21 Fernsehbildschirme flackern gruen auf der dunklen Theater- buehne. Sie strahlen keine Nachrichten mehr aus, endlich ist Ruhe. Diesem Moment der Stille waren an diesem Abend im Hebbeltheater laufend Stroeme von Breaking News
zuvorgegangen.
Ob aus Island oder Indien, Kolumbien oder Kurdistan. Ueberall auf der Welt sorgen banale Vorfaelle, Minidramen und Ereignisse fuer Nachrichten. Sie werden live in die Bildschirme gespeist und simultan gezeigt. Zwischenzeitlich schwillt das Geschehen auf der Buehne zu einer Nachrichten- kakophonie an: Bruni und Sarkozy es ist was Ernstes! Vorwahlen in New Hampshire! Kricket in Indien!
Neun Menschen befinden sich bei der neuesten Inszenierung von Rimini Protokoll auf der Buehne. Keine Schauspieler, sondern echte
Nachrichtensprecher, Dolmetscher, Journa- listen und Korrespondenten. Sie schauen sich zusammen mit dem Publikum Nachrichten aus aller Welt an und liefern Kommentare. Ganz gelassen (manchmal machen sie Locke- rungsuebungen und tanzen dabei) aber irgendwie doch unter Strom. Aber wen wunderts? Immerhin sind sie im Dienst, nehmen Anweisungen entgegen, stehen unter Zeitdruck, muessen sich legitimieren, behaupten. Die Uhr tickt schnell und druckvoll im Grosshirn der Aufmerksamkeitsoekonomie.
Die Buehnenausstattung simuliert die Arbeitsverhaeltnisse in diesem Meta- War Room: Bildschirme, Computer, Weltkarten, Wanduhren und Kabelstraenge. Alles ist miteinander vernetzt, folgt einem strengen Protokoll. Zufaelle scheint es nicht zu geben. Auch die Nachrichten, die hier wie am Fliessband gemacht
werden, folgen einer Dramaturgie. Bei der Tageschau etwa, stehen viele Themen schon Wochen vor der Sendung fest, da kann dann nur noch eine Blitzmeldung
fuer Programmaenderungen sorgen. Was aber wird zu so einer Blitzmeldung? Die Choreographie dieser Live-Performance fuehrt nicht zuletzt die Entscheidung darueber ad absurdum.
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