Dies ist das Dokumentationsvideo der Podiumsdiskusson “Bürger-Hacker”.
Journalisten und Hacker – auf den ersten Blick extrem gegensätzliche Menschen. Journalisten werden normalerweise mit Gesetzestreue, Hacker mit Rechtsbruch in Verbindung gebracht. Das Goethe-Institut Russland lädt heute in Moskau zu einer Podiumsdiskussion mit internationalen Gästen – hier wird das Hacken als bürgerliche Aufgabe betrachtet. Einer der Gäste ist der in Russland tätige Journalist Michail Fishman. Die Berliner Gazette stellt jetzt seine Thesen zur Diskussion. Heute Abend wird die Veranstaltung per Livestream zwischen 18-20 Uhr (MEZ) an dieser Stelle übertragen.
Ich wurde gebeten die Rolle des Hackings in der Entwicklung des Journalismus zu bewerten. Unter anderem am Beispiel des WikiLeaks-Chefs Julian Assange. Meines Erachtens veranschaulicht die Geschichte von WikiLeaks den Unterschied zwischen Information, Nachricht und Journalismus, also dem journalistischen Produkt. Dabei könnte anstelle von Assange jeder Blogger, Hacker oder Informationsverbreiter stehen.
1. Die Digitalisierung macht Journalisten nicht überflüssig. Die neuen Medien (beispielsweise das Internet) und die neuen Methoden (beispielsweise das Leaking) ermächtigen neue Akteure im Bereich der zivilen Kontrolle – aber sie ersetzen den Journalisten nicht. Die Vorstellungen über einen vollständigen Wandel des journalistischen Berufs im Zeichen des Digitalen sind übertrieben. Die Rolle der„Zeugen“ und der außerhalb der Presse erlangten Informationen ist überbewertet.
2. Journalisten haben keine absolute Redefreiheit. In ihrer Arbeit gibt es immer Hemmfaktoren. Der Hauptfaktor ist der Ruf, der eigene (zwar seltener) oder der des Massenmediums, das sie vertreten. Journalisten beziehen Gehälter und haben einen Marktpreis. Sie haben spezielle Verpflichtungen: zum Beispiel Informationen zu überprüfen. Dies alles sind Merkmale einer Industrie, die auf der Basis solcher Merkmale als Industrie funktioniert.
Die Aufgabe eines Journalisten besteht darin, sich auszukennen und sich eine qualifizierte Meinung zu bilden. Und worin kennt sich Assange aus? In gar nichts. Ein “Abflusskanal” kann nicht mit Journalismus gleichgesetzt werden. Übrigens, wir wissen immer noch nicht, was er verheimlicht und nicht veröffentlicht hat.
Ein Journalist darf die Menschen nicht in eine „Clear and Present Danger“-Lage bringen. Die New York Times und andere Massenmedien haben die Leaks von Assange überprüft und die Namen von Personen herausgestrichen, die in Folge seiner Veröffentlichungen gefährdet werden konnten.
3. Nicht jede Art von Information darf absolut frei und zugänglich sein. Das betrifft auch einige öffentlich signifikante Informationen. Es sollte das Recht auf Schutz der Privatsphäre geben. Ein Staat darf Geheimnisse vor der Gesellschaft in dem Maße haben, in welchem wir ihm überhaupt ein Existenzrecht zuerkennen. Es kann hunderte oder tausende Situationen geben, in denen Einschränkungen auf die Verbreitung von Informationen eingeführt werden sollten. Eine andere Sache ist, dass der Staat die Möglichkeit der Einschränkungen der Offenheit missbrauchen kann und dies aller Wahrscheinlichkeit auch öfter tut.
Anm.d.Red.: Dieser Text entstand innerhalb einer Medienkooperation mit dem Goethe-Institut Russland zu der Veranstaltung Bürger Hacker, bei der Constanze Kurz, Mercedes Bunz, Alexei Ostrouchow mit Michail Fischman diskutieren. Die Veranstaltung ist wiederum eine Reaktion auf einen Essay, der im WikiLeaks-Dossier der Berliner Gazette erschien.
17 Kommentare zu
Bei dem Waffenverkauf nach Saudi-Arabien hat ja auch irgendwie die Regierung entschieden, dass sie zu dem Thema schweigt, weil sie das nur im Bundessicherheitsrat besprechen, aber das ja selber so entschieden haben.
Ich finde dass es da eine unabhängige Instanz geben sollte, die entscheiden kann was geheim ist und was nicht.
Das ist auf jeden Fall ein Punkt, den der Verfasser dieser Thesen nicht stark genug im Blick hat: der Journalismus hat doch über weite Strecken versagt im Fall der ganzen,.... ,sagen wir,... Offenlegungen von WikiLeaks. Grosses Angebot an Quellen, kleines bis keines Aufarbeitungs-OUTPUT... im Namen der Relevanz...
"Informationsmedien in der Postdemokratie. Zur Bedeutung von Medienkompetenz für eine lebendige Demokratie"
http://www.bpb.de/publikationen/FUI8WD,0,Informationsmedien_in_der_Postdemokratie_Zur_Bedeutung_von_Medienkompetenz_f%FCr_eine_lebendige_Demokratie.html
Aber vielleicht kam es zum späteren Zeitpunkt nochmal auf, weil alles habe ich leider auch nicht mitbekommen.
https://berlinergazette.de/mercedes-bunz-wikileaks-wahrheit-hannah-arendt/
http://www.goethe.de/ins/ru/lp/kul/dur/dig/hac/de7844074.htm
http://www.goethe.de/ins/ru/lp/kul/dur/dig/hac/de7844074.htm
Auf diese Verantwortung hat Constanze Kurz in ihrem Keynote-Vortrag bei der Konferenz "Netz für alle" (http://www.rosalux.de/event/43986/netz-fuer-alle.html) gerade hingewiesen. Und sie hat gefordert, die netzpolitischen Meilensteine aus dem Deutschen in andere Sprachen (u.a. Russisch) zu übersetzen - eine Konsequenz ihres Beitrags auf der Moskauer Tagung.