Gehypte Netflix-Dokus zeichnen Rumänien als ein urwüchsig-unberührtes Stück Natur. Dieser Orientalismus passt ins Bild, welches sich der westliche Teil der EU macht: rückständiges Land, arbeitswillige Bevölkerung. Welche Funktion hat diese Vorstellung für die Politik der Arbeitsmigration? Der Anthropologe und Berliner Gazette-Autor Florin Poenaru sieht hier keinen Sonderfall an den Rändern der EU, sondern Europas Zukunft. weiterlesen »
Abibas-Sneaker, Ponosonic-Gadgets und Ducci-Taschen! Shanzhai-Kopien westlicher Produkte sind mehr als Kopien. In post-sowjetischen Staaten wie etwa der Ukraine, ermöglichen sie der Arbeiter*innenklasse, sich die Idee des Westens auf subversive Weise anzueignen. Die Autorin und Kuratorin Lesia Prokopenko unternimmt einen Streifzug durch Märkte und Basare. weiterlesen »
Die Logik des Kapitals kommt paradigmatisch im Osten zur Geltung: Statt “blühender Landschaften”, gibt es “brachliegende Landschaften”. Die fast verwahrlost wirkende Unfertigkeit des Gebiets ist allerdings kein Anzeichen von Scheitern, sondern, wie der Aktivist und Autor Christoph Marischka zeigt, Ausdruck jener „schöpferischen Zerstörung“, welche der Idee von Expansion und Disruption zugrunde liegt. Eine Suchbewegung von Warschau über Leipzig bis Bergkarabach. weiterlesen »
Die Treuhandanstalt sorgte für wirtschaftliche und soziale Verwüstungen in der ehemaligen DDR. Die Folgen sind bis heute spürbar. Komplementär dazu hinterlassen “Aufklärungskampagnen” – etwa der Stiftung Aufarbeitung und der Jahn- (ehem. Gauck-) Birthler-Behörde im Verbund mit den öffentlich-rechtlichen Medien – eine weitreichende psycho-soziale Traumatisierung. Deren Schäden sind bislang weder benannt, geschweige denn hinreichend kritisiert worden. Die Soziologin und Berliner Gazette-Autorin Yana Milev unternimmt eine Bestandsaufnahme. weiterlesen »
Im Schnelldurchlauf wurden die Gebiete der ehemaligen osteuropäischen Staaten in den Kapitalismus “überführt”. 30 Jahre später ist überall im Osten unverkennbar, dass das Ganze kein Wohltätigkeitsprojekt Westeuropas war. Wie die Künstlerin und Philosophin Marina Gržinić zeigt, ist das ehemalige Jugoslawien ein Paradebeispiel für ein turbo-kapitalistisches Laboratorium, das durch EU-Interessen “reguliert” wird und deshalb so reibungslos funktioniert, weil man gleichzeitig auch den Prozess der Faschisierung auf “turbo” geschaltet hat. Ein wütender Zwischenruf. weiterlesen »
Kreative Zerstörung (lies auch: Disruption) scheint in “Ostdeutschland” seit 30 Jahren zum Alltag zu gehören. Perfekte Voraussetzungen also für Tesla, wie auch andere kapitalistische Player (Amazon, Google, RB Leipzig mit dem Unternehmen Red Bull als Hauptstruktur), die den normalen Weg kapitalistischer Produktion nicht gehen und die Regeln von Genehmigung, Arbeiter:innenrechten etc. nicht befolgen wollen? Politikwissenschaftler Stefan Kausch und Diskursanalytiker Jürgen Link zeigen: mit der medial-diskursiven Konstruktion der ambivalenten Normalitätsklasse “Ost” können die Interessen des Kapitals quasi nach Belieben bedient werden. weiterlesen »
Die großen und kleinen Online-Plattformen, die vor allem in den westlichen Gesellschaften “systemrelevant” geworden sind, werden – wie übrigens große Teile der digitalen, scheinbar vollends durchautomatisierten Welt auch – durch weitgehend unsichtbar gemachte Crowdworker*innen in Betrieb gehalten. Es ist hinlänglich bekannt, dass sich ein Großteil dieser “Ghost Worker” in Ländern des Globalen Südens befindet, unter anderem in Indien. Weniger Beachtung findet die wachsende Zahl digitaler Arbeiter*innen in Osteuropa. Die Sozialwissenschaftlerin Mira Wallis unternimmt eine Bestandsaufnahme. weiterlesen »
Im September 1961 schlug die Geburtsstunde einer Bewegung, die versucht hat, sich weder dem Ostblock, noch dem Westen unterzuordnen. Die “Bewegung der Blockfreien Staaten”, dessen treibende Kraft das sozialistische Jugoslawien war, wollte Wirtschaft und Zusammenleben neu denken und vor allem den Globalen Süden Gewicht auf der Bühne der internationalen Politik geben. Der Soziologe und Aktivist Paul Stubbs, der seit den 1990er Jahren in Zagreb lebt, unternimmt eine Bestandsaufnahme und fragt, was soziale Bewegungen von den “Blockfreien” lernen können. weiterlesen »
Unter dem Stichwort “Aufbau” wurden in der ehemaligen Sowjetunion riesige Infrastrukturprojekte gestemmt. Jahrzehnte nach dem Zerfall des zentralistisch regierten, föderativen Einparteienstaats, dessen Territorium sich über Osteuropa und den Kaukasus bis nach Zentral- und über das gesamte Nordasien erstreckte, ist dieses “Netzwerk” in Auflösung begriffen. Wenig überraschend wird im Zuge dessen das Gemeinwohl zugunsten der Interessen der Privatwirtschaft vernachlässigt. Anhand der anhaltenden öffentlichen Debatten über Infrastrukturprojekte wie Wasserkraftwerke und ÖPNV zeigen Lela Rekhviashvili und Wladimir Sgibnev auf, wie Bilder der Vergangenheit und Zukunft aktiviert werden, um eine kompromittierte Gegenwart zu verteidigen. weiterlesen »
Künstliche Intelligenz wird heutzutage gefeiert, weil die Technologie die Abschaffung menschlicher Arbeit zum Vorteil von Big Tech und globalen Vorstandsetagen als unvermeidlichen Fortschritt erscheinen lässt – ja, als fehlenden Dominostein im Siegeszug des westlichen Kapitals. Höchste Zeit also um über anti-kapitalistische Alternativen nachzudenken, wie sie etwa in den 1970er Jahren in der DDR als “kybernetisierte Arbeiter*innen- selbstverwaltung” firmierten. Der Berliner Gazette-Autor und Regisseur Kevin Rittberger und der Künstler Nicholas Mortimer stoßen auf eine Marxistisch-Leninistische Akademie in Berlin-Wuhlheide und analysieren ein bisher unbekanntes Fundstück. weiterlesen »
In den Diskussionen um die Autonomie der Kunst im Sozialismus ist die Rolle der Arbeiter*innen, die in sogenannten Schreib-Zirkeln organisiert waren, bislang weitgehend unbeachtet geblieben. Die Künstlerin Rena Raedle, die seit 20 Jahren in Serbien lebt, geht auf dieses wenig untersuchte Phänomen ein und eröffnet inspirierende Perspektiven im Spannungsfeld von Kunst und Politik. weiterlesen »
Der europäische Grenzschutz ist heutzutage eine technologisch hochgerüstete Angelegenheit, bei der nicht Menschen zählen, sondern vor allem Zahlen. Alle Bewegungen an den EU-Außengrenzen sollen per Computer gesteuert werden, insbesondere jene, die entlang der sogenannten Balkan-Route, die im ehemaligen Jugoslawien entstanden ist. So ist das EU-Mobilitätsregime zu einer regelrechten Black Box geworden. Die Kriminologin und Menschenrechtsanwältin Sanja Milivojevic versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Ein Interview. weiterlesen »