Ich bin jetzt 17 Jahre alt. 1997 kam ich als juedische Migrantin aus der Ukraine nach Deutschland. Ohne ein einziges Wort Deutsch zu sprechen, ueberrollte mich die deutsche Sprache in der Grundschule regelrecht wie eine Lawine. Anfangs war es ziemlich befremdend und seltsam, da in deutschen Schulen andere Verhaltensregeln gelten als in der Ukraine. Zum Beispiel verlaeuft der Unterricht im Osten
wesentlich disziplinierter und strenger. Abgesehen davon unterscheidet man nicht zwischen Haupt-, Realschule und Gymnasium. weiterlesen »
Die deutsche Sprache war sicherlich die erste, die ich nach der Geburt – und vielleicht sogar schon vorher im Bauch meiner Mutter – gehoert habe. In Kapstadt habe ich das Deutsche als eine Sprache erlernt, die mit Familie und Eltern zu tun hatte. Die Aussenwelt redete eine ganz andere, beziehungsweise viele andere Sprachen: Englisch in den unterschiedlichsten Varianten, das im Zuge des hollaendischen Kolonialismus’ gepraegte Afrikaans und die afrikanische Sprache Xhosa. weiterlesen »
Ich bin in einer franzoesischsprachigen Kleinstadt im Suedwesten der Schweiz aufgewachsen, zweisprachig, mit Deutsch als Muttersprache. Ich bin in eine deutschsprachige Schule gegangen und jedes Mal, wenn mich der Lehrer auf dem Pausenplatz beim Franzoesischsprechen erwischte, wurde ich bestraft – vorne an der Wandtafel knien, die Arme ausgestreckt, Buecher auf den Handflaechen. Dies gab dem Franzoesischen den Reiz des Verbotenen. weiterlesen »
Deutsche, die sich mal entschieden haben, ihr gewohntes Umfeld zu verlassen, machen das auf eine sehr konsequente Art und Weise. Ich lebe seit einigen Jahren als freischaffende Designerin in London und suche jedenfalls nicht nach Deutschen. Aber ich meide sie auch nicht. Genauso wenig, wie ich Spanier suche, nur um wieder Spanisch zu sprechen. Schlimmer noch: um der Sprache willen Freunde zu haben. An meinem Gegenueber mache ich individuell aus, ob ich die Person sympathisch finde oder eben nicht. weiterlesen »
Als Fluechtlingskind aus der DDR lebe ich seit nunmehr fast 50 Jahren in einer ehemaligen deutschen Kolonie und bin seit ungefaehr 35 Jahren als Deutschlehrer beziehungsweise Ausbilder von Deutschlehrern taetig. Meine Eltern waren damals mit meinen beiden Schwestern und mir in das suedafrikanische Mandatsgebiet Suedwestafrika ausgewandert, das sich in den 1980er Jahren den sperrigen Namen Suedwestafrika/Namibia zulegte und 1990 als Namibia in die Unabhaengigkeit entlassen wurde. Und selbst heute, 16 Jahre nach Erlangung der staatlichen Souveraenitaet, sind viele (nicht nur aeltere) deutschsprachige Namibier leider immer noch gefangen in den nachkolonialen, von Suedafrika gepraegten politischen Ansichten und Wertvorstellungen, so dass man sich als Nicht-mehr-Europaeer aber auch Noch-nicht-Afrikaner nur unter Vorbehalt mit dem neuen Staat identifizieren kann oder will und froh ist, sozusagen als Sicherheitsgarantie, neben der namibischen auch die deutsche Staatsangehoerigkeit zu besitzen. weiterlesen »
Um ehrlich zu sein: Ich denke, meine Entscheidung, nach Frankreich zu gehen, nahm ihren Anfang, als ich sechs Jahre alt war – 1978 – und erstmalig ans Westende der franzoesischen Welt, ins Finistere kam. Ich wollte dort schlichtweg nicht mehr weg und wenn ich dann angesichts meiner noch sehr beschraenkten Autonomie hinsichtlich existentieller Entscheidungen doch weg musste, wollte ich vor allem wieder hin. Auch zwischenzeitlich unternommene Versuche, pragmatische (beruflich-opportunistische) Andersorte zu waehlen, hatten nie durchschlagenden Erfolg, Entzugs- und Entzauberungsvorhaben scheiterten und die schliesslich etablierte Loesung, einen relevanten Teil des Jahres auf drei bis vier Teilstuecke verteilt am Ende der Welt zu verbringen, eigentlich
aber woanders zu leben, hat auch nicht gefruchtet. weiterlesen »
Ich habe kaum Kontakt zu Deutschen in Mexico, habe mich immer von allem spezifisch Deutschen ferngehalten. Das haengt zum Teil mit der Rolle der nach 1945 nach Mexico eingewanderten Nazis zusammen, aber auch mit der Faszination vieler Mexikaner am Faschismus. Die Deutsche Schule ist zum Beispiel waehrend der Aera Cardenas Ende der 30er Jahre mit Hakenkreuzfahne durch Mexico Stadt marschiert. Die Fotos liegen in den Archiven. Mexico ist ja so etwas wie ein naturwuechsig faschistisches Land. weiterlesen »
Wir sind vor zwei Jahren nach Manila gezogen, weil meine Frau eine DAAD-Lektorenstelle an der University of the Philippines bekommen hatte. Inzwischen bin ich selbst Prof fuer Medienwissenschaften an der dortigen Uni. Deutsch benutzte ich in diesem Job eigentlich gar nicht, ich spreche es nur zuhause in der Familie. Wenn ich gelegentlich fuer deutsche Zeitungen und Zeitschriften etwas verfasse, funktioniert das deshalb noch ohne sprachliche Probleme. weiterlesen »
Wer nach Namibia kommt, ist zuallererst erstaunt ueber die offensichtliche Praesenz der deutschen Sprache und damit der Deutschen beziehungsweise Deutsch-Namibier, die hier leben. Sie sind es, die in der Hauptstadt Windhoek in der Blumenecke
Schnittblumen anbieten oder ueber das Edelkaufhaus Wecke und Voigts
europaeisch gepraegte Waren aller Art – von der Kleidung bis zur Kaffeemaschine. Sie laden im traditionellen Cafe Schneider zum feinen deutschen Konditorkuchen ein und setzen im Thueringer Hof
sowie vielen anderen Lokalitaeten sonderbar anmutende kulinarische Kontraste zu dem, was ein Reisender in Afrika eigentlich erwarten wuerde. weiterlesen »
Meine Beziehung zur deutschen Sprache ist, wie wohl fuer alle Juden nach dem Holocaust, zutiefst gezeichnet durch den Nationalsozialismus. Trotz allem habe ich in Buenos Aires angefangen, Deutsch zu lernen. Meine Beweggruende gehen auf zweierlei zurueck: Im Jahr 1993 erhielt ich die deutsche Staatsbuergerschaft; gleichzeitig begann ich deutschsprachige Autoren und Kuenstler zu entdecken, die fuer mich sowohl die deutsche Sprache als auch Kultur in ein positives Licht rueckten. weiterlesen »
Amman fungiert seit der kriegerischen Eskalation im Irak als Schaltzentrale, Bahnhof und Konferenzplattform fuer internationale Organisationen, die zum oder mit dem Irak arbeiten. Amman ist gleichzeitig auch jene Stadt, die von taeglich wachsenden Wellen irakischer Emigranten ueberfordert wird, die jetzt massenweise das Land verlassen und je nach finanzieller Ausstattung in den grenznahen Fluechtlingscamps, bei Verwandten oder in eigenen Wohnungen Quartier finden. In dieser Stadt betreibe ich gemeinsam mit meinem Partner Klaas Glenewinkel und einem Team von je nach Projektstand wechselnder Groesse seit Anfang 2004 verschiedene Medien- und Kulturprojekte mit irakischen Journalisten, irakischen Kulturschaffenden und irakischen Rundfunkstationen. weiterlesen »
Der Umstand, dass ich seit 1990 mehr oder weniger ununterbrochen in New York lebe, scheint meine zerebrale Sprachzentrale wenig zu beeindrucken. Ich vermute sogar, dass ich insgeheim eine Freude am Falschsprechen habe und immer traeger werde, englischsprachig zu wirken. Oft liebe ich es, stur englische Woerter wie ein Deutscher im Anfaengerkurs quasi-deutsch auszusprechen. weiterlesen »