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KunstaMarken Ullrich
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Themen: kunst marken werbung art Kategorie: Skripte/Materialien
Textauszug aus diesem Dokument
Wolfgang Ullrich Kunst und Marken: Wer lernt von wem? Marken als Konkurrenz für die Kunst Seit Marken in der Konsumwelt eine maßgebliche Rolle spielen, ist es nicht ausgeblieben, im Rückblick auch schon für frühere Jahrhunderte Phänomene zu entdecken, die modernem 1Marketing ähneln. Gerade das Feld der Kunst bietet hierbei eine große Anzahl interessanter Vergleichsbeispiele, waren Künstler doch nicht nur meist freie Unternehmer, sondern zudem besonders professionell und ambitioniert in Fragen der Selbstdarstellung. Um auf sich aufmerksam zu machen und eine jeweils unverwechselbare Marktposition zu erzielen, ließen sie von einzelnen Stilelementen bis hin zur Signatur kaum etwas unbedacht und schufen insofern tatsächlich Prototypen von Corporate Design. Spätestens nachdem Otto Karl Werckmeister 1981 ein Buch über die ökonomischen Karrierestrategien Paul Klees 2veröffentlicht hatte, folgten etliche ähnlich gerichtete Untersuchungen, wobei Svetlana Alpers Studie über Rembrandt als Unternehmer 1988 wohl am meisten Aufmerksamkeit 3erhielt. Oskar Bätschmann erörterte in seinem Buch Der Ausstellungskünstler 1997 4Methoden der Selbstvermarktung von Künstlern wie Géricault oder Courbet; in anderen 5Arbeiten kann man erfahren, wie Cranach nach Monopolen strebte oder daß Rubens seiner Werkstatt einen zweiten Betrieb angeschlossen hatte, in dem Kupferstichreproduktionen 6seiner Gemälde marktorientiert angefertigt und vertrieben wurden. Auch die Sprache des Marketing ist mittlerweile in kunstwissenschaftliche Forschungsliteratur eingewandert, so daß etwa ganz selbstverständlich von Raffaels \"Designer 7Labels\" die Rede ist, wenn es um seine Signaturen geht. Die bis zu Fälschungen reichende Nachahmung erfolgreicher Künstler durch profitgierige Zeitgenossen erscheint heutigen Kunstwissenschaftlern als frühe Form von Markenpiraterie; die Identifikation einer Gruppe wie des Blauen Reiter oder der Blauen Vier The Blue Four mit einer Farbe nimmt sich dafür 8wie eine Maßnahme im Zuge profilierter Imagebildung aus. Kann man den Kunstbetrieb der letzten Jahrhunderte somit als Vorstufe einer Markenkultur beschreiben, so wird diese in den Arbeiten vieler zeitgenössischer Künstler ausdrücklich zum Thema. In ihnen spiegelt sich die enorme Bedeutung, die Marken besitzen, seit sie nicht mehr nur der Orientierung und Vertrauensbildung dienen, sondern vor allem ideellen Mehrwert und spirituelle Dimensionen für sich in Anspruch nehmen. Da zumindest stärkere Marken zum Ort von Werten geworden sind und Freiheit, Coolness, Toleranz, Sicherheit oder Leistungswillen verkörpern, haben sie auch Geltung weit über den Gebrauchswert der zu ihnen gehörenden Produkte hinaus. Die Gründer der Werbeagentur Jung von Matt brachten es auf den Punkt, als sie von einer Marke wie Nike behaupteten, sie 9\"verkauft keine Schuhe, sondern Träume, Sichtweisen, Gedanken\". Es sei zu einer 1 Vgl. dazu den Beitrag von Walter Grasskamp in diesem Band 2 Vgl. Otto Karl Werckmeister: \"Klee im Ersten Weltkrieg\" 1979, in: ders.: Versuche über Paul Klee, Frankfurt/Main 1981, S. 997. 3 Vgl. Svetlana Alpers: Rembrandt als Unternehmer. Sein Atelier und der Markt 1988, Köln 1989. 4 Vgl. Oskar Bätschmann: Der Ausstellungskünstler. Kult und Karriere im modernen Kunstsystem, Köln 1997. 5 Vgl. Monika und Dietrich Lücke: \"Lucas Cranach in Wittenberg\", in: Claus Grimm/ Johannes Erichsen/ Evamaria Brockhoff: Lucas Cranach. Ein MalerUnternehmer aus Franken, Coburg 1994, S. 5965. 6 Vgl. Ingeborg Pohlen: Untersuchungen zur Reproduktionsgraphik der Rubenswerkstatt, München 1985. 7 Vgl. Rona Goffen: \"Raphaels Designer Labels: From the Virgin Mary to La Fornarina\", in: artibus et historiae Nr. 48 2003, S. 123142. 8 Vgl. Grasskamp: \"Blauer Reiter und lila Kuh. Werbung ist keine Kunst\", in: ders.: Konsumglück. Die Ware Erlösung, München 2000, S. 114131. 9 Holger Jung/ JeanRemy von Matt: Momentum. Die Kraft, die Werbung heute braucht, Berlin 2002, S. 184. 1
\"Verschiebung von der Warenproduktion zur Imageproduktion\" gekommen, womit die Werber eine These bestätigen, die bisher am schärfsten und prominentesten von der kanadischen Globalisierungskritikerin Naomi Klein formuliert wurde. In ihrem Buch No Logo 2000 legte sie dar, wie die Markenbildung seit den 1980er Jahren zum \"eigentlichen 10Produkt\" der Unternehmen wurde; dagegen werde die Herstellung der Waren, die im Namen der Marke vertrieben würden, möglichst kostensparend delegiert. Man produziere bevorzugt in Billiglohnländern, wo die Arbeiter, ohne Beistand von Gewerkschaften und Betriebsräten, oft gnadenlos ausgebeutet würden. Naomi Klein kritisiert jedoch nicht nur das Outsourcing der Produktion, sondern befürchtet als Folge des gestiegenen Aufwands für Markenimages auch eine spirituelle Umweltverschmutzung: Zur \"Herstellung einer Marke\" benötige man neben \"einer steten Erneuerung der Bildersprache für das Marketing vor allem neue Räume , um das Selbstverständnis der...
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\"Verschiebung von der Warenproduktion zur Imageproduktion\" gekommen, womit die Werber eine These bestätigen, die bisher am schärfsten und prominentesten von der kanadischen Globalisierungskritikerin Naomi Klein formuliert wurde. In ihrem Buch No Logo 2000 legte sie dar, wie die Markenbildung seit den 1980er Jahren zum \"eigentlichen 10Produkt\" der Unternehmen wurde; dagegen werde die Herstellung der Waren, die im Namen der Marke vertrieben würden, möglichst kostensparend delegiert. Man produziere bevorzugt in Billiglohnländern, wo die Arbeiter, ohne Beistand von Gewerkschaften und Betriebsräten, oft gnadenlos ausgebeutet würden. Naomi Klein kritisiert jedoch nicht nur das Outsourcing der Produktion, sondern befürchtet als Folge des gestiegenen Aufwands für Markenimages auch eine spirituelle Umweltverschmutzung: Zur \"Herstellung einer Marke\" benötige man neben \"einer steten Erneuerung der Bildersprache für das Marketing vor allem neue Räume , um das Selbstverständnis der...
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