Der ehemalige Bundesbanker und Hobby-Eugeniker Thilo Sarrazin mag es, über die Vererbung von Intelligenz und Dummheit zu schwadronieren. Aber vielleicht ist er selbst ja nur das Opfer seiner unsauberen genetischen Anlagen geworden? Fragt sich Berliner Gazette-Autor Wolfgang Müller.
Sebastian Haffner hat wie kaum ein anderer beschrieben, wie die Naziideologie in die “Normalwelt” allmählich eindrang und trotz anfänglicher Abwehr schließlich immer mehr als “normal” akzeptiert wurde.
Die Künstlerin Valeska Gert schildert in einem Dokumentarfilm von Volker Schlöndorff aus dem Jahr 1977 solch einen Stimmungswandel. “Im Jahr 1933 gab es ja einen Einschnitt…”, sagt Schlöndorff und Valeska Gert wirft ein: “Nein, schon Jahre vor 1933 verstärkte sich die antisemitische Stimmung.”
Indiskutabler Müll
Der Antisemitismus ist heute nach wie vor existent. Doch zusätzlich kocht nun eine antiislamische Stimmung auf – passend zur Bankenkrise. Thilo Sarrazzin ist einer der Vertreter, die Wörter wie “muslimische Obsthändler” und “Kopftuchmädchen” in klar abwertender Absicht verwenden.
“Kalt duschen” sollten Hartz4-Empfänger laut dem SPD-Politiker, während sein Parteifreund Buschkowsky von Straßen in Neukölln phantasiert, in die sich angeblich kein Deutscher mehr trauen würde.
Sarrazzin redet von der geschwächten Intelligenz der Muslime durch Inzucht, von “Juden-Genen” und einer 15 Prozent höheren Intelligenz. Dass so ein Unsinn überhaupt ernsthaft in Politik-Talkshows diskutiert wird und solch rassistischer Müll eine “Integrationsdebatte” anstoßen soll, ist unfassbar.
Das Bänker-Gen?
Wer, zum Teufel, wollte eigentlich 400 Milliarden Euro vom Bürger haben? Waren das etwa muslimische Obsthändler oder doch eher urdeutsche, christliche Bankmanager? Sollten die Bänker nicht auch mal auf ihren Intelligenzzustand untersucht werden, nach all ihren kriminellen Machenschaften? Kollektiv natürlich, Sarrazzin inklusive.
Vielleicht entdecken die Forscher in der Auswertung dann ein bizarres, mutiertes Bänker-Gen. Der Spiegel könnte einen Grafiker beauftragen eine schöne Zeichnung davon zu machen. So wie einst beim SARS-Virus.
Genau wie Thilo Sarrazin (und Bernhard Buffet) schmückte es ein ganzes SPIEGEL-Cover. Allerdings entpuppte sich das Todesvirus als völliger Quatsch, kein einziger Mensch erkrankte oder starb gar an SARS.
Der kleine Unterschied
Das hoffe ich bei dieser “Integrationsdebatte” natürlich auch. Der ganze braune Müll, der da hochkommt, ist unerträglich. Aber einen deutlichen Unterschied zu den 1930ern gibt es: Damals sagten Rassisten erst ab 1945 sie seien nie welche gewesen.
Heute sagen sie es schon vorher: “Ich bin kein Rassist, aber man wird doch wohl noch sagen dürfen…”
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