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3. November 2008
Christoph Happel
für satt.org

 


Demented Are Go Live
am 09.10.08 Im Frankfurter Nachtleben

Demented Are Go sind eine der beiden Kapellen, die von sich behaupten, vor annähernd dreißig Jahren den Psychobilly erfunden zu haben, indem sie traditionellen Rockabilly mit Punkelementen mischten. Wie die andere Band (The Meteors) sind Demented Are Go nach wie vor aktiv und werden von den inzwischen zunehmend zahlreicher in Erscheinung tretenden Epigonen, die in dem wieder hip gewordenen Genre tätig sind, vermutlich zu recht als Vorbilder genannt. Mit großer Freude habe ich die Konzertankündigung wahrgenommen und war gespannt darauf, wie und ob sie nach all den Jahren, seit ich zum letzten Mal das Vergnügen hatte, bei einem Gastspiel anwesend zu sein, ihr Publikum noch in den Bann ziehen können. Überpünktlich erreichte ich am Konzertabend die Kellerräume des Frankfurter Clubs “Nachtleben” und kam so noch in den zweifelhaften Genuss einer lokalen Vorgruppe, deren Bühnenshow sicherlich das Attribut “irgendwie kultig” verdient. Ein sehr korpulenter Sänger im Faschingspiratenoutfit mit frei über der Hose hängender Bierwampe und bar jeden Kleidungsstückes, welches die haarige Pracht bemänteln könnte, mit einer vierköpfigen Begleitband, die ihr bemüht originelles Seeräuberoutfit offensichtlich nur auf der Bühne trägt. Wie geschaffen für Karnevalsveranstaltungen jeder Art. Die Songs lagen irgendwo zwischen frühen Onkelz und Abstürzenden Brieftauben. Beim bis dahin noch spärlich anwesenden Publikum kamen sie dennoch für eine Vorgruppe recht gut an. Nach einer bedauerlicherweise vom Publikum erwünschten Zugabe und einer circa halbstündigen Umbaupause enterte dann der Hauptact die kleine Bühne. Die vier Herren von Demented hatten sich, wie originell, als Zombies verkleidet und bestritten in diesem Aufzug ihren Gig. Zumindest in der weiter zurückliegenden Vergangenheit taten sie so etwas nicht. Verkleidungsbands, ich denke da immer an Kiss, sind meine Sache nicht, ich bevorzuge Gruppen, die ihr Bühnenoutfit genauso auf der Straße tragen, daher war ich nicht so angetan von dieser Idee. Andererseits ließ sich unter den dicken Make up-Schichten ihr tatsächliches Alter verbergen und der über all die Jahre betriebene gesundheitliche Raubbau von Sänger Mark Philips ebenfalls. In meinen Augen also eher ein kleiner Minuspunkt, aber ich glaube, dass ich der Einzige war, dem das nicht zusagte, denn kaum waren die vier Herren auf der Bühne und hatten ihre jeweiligen Instrumente geschnappt, als sich aus den zahlreichen Kehlen des inzwischen reichlich vorhandenen Publikums ein ohrenbetäubender Jubel erhob, mit dem sie ihre Heroen begrüßten. Die Band brachte einen Knaller nach dem anderen, der Pogo- oder eher Stompingkreis um die Bühne war trotz des fortgeschrittenen Alters der Fans beachtlich. Und stellenweise auch aggressiv, was daran lag, dass dort hauptsächlich dicke Männer ihre bleichen, schwabbelnden und stark schwitzenden Oberkörper zeigten und mit diesen die anderen Anwesenden einfach beiseite schoben. So blieben diese Individuen dann dort unter sich und konnten sich gegenseitig hin und her schubsen. Ein insgesamt eher trauriger Anblick, an den sich die Mitglieder der Band wohl erinnern werden, sollten sie in nächster Zeit an Frankfurt denken. Mark Philips jedenfalls machte während des gesamten Konzerts nicht eine einzige Ansage und riss die Songs mit Hilfe seiner Mitstreiter einfach hintereinander runter. Der Sound war mehr als mies, die Gitarre konnte man fast gar nicht hören, dafür das harte Gehämmere von Standbass und Schlagzeug umso mehr. Die Songs waren eigentlich nur an den Texten erkennbar. Wie auch immer, die Meute war erfreut. Ach ja, das eigentliche Set war schnell zu Ende und die Band ließ sich zweimal wieder auf die Bühne bitten. Allerdings - und das muss man den Jungs hoch anrechnen - sie kamen, obwohl sich das Frankfurter Publikum wenig Mühe gab: Bei ausgeschaltetem Saallicht wartete das Publikum einfach lange genug, bis die Band wieder herauskam und das ganze zweimal.



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