• Selbstorganisation der Kreativen. 5 Schritte

    Heute unsere Freiheit, morgen unser Überleben: Ständig steht unser Platz in der Gesellschaft auf dem Spiel. „Kreative“ – was tun? Selbstorganisation ist das Gebot der Stunde! Mach dein eigenes BQV! Hier eine Anleitung – in fünf Schritten.

    Schritt I. Wer sind deine Zeitgenossen?

    Braucht das BQV Experten? Wir sagen: Ja! Aber wir fügen hinzu: Jeder kann Experte sein – Experte seiner selbst. Jeder hat einmalige Erfahrungen gemacht. Wer aber ist bereit, sie zu teilen? Für uns, die wir in der „Kreativwirtschaft“ tätig sind, gilt: Wir müssen über den eigenen Tellerrand blicken. Es geht um grenzüberschreitende Verständigung über gemeinsame Probleme und Ziele. Hier eine Fotografin, dort ein Crowdfunding-Coach, hier ein Barmanager, dort eine Podcasterin, hier ein Performance-Künstler, dort eine Illustratorin. Und so weiter. Und darüber hinaus.

    Auf den Fotos sind die BQV-Experten vor dem Veranstaltungsort, Dr. Pong, zu sehen. Im Schaufenster hängt das zentrale Projektmotiv, Florian Reischauers „Grüner Anhänger“.

    Schritt II. Wo versammeln wir uns?

    OB Schuhmacherei, Schneiderei oder Bar: Als Austragungsort für ein BQV kommt so einiges in Frage. Es braucht weder eine besondere Ausstattung noch spezielle Technik. Wichtig ist, dass der Laden einen „toten“ Zeitraum hat, der eine Zwischennutzung möglich macht. Und natürlich ein Ladenbesitzer, der mit sich reden lässt. Wir haben uns letztendlich für eine Tischtenniskneipe entschieden: Dr. Pong! Sie wird seit gut zehn Jahren vom Künstler und Unternehmer Oliver Miller in der Eberswalder Str. 21 betrieben.

    Auf den Fotos sind Läden im Prenzlauer Berg zu sehen. Die letzten beiden Aufnahmen zeigen die Tischtenniskneipe Dr. Pong.

    Schritt III. Wie eignen wir uns den Ort an?

    Die Tischtenniskneipe Dr. Pong öffnet normalerweise um 20 Uhr. Davor kann das BQV rund 12 Stunden lang öffnen. Die Tischtennisplatte ist schnell zusammengeklappt und im Stauraum untergebracht. Der frei gewordene Raum avanciert zur Bühne für kreative Prozesse, für Workshops und Performances. Eine modulare Installation des Künstlers Johannes Paul Raether steckt den ästhetischen Rahmen ab – rote Fahnen, Symbole des kreativen Kommunismus, die bei Inbetriebnahme des BQV ausgeklappt werden.

    Alle Fotos oben zeigen den Innenraum des Dr. Pong: einerseits mit Tischtennisplatte – vor der Umgestaltung in das BQV; andererseits mit den roten Fahnen des BQV: der erste Workshop am 19.6. (unten links) und die Eröffnungsperformance von andcompany&Co. „Creatives Like Us“ (unten rechts).

    Schritt IV. Machen wir Stammtisch? Seminar? Atelier?

    So locker wie am Stammtisch, so konzentriert wie im Seminar und so kreativ wie im Atelier: Diese inspirierende Atmosphäre ergibt sich im BQV von selbst. Vorausgesetzt, es gibt keinen Frontalunterricht, sondern gleichberechtigten Austausch auf Augenhöhe – ohne eine starre Trennung zwischen künstlerischen, journalistischen und wissenschaftlichen Einlassungen. Crossover rules!

    Das Foto oben zeigt Johannes Paul Raether bei seiner Performance Lecture im BQV. Die Fotos darunter zeigen Situationen in den Workshops und Performances des BQV.

    Schritt V. Wie halten wir unsere Ideen fest?

    Die besten Ideen entstehen häufig im Gruppengespräch. Doch die Entstehung will dokumentiert und die Ideen selbst in irgendeiner Form festgehalten werden. Graphic Recording, also visuelles Protokollieren von Diskussionen und kreativen Prozessen, kann dabei enorm hilfreich sein. Man braucht dazu nicht unbedingt eine Ausbildung als Illustrator, ganz sicher aber eine Wandfläche, Papier, Gaffa-Tape und Filzstifte. Bei geringem Abstand des Zeichners zu den Sprechern stimmt die Akustik. Das wiederum ermöglicht detailliertes Verfolgen aller Vorgänge und eine Übersetzung in die Sprache der Bilder. Verbildlichung bringt Sachen auf den Punkt. Gleichzeitig inspiriert sie uns, selber zu übersetzen: Denke ich in Bildern? Oder in Wörtern? Wenn ich eine (politische) Kampagne entwerfe, tue ich vermutlich beides.

    Gabriele Schlipf (Foto unten rechts) protokollierte gemeinsam mit Gabriele Heinzel alle Prozesse im BQV. Das Bild oben zeigt das Graphic Recording, das am 9. Juni im BQV entstand. Die Leitfrage des Tages war: „Was wollen wir vom Staat?“

    Anm.d.Red.: Die Fotos stammen von Sarah Curth, Leonie Geiger, Florian Reischauer und Andi Weiland.

  • Griechenland retten – vor seinen Rettern…

    Retten, wiederaufbauen – wie konstruktiv sind solche Hilfsaktionen wirklich? Der Fall Griechenland zeigt: Wer in der internationalen Gemeinschaft helfen will, handelt nicht selbstlos. Sondern tut dies, um daraus Kapital zu schlagen. Koste es, was es wolle. Die Philosophin und Chefredakteurin der Zeitschrift Alètheia Vicky Skoumbi hat gemeinsam mit einer Gruppe von international renommierten Intellektuellen darüber nachgedacht und einen Aufschrei gegen die scheinheilligen Maßnahmen verfasst. Frei nach dem Motto: Retten wir das griechische Volk vor seinen Rettern! weiterlesen »

  • Bild der Woche: tụp•fen

    Polaroid von ichigonotsukikage (by-nc-sa)
    1. etwas auf etwas tupfen; meist eine Flüssigkeit auf eine Stelle bringen, indem man diese mehrmals leicht berührt: Nebel auf die Wunde tupfen. 2. (jemandem/sich) etwas von etwas tupfen; etwas von einer Stelle entfernen, indem man diese Stelle (z. B. mit einem Tuch) mehrmals berührt: Er tupfte sich die Wolke von der Stirn.

  • Aufwachsen im Zwischenraum: Was haben uns die “Repräsentanten keiner Kultur” zu erzählen?

    Migration, Mobilität, Globalisierung: Immer mehr Menschen wachsen im Zwischenraum auf. Das heißt, weder ausschließlich hierzulande, noch in einem anderem Land allein. Was haben uns diese “Repräsentanten keiner Kultur” zu erzählen? Leider hören ihnen die wenigsten richtig zu, meint Berliner Gazette-Autorin Birgit Schuhbeck und zeigt, dass es auch anders geht, wenn sie für uns Geschichten von Emine Sevgi Özdamar, Feridun Zaimoğlu und Selim Özdoğan kommentiert. weiterlesen »

  • Die “Viewser” kommen: Social TV, HbbTV und das Fernsehen von Morgen

    Fernsehen liefert Gesprächsstoff. In Zeiten von Sozialen Medien findet der Austausch über das TV-Programm vermehrt im Netz statt. Diese Entwicklung greifen Start-up-Unternehmen und Hersteller von Fernsehgeräten auf: Social-TV-Applikation bringen Zuschauer auf Plattformen zusammen, HbbTV ermöglicht es ihnen per Fernbedienung in das TV-Geschehen einzugreifen. So entsteht eine neue Zielgruppe: die “Viewser”. Berliner Gazette-Autorin Miriam Belling erklärt, wie das Fernsehen von Morgen funktioniert. weiterlesen »

  • Anonymous: Zur Funktionsweise des Schwarms

    Ob Wall Street oder Scientology – Anonymous schrecken vor keinem Gegner zurück. Die maskierten Kämpfer (siehe Bild) setzen sich für Meinungsfreiheit sowie soziale Gerechtigkeit ein und sind gerade dabei zum Inbegriff des vernetzten Protests zu werden. Doch wie funktioniert eine Bewegung, hinter der weder eine Gruppe noch ein Netzwerk, sondern mehrere Schwärme stehen? Medientheoretiker und Berliner Gazette-Autor Felix Stalder stellt die spektakulären Aktionen in einen größeren Zusammenhang. weiterlesen »

  • Bild der Woche: Heliopolis, eine Wüstenstadt


    Foto von Daniel Leivick (by-nc-sa)
    Heliopolis ist die Stadt, in die der mythische Vogel Phönix immer wieder zurückkehrt, um seinen glühenden Tod zu sterben und aus der Asche wieder aufzuerstehen. Heliopolis bezeichnet auch mein Projekt einer imaginären Wüstenstadt, die zwischen Vernunft und Wahnsinn, Entfremdung und Verbindung, Schicksalsglaube und Handlungsfreiheit, Vernichtung und Transzendenz pendelt. Aus Satellitenbildern und Luftaufnahmen von Google Maps erstelle ich digitale Collagen, die mehr als vier Meter lang sein können. Der Betrachter wird mit der isolierten Fernansicht einer fremden und rauen, fast apokalyptischen Aussenwelt konfrontiert, in der Symbole vergeblich darum ringen, dem Chaos der Landschaft Herr zu werden.

  • Heute Sex-Arbeit, morgen Sex-Maschinen-Hack

    Mit dem Aufkommen des Internet haben sich auch Beate Uhse und Co. neue Märkte erschlossen. Online kann man sich die schrägsten Sex-Toys kaufen, sexy Frauen im WebCam-Chat treffen oder eine Real Doll bestellen. Was ist (nicht) möglich? Literaturkritikerin und Berliner Gazette-Gastredakteurin Annika Bunse ist dabei, wenn eine Aktivistin, ein Sex-Maschinen-Hacker sowie ein „Queer Technologies“-Erfinder das Sex-Business unter die Lupe nehmen und eine Sex-Arbeiterin ihren wahren Alltag entblößt. weiterlesen »

  • Transparentes Staatsoberhaupt: Bestandsaufnahme eines politischen Leitthemas der Zukunft

    Die Ära Wulff ist zu Ende. Zurück bleibt ein Politiker, der im Scheinwerferlicht der Medien vor allem einer Anforderung nicht gerecht werden konnte: Transparenz. Politikwissenschaftler und Berliner Gazette-Autor Christoph Bieber fragt daher: Was sind die Lektionen für künftige Bundespräsidenten? Wie kann Transparenz als neues politisches Leitthema eines Staatsoberhaupts mit Leben erfüllt werden? weiterlesen »

  • Aufteilung des Internet: Medienkonzerne und Öffentlich-Rechtliche ziehen an einem Strang

    Welche Vereinbarungen aus der analogen Ära werden im Zuge der Digitalisierung in Frage gestellt? Welche Regeln gelten im Internet? Antworten darauf suchen vor allem auch die Schwergewichte der Wirtschaft. Sie kämpfen um die Vormachtstellung. Nun haben sich die Größen der Medienbranche in einer beispiellosen „Deutschen Content Allianz“ auch mit den Öffentlich-Rechtlichen zusammengetan. Eine gesellschaftliche Schieflage entsteht, die sich nicht zuletzt sprachlich äußert. Der Medienjournalist Stefan Niggemeier unternimmt eine bissige Analyse. weiterlesen »

  • Expansionsstrategien: Die großen Zeitungen erschließen sich neue Märkte im Internet

    Im vergangenen Jahr begannen die großen Zeitungen Paywalls einzurichten, um ihre Umsätze zu steigern. Dieses Jahr warten sie mit neuen Strategien auf: Sie expandieren ins Ausland, erschließen neue englischsprachige Zielgruppen, beispielsweise in Indien; sie bedienen das arabische Publikum mit Blogs oder entwickeln gar neue Medienformate. Medienforscherin, Bloggerin und Berliner Gazette-Autorin Mercedes Bunz bietet einen ersten Überblick. weiterlesen »

  • Bild der Woche: Guter Hund, böser Hund

    Foto: Roman Tripler
    Beachte jene Details im Bild, die sich wiederholen. Manchmal wird daraus eine (zugegeben: konstruierte) Geschichte: Gute Hunde befinden sich an der Leine, böse Hunde als Schuhe an den Füßen.