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Leseprobe \"Vincent. Stationen eines Abschieds\"

PDF Dokument, ca. 4.043 Wörter

Themen: roman rhein Kategorie: Literatur/Texte/Lyrik

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Autor:
Veröffentlicht:Dezember 2011
Art des Textes:Roman/Epos
Thema:Roman
Lizenz: Namensnennung, nicht kommerziell, keine Bearbeitung
 Impressum
  • Dies ist eine Leseprobe aus dem 1. Teil des Romans "Vincent. Stationen eines Abschieds". Für die Arbeit an diesem Roman wurde Barbara Krauß mit dem Martha-Saalfeld-Preis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
    2005 erschien der Roman beim DeKi-Verlag in Herxheim. Der Verlag ist inzwischen geschlossen, die Auflage vergriffen.
    2011 entschied sich Barbara Krauß, den Roman zu überarbeiten und als E-Book auf den Markt zu bringen: im eigenen Krauß Verlag.

    Seit Dezember ist die Komplettversion von "Vincent. Stationen eines Abschieds" erhältlich: Ausschließlich auf Amazon, Preis: 2,99 Euro

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  • Achtung: Preis für den kompletten Roman: 2,99 Euro!

Textauszug aus diesem Dokument

Erster Teil 1. Tagsüber Kinderlachen, Köter, die in Sandkästen scheißen, Frauen und Rentner beim Einkauf. Tagsüber Fixer beim Handtaschenklau, Rotznasen, die die Schule schwänzen und die Obdachlosen von den Bänken schmeißen: Platz an der Sonne, oder was? Tagsüber ausgeschüttete Pfützen auf dem Pflaster, von Hunden aufgeleckt; drum herum sitzen Punks in einem Halbkreis. Auf den Straße einparkende, ausparkende Fahrschüler, rotgesichtig, kaltschweißig: Vor und hinter ihnen bilden sich Staus, hupende, wutschnaubende Autofahrer, ScheißAnfänger Tagsüber geschlossene Bordelltüren, der Geruch frischer Brötchen, das Läuten der Glocken, das Bürsten der Rinnsteine mit den kreisenden Besen von der Stadtreinigung. Von früh um acht bis nachmittags um vier das Kommen und Gehen der Briefträger, der Fußpfleger, der Hausärzte. Bei Wind aus dem Norden der Gestank einer Ludwigshafener Chemiefabrik. Tagsüber dieser verhasste Straßenlärm, an den man sich nicht gewöhnt, die Sirenen der Rettungswagen, das Schlagen der Türen, die 7
Schreie der Kinder, das Bellen der Hunde, die Foltergeräusche der Tiefflieger, bei Schönwetter, hoch über Kopf. Kakerlaken in den Großküchen werden in den frühen Morgenstunden eliminiert, der Textilhandel besprüht Kleidung und Schaufenster gegen Mottenbefall. Immer neue Herausforderungen durch zu dichtes Aufeinanderleben, ein ungehemmter Erregeraustausch, die Anophelesmücke auf internationalen Flughäfen. Tagsüber der ganz normale Wahnsinn einer ganz normalen Kleinstadt. Nachts wird die Stadt dunkler und dichter, die Luft dicker, zum Schneiden. Akteure und Zuschauer tauschen ihre Posten. Ratten kriechen aus den Gullys, um die Müllsäcke aufzubeißen, Menschen in unbeleuchteten Gassen werden zu Schattenrissen, die hell erleuchteten Wohnzimmer präsentieren das Theater zum Feierabend, Zeitschaltuhren heucheln Anwesenheit. Nachts gehört die Straße den Männern und Kneipen, man sollte seine Rolle kennen, nachts dominieren Gewaltbereitschaft und Suff. Frauen auf nächtlichen Straßen sind Nutten oder werden für solche gehalten, Männer am helllichten Tag für Arbeitslose, Urlauber oder Versicherungsvertreter. Versichert wird gegen jede Gefahr, nur nicht gegen Versicherungsvertreter; hier helfen nur Handgemenge auf der Schwelle oder gezielte Tritte. 8
Es war noch Nacht, als ich heimkam von jener Verabredung, die nicht mir gegolten hatte; es war Philipps Verabredung gewesen, doch er konnte sie nicht einhalten. Zu Fuß war ich auf dem Gehsteig unterwegs da rammte mich ein rückwärtsfahrendes Auto mit der Stoßstange. Als ich mich aufrappelte, war die Fahrerin natürlich schon ohne Entschuldigung davongebraust, und mein Gedächtnis für Kennzeichen ist schlecht. Zu Hause angekommen, legte ich mich ins Bett, bis die Sonne mich weckte, stand dann auf, mit schmerzendem Knie, und kochte Kaffee. Sonst kochte ich Kaffee immer so stark, dass sich der Blutdruck deutlich erhöhte, doch an jenem Morgen geriet er mir zu schwach und stank nach altem Wasser. Das deutsche Trinkwasser soll angeblich das beste der Welt sein in diesem Haus jedenfalls nicht, das verhüteten schon unsere Leitungen.
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