• Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #18

    Vom 6. bis zum 8. Juni 2007 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der fuehrenden acht Industrienationen im Seebad Heiligendamm. Das internationale Netzwerk der Gruppe der Acht (G8) vereint weniger als 15 Prozent der Weltbevoelkerung, verfuegt jedoch ueber circa zwei Drittel des Weltbruttosozialeinkommens (BNE). Unter dem Slogan Wachstum und Verantwortung redete man unter deutscher Praesidentschaft dieses Jahr ueber Energieverbrauch, Klimawandel, Raketenabwehrsysteme und Hilfe fuer Afrika. Medial war der diesjaehrige Gipfel vor allem von der Omnipraesenz des Zauns gepraegt. Dieser stellte Dreh- und Angelpunkt der Berichterstattung dar. weiterlesen »

  • Pirouetten auf dem Grabbeltisch

    Ich weiss nicht, ob es in meinem Alltag Bescheunigungszwaenge gibt. Es gibt allerdings Zeitdruck und das in gleich doppelter Form. So muss ich zum einen am Programm des Verlages arbeiten, und fuer die Buecher, die neu erscheinen, werden weit im Voraus Erscheinungstermine festgesetzt, an diese sollte man – glaubt man als Verleger zumindest – sich auch halten. Die Messen sind ebenfalls Stichdaten. Nun kann man aber nicht an jedem Tag gleich gut lektorieren, nicht an jedem Tag in gleicher Weise geistig arbeiten. Da baut sich in Monaten wie diesem – drei Wochen vor der Buchmesse Frankfurt – schon ein ziemlicher Druck auf. Zugleich muss ich, um mir meine Verlagsarbeit leisten zu koennen, als Journalist arbeiten – denn der Verbrecher Verlag wirft noch keine nennenswerten Ertraege ab, obschon er sich gut entwickelt hat. Da kann es schon mal dazu kommen, dass man zehn bis zwoelf Stunden am Tag arbeitet, oder an jedem Tag des Wochenendes. Dann aber gibt es auch wieder Tage, da arbeitet man nur zwei bis drei Stunden. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #17

    Mit Globalisierungskritik habe ich so meine Schwierigkeiten. Da sind mir zu viele Wunschfantasien im Spiel, von denen ungeklaert bleibt, ob wir sie uns ueberhaupt wuenschen sollen. Hinzu kommt, dass die Kritik von einem kruden Schwarz-Weiss-Denken lebt und mitunter von ideologischer Verbohrtheit untermalt wird. Nun verhalten sich die Dinge aber weit komplizierter und komplexer, als es diese Leute darstellen oder wie es sich die Negativrhetorik des Neoliberalismus, des Cyber-Kapitalismus oder der militaerisch-industrielle Komplex vorstellt, die Sachverhalte arg versimplifiziert. weiterlesen »

  • Porno-Rap: Haende hoch! Hosen runter!

    Manchmal muss man schreien. Richtig laut, sonst hoert einen ja keiner. Leider haben meistens die Bloeden das lauteste Organ. Im deutschsprachigen Hip Hop kreischen sich zurzeit vor allem so genannte Ghetto-Gangsta-Kids die Kehlen wund. Ghetto bedeutet hierzulande, dass man aus Berlin-Tempelhof stammt. weiterlesen »

  • Alles überstürzen

    Philosophie ist Widerstand gegen den Zeitgeist, gegen die Beschleunigungszwaenge, gegen die Verlangsamungsappelle ihrer Zeit. Philosophie ist nicht anachronistisch, sie ist diachronistisch, das heisst sie durchquert ihre sozial, politisch, oekonomisch, kulturell etc. kodierte Zeit. Die Philosophie kennt ihre eigene Geschwindigkeit. Manchmal liegt ihre Beschleunigung in der Zurueckhaltung, in einer gewissen theoretischen Distanzierung und Abstinenz im Verhaeltnis zu den Problemen der Zeit. Manchmal beschleunigt die Philosophie, indem sie verlangsamt, indem sie sich entschleunigt oder sich tot stellt. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #16

    Ich bin schon mein ganzes Leben lang immer sehr engagiert gewesen. In meiner High School organisiere ich den Debattierclub und ich helfe Mitschuelern, die Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen. Ich habe mit einer Freundin, einer Asian American, eine Anti-Drogen-Kampagne organisiert und dann haben wir noch ein Dialogzentrum ins Leben gerufen wo sich Gangmitglieder auf neutralem Boden treffen koennen. Ich sehe mich als Teil der globalisierungskritischen Bewegung – auch ohne an Demonstrationen teilzunehmen oder in politischen Organisationen zu stecken. weiterlesen »

  • Vernetzte Gegenwart

    Mozart komponierte so schnell, dass einer aus unserer Zeit nicht einmal schneller seine Noten abschreiben kann. Japanische Postboten vor dreihundert Jahren brauchten keine Woche, um von Tokio bis Kioto zu Fuss zu gehen. Wir sind langsam geworden und denken, dass wir uns nur deshalb langsam vorkommen, weil die technische Entwicklung unmenschlich schnell ginge. Ich teile nicht die Nostalgie nach der guten, alten Zeit, in der alles langsamer gewesen sein soll. Es ist dennoch wahr, dass es heute einen Zeitdruck gibt: das Gefuehl, immer schneller mehr, oefter, groesser und billiger produzieren zu muessen. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #15

    Der G-8-Gipfel hat nicht nur dazu beigetragen, dass sich eine breite Oeffentlichkeit der Groesse und des Potenzials der globalisierungskritischen Bewegung bewusst geworden ist. Heiligendamm war – frei nach Tocotronics Wir sind viele – vor allem auch fuer die Binnenstruktur des Protests wichtig: Zuvor meist vereinzelte Kritiker, Gruppen und Organisationen sind sich in einer Art kollektivem Selbstfindungsprozess ihrer Wirkungsmacht bewusst geworden. weiterlesen »

  • Sprache auf Speed

    Sprache laesst sich nicht am Massstab von Zeit und Geschwindigkeit verstehen. Sie ist, vor allem in Schriftkulturen, ein Element gesellschaftlicher Stabilitaet und sorgt fuer Kontinuitaet. Kollektive und individuelle Identitaeten sind auf diese Stabilitaet angewiesen. Aber die Zeit geht an Sprachen nicht vorbei. Sie wandeln sich, und dafuer brauchen sie Zeit. Gegenwaertig kann man in mancher Hinsicht von einer Beschleunigung solchen Wandels sprechen. So gibt es offenbar eine Beschleunigung des Sprachensterbens. Es gibt Berichte, dass in Australien, Lateinamerika und einigen Regionen Asiens mit verschwindenden kleinen ethnischen Gruppen gegenwaertig Sprachen mit einer nicht bekannten Geschwindigkeit sterben. Aber es ist zweifelhaft, dass es einen direkten Zusammenhang dieses Sterbens mit der Globalisierung gibt. Die Gleichzeitigkeit duerfte eine blosse Koinzidenz sein. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #14

    Was nach Heiligendamm anders ist als vorher? Eigentlich nichts. Nunja, die Oppulenz des Gipfels hat ja eher an einen Louis XIV Event erinnert, in dem Sinne waere es eventuell an der Zeit, dass sich auch die Globalisierungskritiker draussen vor den Toren der Macht sich einen Prosecco genehmigen und ihre huebschen Klamotten anziehen und dann auch in schale ihre Pressekonferenzen machen – bekanntlich ist man ja serioeser, intelligenter und erfahrener, wenn man Anzug traegt.
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  • Verflüssigungen

    In unseren Zeiten ist die Beschleunigung aufs Engste mit der zunehmenden Geschwindigkeit der Informationsuebermittlung verknuepft. Informationen, die uns erreichen, veraendern die Richtung, in die wir uns bewegen und dies verwandelt sich in Informationen, die wiederum die Richtung derer modifizieren, die uns umgeben. Es ist offensichtlich, dass die Beschleunigung, die durch die neuen Medien hervorgebracht wird und die eine zunehmend grosse Informationsmasse in Umlauf bringt, sich in jeder Kleinigkeit unseres Alltags bemerkbar macht. weiterlesen »

  • Globalisierungskritik, wie weiter? Antwort #13

    Nach Heiligendamm sieht die Welt anders aus! Die Zeit der Gewaltfreiheit und des zivilen Ungehorsams ist – unwiderruflich – da. Die menschlichen Erfahrungen und Veraenderungen von zehntausend Blockierern um Heiligendamm, von zahlreichen AnwohnerInnen und auch von Medienleuten vor Ort werden eine Welle der Angstfreiheit nach sich ziehen. Immer wieder wird es die Runde machen: No fear! TeilnehmerInnen uebertreffen sich in ihren Berichten gegenseitig an Dankbarkeit gegenueber unzaehlig vielen Menschen, die um Heiligendamm die Wirklichkeit eines menschlichen Miteinanders als Alternative gelebt haben. weiterlesen »