Muss der Wunsch nach Entschleunigung unerfüllt bleiben in einer Ära, in der Zeit als etwas Gestalt- und Formbares, außer Kontrolle geraten scheint? Oder schlichtweg diese Eigenschaften verloren zu haben scheint? Hilft die Umklammerung des Terminkalendars als Struktur- und Gestaltungselement des Alltags wirklich weiter? Welche Folgen hat die Globalisierung auf unsere Zeitwahrnehmung? Was könnte man unter der Globalisierung von Zeit verstehen? Wie tickt globale Zeit?

Diese Fragen treiben die Berliner Gazette im Jahr 2007 um. Die Redaktion begibt sich auf die Suche nach einer neuen Weltuhr und befragt dabei Kulturschaffende und Intellektuelle aus der ganzen Welt.
  • Koyaanisqatsi

    Mein Leben spielt sich zwischen Europa, den USA and Lateinamerika ab. Die Kontraste zwischen den drei Welten lassen sich folgendermassen skizzieren: In den USA, selbst in Expertenkreisen lateinamerikanischer Kultur, erlebe ich groesste Gleichgueltigkeit, Desinteresse und manchmal auch Zynismus gegenueber der tragischen Geschichte Suedamerikas. Ueber Kolonialismus darf man nicht diskutieren. Ueber die innerlich und aeusserlich unterminierte lateinamerikanische Souveraenitaet im 19. wie im 20. Jahrhundert kann man nicht reden. Selbst ueber besondere Aspekte in Literatur und Kunst, sagen wir die Einsicht in die geistigen, kosmologischen und sozialen Dramen der literarischen Welt eines Juan Rulfos, Jose Maria Arguedas oder Joao Guimaraes Rosa wird eigentlich nicht gesprochen. weiterlesen »

  • Zack, Zack, Zack

    Wuerde jemand Paul Virilio oder Vilem Flusser, die Theorie-Grossvaeter der neusten Generation frischgebackener Medienwissenschaftler zum Thema Zeit befragen, so wuerde der Erste sowas wie Ach! Alles wird mir zu schnell sagen. Der Zweite, dessen Archiv nun von Koeln nach Berlin gezogen ist, wuerde vielleicht meinen, dass die Geschichte am Ende sei und wir im Nulldimensionalen angelangt sind. weiterlesen »

  • Gegenwart in Plural

    Im Rahmen meiner Dissertation habe ich mich mit lateinamerikanischen Autoren aus den Bereichen Kultur- und Kommunikationswissenschaft, Soziologie und (Stadt-)Anthropologie beschaeftigt und ihre Analysen von Strukturen und soziokulturellen Phaenomenen des Kontinents seit den 1980er Jahren untersucht. Dabei fiel mir auf, wie nachdruecklich der Begriff Moderne im Spiel war, ein Begriff, der zur gleichen Zeit in Europa und Nordamerika immer kritischer betrachtet wurde. Laengst war die Moderne hier nicht mehr nur Synonym fuer die Befreiung der Individuen aus den starren Rollenmustern traditioneller Gemeinschaften und fuer die Chance, die Zukunft frei zu gestalten, sondern auch fuer Sinnverlust, Vereinzelung und Reduktion auf Effizienz. weiterlesen »

  • Zeitgeist Berlin

    Ich arbeite fuer die US-amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press. Daher zaehlen in meinem Leben Minuten, ja sogar Sekunden. Wegen des grossen Zeitdrucks koennen schon zwei Minuten eine halbe Ewigkeit bedeuten. weiterlesen »

  • Vergänglichkeit archivieren

    Nationalbibliotheken sammeln das schriftliche Kulturerbe ihrer Nation. Sie sammeln es, sie bewahren es fuer die Ewigkeit und sie machen es ihren Benutzern zugaenglich. Diese Aufgabe erfuellt auch die Deutsche Nationalbibliothek. Am Gruendungsort Leipzig beginnt die Sammlung schon seit 1913, in Frankfurt am Main nach Kriegsende 1947 und in Berlin wird seit 1970 im Deutschen Musikarchiv alles gesammelt, was mit Musik zu tun hat. Mit den Jahren ist viel Material zusammengekommen, denn der gesetzlich fixierte Sammelauftrag verlangt, alles zu sammeln, was in Deutschland erscheint und dazu die Literatur des Auslandes, soweit sie einen Bezug zu Deutschland hat. weiterlesen »

  • Leben mit Spreeblick

    Ich tue, was ich fuer richtig halte. Das kann gar nicht fuer eine heterogene Masse wie die der Blogger Gueltigkeit haben. Ich freue mich, wenn meine Gedanken oder Meinungen Zuspruch finden, aber ich lebe ebenso mit Widerspruch und anderen Meinungen, was auch gut ist. weiterlesen »

  • Internet-Zeit

    Aus dem Internet heraus betrachtet erscheint es banal, sich ueber die Gefahr eines globalen Zeitregimes den Kopf zu zerbrechen. Das Internet ist fuer die Ewigkeit: wollen wir seine Architektur verstehen, muessen wir es fuer uns nutzbar machen – eher als uns ihm unterzuordnen. Ohne Wissen kann man nichts ablehnen. Der Philosoph Paul Virilio hatte Recht, als er schrieb, dass wir nicht laenger in einer lokalen Zeitrechnung leben, wie in der Vergangenheit, als wir Gefangene der Geschichte waren. Wir leben in einer globalen Zeit. Wir befinden uns in einer Epoche, die einem globalen Unfall gleich kommt, so Virilio. weiterlesen »

  • Daheim in der Gegenwart

    Schon als kleines Kind beschaeftigte mich das Phaenomen Zeit . Es ist faszinierend, weil allgegenwaertig und doch so unverstanden. Damals schon fiel mir auf, welch unterschiedliche Auffassungen Menschen von ihr haben. Und mir wurde bewusst, wie unzertrennlich die Komponenten Raum und Zeit miteinander verknuepft sein mussten… Das ging fuer mich aus rein logischen Ueberlegungen hervor. Auch wenn diese fuer einen 14-jaehrigen etwas aussergewoehnliche Gedanken gewesen sein mochten, kam mir Folgendes in den Sinn: weiterlesen »

  • Fast oder Slow Food?

    Die Idee, das Essen und Trinken mit dem Thema Zeit zu verknuepfen, kam mir, als ich aus beruflichen Gruenden immer weniger Zeit fand, um in Ruhe zu essen und zu trinken. Der Eindruck, zu wenig Zeit zu haben, stellt einen gaengigen, aber wie sich bald zeigte, stark reduzierten Zugang zum Thema Zeit dar. weiterlesen »