Polen klauen Autos und Deutsche sind Nazis: Der Regisseur Jakob Ziemnicki zog früh mit seinen Eltern von Polen nach Deutschland und war seitdem mit deutsch-polnischen Missverständnissen, Absurditäten und Vorurteilen konfrontiert. Sein neuer Film “Polnische Ostern” startet heute in den Kinos. Berliner Gazette-Autorin Karolina Golimowska hat den Film gesehen.
Polnische Ostern erzählt die Geschichte des Bäckermeisters Werner Grabosch (Henry Hübchen), der nach dem Tod seiner Tochter um das Sorgerecht für seine einzige Enkelin kämpft. Doch die kleine Mathilda soll bei ihrem Vater in Polen aufwachsen.
Um eine Gefährdung des Kindes durch die “polnische Umgebung” zu beweisen, unternimmt Werner eine Reise nach Częstochowa, wo die Familie wohnt und erlebt dort einen heftigen Kulturschock. Bereits auf dem Weg wird er von einem komischen Duo angehalten: einem polnischen Polizisten und einem Priester. Er wäre zu langsam gefahren und hätte die Wahl, 400 Złoty zu zahlen oder mit dem Priester am Straßenrand zu beten. Er betet.
Der Film dreht sich um die Vorurteile, die die beiden Nationen gegenseitig hegen und führt sie ad absurdum: Werner benutzt in Polen immer eine Reifenkralle, weil er Angst um sein Auto hat (was am Ende auch tatsächlich geklaut wird). Mathildas polnischer Vater Tadeusz macht gute Mine zu jedem bösen Spiel und kriegt gar nichts auf die Reihe. Das neue Haus, das schon längst fertig sein sollte, hat noch nicht mal Fenster, und so wohnen alle “vorübergehend“ in der Wohnung von Tadeuszs Mutter Irena, gespielt von der wunderbaren Grażyna Szapołowska, in einer Plattenbausiedlung aus den 1980ern.
Irena nennt Werner immer “Kammrad“ und als er plötzlich unangekündigt vor der Wohnungstür steht, begrüßt sie ihn mit dem Satz: “Ahja, die Invasion der Deutschen geht weiter.“ Der Film bewegt sich mehr und mehr in Richtung schwarze Komödie. Die Umstände sind hart, es geht schließlich um ein kleines verwirrtes Mädchen, das rauszufinden versucht, ob es einen Himmel gibt und ob es einen Herrn Jesus wirklich gab. Oder ob das mal wieder so eine Geschichte war, wie die mit dem Weihnachtsmann.
Eine Komödie ohne befreiendes Lachen
Die ständigen Konfrontationen und Missverständnisse zwischen dem verzweifelten Opa aus Deutschland und der “verrückten“ Familie aus Polen sind tragisch und komisch zugleich. Doch so “nett” der Film auch daherkommt, das ganze “plötzliche Erwachen“ Werners wurde mir irgendwann zuviel.
Nachdem er als ungebetener Gast herzlich in die kleine Wohnung aufgenommen wird, niemandem richtig vertraut und fast nie lächelt, wird er zu einem anderen Menschen: Er beginnt, die Familie zu schätzen und zu mögen, fängt eine Romanze mit Irena an und trinkt Wodka pur. Am Ende entdeckt er sogar Gott für sich. Viel zu symbolisch aufgeladen und unglaubwürdig – und dann leider auch nicht mehr witzig.
Enttäuschend, weil das Ende des Films keine Fragen offen lässt (Der “deutsche” Opa wird “polnisch”, Ende gut, alles gut) und auch kein befreiendes Lachen über die vorurteilsbeladenen deutsch-polnischen Beziehungen zulässt.
Anmerkung der Redaktion: Den Soundtrack zu “Polnische Ostern” (Regie: Jakob Ziemnicki) komponierte und produzierte der Musiker und Berliner Gazette-Autor Dirk Dresselhaus (a.k.a. Schneider TM).
10 Kommentare zu
"fängt eine Romanze mit Irena an und trinkt Wodka pur."