Vor zwei Wochen war es wieder soweit: Wie jedes Jahr trug ich am 1. April im Netz gefundene Aprilscherze zusammen. Dabei bestätigte sich mein Eindruck aus dem Vorjahr: April-Scherze sind eine besondere Art des Aufzeigens möglicher (Schreckens-)Szenarien. Und so wurde ich hellhörig, als es hieß, Google betreibe einen Atomreaktor, der Teilchenbeschleuniger sei doch nicht ganz so sicher wie offiziell behauptet und: es werde Porto für E-Mail erhoben. Und ich sah aufmerksam hin, als in der Berliner S-Bahn während der Fahrt Techniker zur Sicherheit patrouillierten.
Ein April-Scherz soll weniger lustig als vielmehr möglich, weil annehmbar sein. Paradox wird es, wenn man “richtige” Nachrichten am 1. April noch einmal gegenprüft, weil man sie zuerst für absurd, erfunden, eben für einen Scherz hält. Eine dieser Nachrichten, war die Mitteilung, dass ab dem 1. April das Recht bestehe, einmal im Jahr kostenfrei bei Scoring-Agenturen wie Schufa und Creditreform den eigenen Punktezustand und eine verständliche Erklärung zu erfragen.
Eine verständliche Erklärung des Punktestandes und dessen Berechnung. Kostenfrei. Das sind gleich drei Aprilscherze auf einmal. Nein: Seit dem 1. April gilt ein umfassendes Auskunftsrecht und die Verbraucherzentralen haben bereits Musterbriefe bereitgestellt, mit denen das wirtschaftliche Äquivalent zum Sich-selbst-Googeln angestoßen werden kann.
Mein persönliches (Schreckens-)Szenario
So wurde der 1. April und der Beginn des zweiten Quartals auch gleich Erinnerung an eines meiner Vorhaben für dieses Jahr: Das Projekt “Ich melde mich ab!”. Geplant ist eine sehr einfach gehaltene Webseite, die mit einer nahezu banalen Schnittstelle dem Nutzer das Erstellen ausgefüllter und druckbarer Musterbriefe zum Abmelden bei diversen Diensten abnimmt: Payback, Happydigits und weiterer Bonussysteme und Datensammel-Stellen.
Warum nicht auch gleich die Schnittstelle nutzen und Auskunftsanfragen an Scoringunternehmen erstellen lassen? Brief ist Brief. Und die Auskunftssperre fürs Bürgeramt wird gleich noch drauf gelegt. Es ist nie zu spät für ein Jahresmotto – 2010 wird das Jahr der Abmeldungen.
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http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0403/berlin/0188/index.html