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Auch mit den Türen waren sie schon unterwegs, sind nun folgerichtig auf Maurice Summens Label Staatsakt gelandet und somit Kollegen von The Boy Group, den Cockbirds und The Say Highs. Die GHB-Songs werden verlegt von Müller & Frank, die ebenfalls dem einen oder anderen bekannt sein dürften (siehe: tocotronix.de), die Band ist also trotz ihrer Jugend schon vollkommen zuhause im Indieland. Hätten wir jetzt Winter, wäre es ganz einfach: dann könnte man „Fantastic Fan“ mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen vergleichen, auf die man sehnsüchtig wartete. Da aber schon rein kalendermäßig noch Sommer ist, muß man nach anderen Krücken und Bildern suchen. Ein Springbrunnen, aus dem Bionade mit Sekt sprudelt, kann vor dem inneren Auge erscheinen, aber ehe die Vergleiche allzu albern werden, soll hier umgehend auf die Platte eingegangen werden. „Fantastic Fan“ steckt so voller Euphorie, Elan und Energie, das einem ganz schwindelig wird vor Glück. Obwohl Good Heart Boutique zu jung sind, um mit Blondie, den Go-Go's und den Throwing Muses aufgewachsen zu sein, klingt ihre Platte wie die logische Weiterentwicklung eben dieser Bands. Auch die B-52's, Le Tigre, Luscious Jackson, die Bangles und die Breeders kann man heraushören, aber man sollte weder sich noch die Band mit zu viel Verweisen belasten. Good Heart Boutique spielen schwungvollen Beat-Punk-Sonnenscheinpop, untermalt von einer sixtiesmäßigen Orgel, gezielt eingesetzter Mundharmonika und hinreißendem Gesang. „Wir wollen, dass Gitarre und Orgel ganz zickig klingen“, sagen sie selbst, doch Zickensound ist es keineswegs, der aus den Boxen perlt: Der erste Song auf „Fantastic Fan“, „Give A Cry“ geht ganz nach vorne los, die Melodie bleibt sofort hängen, und umgehend teilt man die in die Welt gerufene Sorge von Sängerin Tina: „I was afraid you wouldn't turn up, was afraid you get stuck, so I give a cry-y-y!“ Es geht bezaubernd weiter, „Peal of Bells“ besticht durch reizende Vocals und eine quiekende Orgel, der „Rabbit Song“ („This is a song about / a song about a fighting rabbit“) wartet mit der schönsten in diesem Jahr gehörten Melodie auf, auch hier ist Mitsingen zwingend und einfach („ba-ba-bam …“). Zickig-schrill und mit sexy Vocals kommt „Help You Out“ um die Kurve gerockt, textlich ganz Teenage-Drama á la Ronettes: „she loved him with all her heart and soul – to him it was an empty bowl“, vertreibt etwaige aufkeimende Depressionen aber schnell mit der aus vielen Kehlen geschrieenen Parole: „don't be afraid – it's not too late!“ „Go up in Smoke“ rockt härter als die anderen Songs und läßt Sleater Kinney blaß aussehen, bei „Monkey Man“ nimmt die Good Heart Boutique das Tempo etwas zurück, der Song ist kriechend, schleichend, eindrucksvoll. „Behind the Fence“ klingt wie die lang gesuchte Definition von Indiepop, herrlich kann man bei diesem Stück mitschmachten, um gleich im Anschluß einen gewissen „Marlon“ anzusingen. „Believe Me“ ist überdrehter Eastcoast-Girlpop, wie ihn allenfalls die Go-Go's zustande brachten. Bei „Mr. Hooker“ kann man sich dem vollen Orgelgenuß hingeben, hier spielt die Band die beiden Pole zickig – sanft aus, und mit „Out of Sight“ endet die Platte so charmant, daß man sofort wieder auf „start“ drückt.
Da wir glücklicherweise alle in Frankfurt wohnen, treffe ich Sabine, Christina und Tina im Café Metropol, wo Tina auch arbeitet. Obwohl die Band definitiv zu drei Vierteln aus zauberhaften jungen Frauen besteht, weisen sie gleich darauf hin, dass sie mitnichten eine Girl- oder Frauenband seien. Sie sehen sich nicht als Feministinnen, spielen auch nicht auf Ladyfesten oder ähnlichen Veranstaltungen: Frauen seien schließlich keine Randgruppe, die besonderer Förderung bedarf. Diese Haltung hat ihnen schon einige Anfeindungen von strictly-women-VeranstalterInnen eingebracht, die ihnen Verrat unterstellten. Dass sie hauptsächlich aus weiblichen Mitgliedern bestehen, habe sich „so ergeben“, man kennt sich schon lange, und es sei eher ein Zufall, dass nur der Schlagzeuger männlich sei. Benni übrigens hielte sich gern im Hintergrund, deshalb ist er auch nicht beim Interview dabei. Selbst schuld, denn es wird sehr lustig. Ich kann mir natürlich nicht verkneifen, auf das sehr jugendliche Alter der Band anzuspielen – was sie anders sehen: „Was? Jung? Von wegen, wir bekommen häufig E-Mails, in denen uns Leute schreiben, wir seien ja schon so alt! Wir nehmen unsere Geburtsdaten jedenfalls wieder von der Website runter!“ Das ist mittlerweile geschehen, man kann nicht mehr ungläubig über Tinas sehr spät im 20. Jahrhundert liegenden Geburtstag staunen. By the way: die GHB-Website ist ein prima Beispiel für eine gut handelbare Homepage, die sich auch älteren Fans leicht erschließt :-) Ihre Frankfurter Herkunft sehen sie als absolutes Plus: „Ist doch super, wenn eine Band mal nicht aus Köln, Berlin oder Hamburg kommt!“ In Frankfurt sind die Wege kurz, die Szene klein, man kennt sich, Menschen wie Grrr (a.k.a. Ansgar Fleischmann) und der Comiczeichner Piwi, der auch die Bandflyer zeichnet, sorgen für Indie-Enthusiasmus in der Stadt. Aber Good Heart Boutique sind schon viel rumgekommen, haben viel gesehen, im Herbst treten sie im Vorprogramm von Bela B. auf - sind sie denn noch aufgeregt? Christina: „Ich bin immer aufgeregt, egal ob ich mir am Telefon eine Pizza bestelle oder ob ich vor 2000 Leuten auftrete.“ Das gesunde Star-Selbstbewußtsein der Band äußert sich unter anderem auch darin, dass sie sich nie für Festivals oder ähnliches bewerben: „Entweder man lädt uns ein oder wir spielen nicht“, sagt Tina. Die Good Heart Boutique verkörpert par excellence den punkrockigen DIY-Gedanken, die Songs entstehen in gemeinschaftlicher Arbeit, es gibt kein „Lennon/McCartney“-Team, das alleinigen Anspruch auf Text und Musik erhebt. „Wir haben einfach anfangen. Wir konnten wirklich nichts spielen!“ Durch hunderte von Auftritten schärften sie ihren Stil, interessanterweise zum Beispiel als Bühnenband (noch unter dem Namen Ida Red) in einer sehr erfolgreichen Inszenierung von Schillers „Räubern“ (www.schauspielfrankfurt.de). Tina und Christina haben sich den Bandnamen auf die Arme tätowieren lassen – doch das Engagement für die Band geht noch tiefer, regelrecht unter die Haut: regelmäßig gehen alle vier GHBs blutspenden für die Bandkasse. „Das gibt pro Nase 27 Euro“, sagt Tina. Keep on rockin', Ihr guten Herzen! |
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