• Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #48

    Wenn ich ganz kurz sagen sollte, um welches Thema mein Interesse an der sog. Globalisierung kreist, dann waere dies die Frage, welche Wirkungen Globalisierung auf kleinere Kulturen und Sprachen und hinsichtlich unserer individuellen Identitaetsbildung entfaltet. Konkret: Wir sind im Zuge der Globalisierung allen moeglichen Einfluessen ausgesetzt. Wie gelingt es uns, uns das Fremde bzw. Andere anzuverwandeln? Wie gehen wir (als Individuen und als Kollektive) mit rasant zunehmender Beschleunigung bei gleichzeitiger Verdichtung von kulturellen Prozessen um? Wie veraendert das hochkomplexe und in sich gespannte Buendel von Entwicklungen, die wir nun Globalisierung nennen, unsere Wahrnehmung, unsere Sprache und Begriffe, unser Herangehen an die Welt? weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #47

    Der Begriff Globalisierung ist zu einer Mischung aus Reizwort und magischem Schluessel fuer das Verstaendnis der Welt geworden. Dies hat berechtigter Weise heftige Kritik ausgeloest, vor allem, wo es darum geht, dem Begriff noch eine wissenschaftlich sinnvolle Bedeutung zu geben. Die menschlichen Angelegenheiten gehen auch heute nicht restlos in Globalisierung auf. Und ebenso sicher ist, dass nicht alles Schlechte in der Welt mit dem Verweis auf Globalisierung erklaert werden kann. Auf welche konkreten Phaenomene koennen wir den Begriff noch eindeutig beziehen? Ich wuerde die Frage anders formulieren: Welche kulturelle Funktion erfuellt der Begriff? Warum ist er uns so wichtig geworden? weiterlesen »

  • Lange Harren

    Fuer einen Punkt geben die von anfaenglich kleinen Studentengruppen ausgeloesten Proteste und Revolten, die vor allem in Frankreich 1968 einen konkreten Hoehepunkt erreichen, in anderen Laendern, wie Deutschland, jedoch bloss in der geschichtlichen Erinnerung ein ueberragendes Datum bedeuten, ein sehr gutes Beispiel ab: Ein tiefgreifender, ansteckender Drang nach gesellschaftlicher Aenderung muss nicht mit einer oekonomischen oder auch nur sozialen Krise einhergehen. Das Ende der 1960er Jahre bildet mit Ausnahme vielleicht Englands (wo die Proteste ironischerweise auch noch gemaessigt ausfallen) noch nicht das Ende einer Phase enormen wirtschaftlichen Wachstums und technologischer Expansion, die in den USA mit, in Westeuropa nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzt. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #46

    Ich glaube, wir waren der letzte Studienjahrgang, der Statistikanalysen im Universitaetsrechenzentrum noch mittels Lochkarten durchgefuehrt hat. Noch Ende der 1980er Jahre hielt ich die am IBM-Grossrechner von Benutzerstation zu Benutzerstation gesendeten Grussbotschaften als entbehrlichen Zierrat. Keine Ahnung hatte ich damals davon, dass die in jener Zeit ankommende digitale Revolution nicht nur das Triebwerk der Globalisierung traenken, sondern auch die ganz persoenliche Erfahrungswelt so drastisch veraendern wuerde, wie dies jetzt der Fall geworden ist. weiterlesen »

  • Feindliche Uebernahme

    Die Frage danach, welcher Generation ich selbst mich zugehoerig fuehle, ist natuerlich nicht beantwortbar. Nicht nur, weil jede Selbst- oder Fremdzuweisung zu einer Kohorte oder einem Label zugleich eine Kraenkung von eigenen Identifizierungs-, Originalitaets- und Lebensgestaltungsanspruechen ist. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #45

    Der Ruf nach einer anderen Welt ist ein zwiespaeltiger Ruf, denn anders heisst ja nicht zwangslaeufig besser, sondern oftmals schlechter. Fuer letzteres gibt es historisch gesehen weit mehr Beispiele, deshalb stimmen mich Weltverbesserungsrufe zunaechst einmal misstrauisch. Wir haben nur eine Welt in der wir leben und die jeder von uns tagtaeglich gestaltet. Veraenderung kann also nur mittels aktiver Gestaltung statt finden, und der Begriff der Gestaltung erscheint mir hier besonders geeignet, da die Frage nach einer besseren oder gar der besten aller Welten, immer eine Frage nach deren Form im weitesten Sinne ist. Gestaltung ist immer ein prozesshaftes Agieren. weiterlesen »

  • Literaturmasochismus

    Ich bin in den Achtzigerjahren aufgewachsen. Eigentlich war das eine recht angenehme Zeit. Zumindest herrschte selbst in einer niedersaechsischen Kleinstadt kein Mangel an identitaetsstiftenden Angeboten fuer Jugendliche. Die Popkultur und ihre angeschlossene Verwertungsindustrie stellten eine feindifferenzierte Matrix aus Musik, Mode und maschinellen Technologien zur Verfuegung, auf der jederzeit spontane Verknuepfungen moeglich waren. Hier ging es allerdings weniger um Freundschaft und Gemeinschaft als um lose Bindungen: Ein neues Album von U2 konnte auf dem Schulhof intensive, aber zeitliche beschraenkte Allianzen schaffen, genau wie der rege Tauschhandel mit gewaltverherrlichenden Computerspielen und indizierten Videofilmen. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #44

    Tibet zieht an durch das Geheimnisvolle, verstaerkt durch die lange Abgeschlossenheit im Hochland des Himalaya; die besondere Auspraegung des tibetischen Buddhismus mit seiner Vielzahl von Heiligen und seinen tantrischen Ritualen; ein zutiefst religioeses Volk mit dem charismatischen Dalai Lama als religioeser Fuehrer im Exil – aber auch die bei uns vorhandene idealisierende Wahrnehmung des Mythos Tibet. Eine traditionelle feudale Gesellschaft, mit Adel und Kloestern als deren Stuetze, die jahrhundertelang in relativer Autonomie gelebt hat, ist seit dem Einmarsch der Chinesen 1950 mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert. weiterlesen »

  • Zum Zeichen der Freundschaft

    >Freundschaft< ist soziologisch gesehen ein komplexer, aber uebersichtlicher Begriff. Wie >Liebe< kennzeichnet er eine Beziehung, die um ihrer selbst willen besteht. In manchen Beziehungen wird der der >Freundschaft< genutzt, um ganz andersartige Beziehungen zu entspannen oder sie in ein Licht zu stellen, in dem der Zweck nicht mehr so aufdringlich sichtbar ist. Auch Geschaeftsbeziehungen verlangen Vertrauen, das nach aussen hin mittels >Freundschaft< begruendet werden kann. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #43

    Muesste ich mein Interesse an der Globalisierung in einigen wenigen Saetzen zusammenfassen, wuerden mir spontan drei Phaenomene einfallen, die einerseits die historische Dimension der Globalisierung zeigen, andererseits auf aktuelle Problemfelder verweisen. Das erste waere die Hajj, die muslimische Pilgerfahrt nach Mekka, welche seit der Verbreitung des Islam Muslime aus aller Welt jaehrlich in Mekka zusammenfuehrt. Das zweite Phaenomen betrifft die Entstehung und Entwicklung islamischer Netzwerke im Indischen Ozean zwischen dem 10. und 19. Jahrhundert, die eine wirtschaftliche und politische Verflechtung Asiens und Afrikas bewirkten, welche lange vor der durch Europa ausgeloesten Globalisierung begann. weiterlesen »

  • Das Sein verstimmt das Bewusstsein

    Die tiefsten und bestaendigsten Freundschaften haben sich in der Tat dort ausgepraegt, wo die lebenstilistischen Uebereinstimmungen hinter die Uebereinstimmung in politischen und weltanschaulichen Fragen zurueckfielen. Irgendwann wurde die Diskussion ueber Marx, dieses zunaechst konturlose und im Laufe der Jahre (auf unterschiedliche Art und Weise) konkretisierte >Linkssein< wichtiger als die Frage, ob man die gleiche CD mag oder die gleiche Kleidung traegt, was ja wohl das genaue Gegenteil der Diagnosen ist, die in der >Generation Golf< aufgestellt wurden. Natuerlich werde ich immer >Opfer< meiner sozialstrukturellen Disposition, immerfort jene Menschen zu treffen, die mir habituell ohnehin nahe stehen und das zu moegen, was ich habe, weil ich habe, was ich mag. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #42

    Die Alterglobalisierungsbewegung hat in ihrer Entwicklung eine Reihe von Phasen durchlaufen. Allgemein gesagt existierte die Bewegung in der ersten Phase, die der Coming-Out-Party in Seattle 1999 vorausging, weitgehend im Untergrund. Die zweite erstreckt sich von Seattle zum Sommer/Herbst 2001. Das war die Zeit, in der die Bewegung urberall verkuenden konnte: Wir sind dabei zu gewinnen! Und fuer eine Weile schien selbst die Finanzmarkt- und Business-Presse zuzu- stimmen, dass jedes Argument fuer die neoliberale Globali- sierung in die Knie gezwungen war. Allerdings folgte in Genua eine brutale und blutige Kriegserklaerung an die gesamte Bewegung. Ein paar Monate spaeter wurde ein zeitlich unbegrenzter globaler Krieg gegen den Terror ausgerufen. weiterlesen »