(...)
Wenn man es auf dem Rasen ausbreitet, wird das Netz vielleicht sein Geheimnis
preisgeben. Jetzt müssen noch Köder für die beiden bereits installierten Reusen
herangeschafft werden. Die Irische See wird schon dafür sorgen, da ist sie ganz
zuverlässig. Und zehn Minuten später tauchen bereits zwei Makrelen und ein kleiner
Pollack auf. Sie werden auf der Stelle halbiert und für die Reusen präpariert.
Als Moritz seine Angelschnur einzieht, gibt es auch noch einen wunderschönen,
zwei Kilo schweren Seelachs
als Zugabe - der in absehbarer Zeit den Geschmack von Schalotten und Buttersoße
kennenlernen wird. Der Gast macht große Augen. Diese ganzen Fischereigeschichten
während irgendwelcher Pariser Diners waren also doch nicht nur Angabe!
Manchmal macht das Meer seinen Liebhabern
ein königliches Geschenk, nachdem es sie zunächst misshandelt hat. Sie haben
am Vorabend nur zwei Reusen gesetzt, die aber an einer sehr günstigen Stelle.
Und siehe da: Ein herrlicher Hummer "für vier Personen", die Scheren drohend
gegen den Feind gereckt, ist an die Oberfläche gekommen. Er weiß nicht, der
arme Kerl, dass ein immer zu Scherzen aufgelegter Schöpfer ihn erfunden hat,
damit er vom Menschen mir nichts, dir nichts gegessen werde. Er, der auf dem
Meeresgrund als einzigen Feind den Meeraal
kennt, der auf der Lauer liegt, um ihn bei der Häutung zu erwischen, scheint
über Wasser eigentlich nur für den Kochtopf geschaffen. Leicht zu packen, nur
die Scheren muss man meiden, leicht zu zerteilen in Scheiben oder in Hälften,
je nach Anzahl der Gäste, das edle Fleisch in den Scheren und an einem Ende
des Körpers konzentriert, am anderen alle ungenießbaren Innereien, keine Knochen,
keine Gräten ... fast schon wie japanisches Surimi, so wunderbar praktisch ist
das Tier. Sein Schwanz schlägt stoßweise, er will Angst machen, der gepanzerte
Ritter! Hilflos fuchtelt er mit seinen viel zu schwer gewordenen Scheren, und
er weiß noch nicht einmal, dass er pro Kilo zweihundert Franc wert ist, was
das Fleisch noch schmackhafter macht und denen, die ihn in die Falle gelockt
haben, noch mehr Freude bereitet.
In der zweiten Reuse, auf die es nun nicht mehr so sehr ankommt, haben sich
zwei Samtkrabben und dreihundert Gramm Garnelen
verfangen, was die Beute vervollständigt. Es ist eine dünnmaschige Reuse, und
alles, was hineingerät, ist gefangen.
(...)
( Aus "Leben heißt frei sein" von Benoîte
Groult. Droemer. 1998. ISBN 3-426-19446-5)
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