ergebnis gekommen, das sie mit den Schlüsselbegriffen Komplementarität, Wechselwirkungen und Verschränkungen ausdrückt. Nach diesen Konzepten gibt es keine unabhängigen, sondern komplementäre Quantenobjekte, sie sind Wellen, die aus Teilchen bestehen und sie sind Teilchen, die sich zu Wellen formieren. Die Quantenobjekte wechselwirken mit anderen und sie können sogar dann noch mit einander verschränkt bleiben, wenn sie weit von einander getrennt werden.
    Gesamtes Dokument lesen »