Patrick Swayze in adretter Konfoederationsuniform, Rhett Butler und Scarlett O’Hara auf der Flucht aus dem brennenden Atlanta, Jude Law als Deserteur aus Liebe. Derartige Bilder konstituieren unsere Vorstellung vom amerikanischen Buergerkrieg.
Die wirkliche Welt wird zunehmend durch die von Medien simulierte verdraengt. Hyperrealitaet
nennt Baudrillard das. Bilder erhalten so eine ganz neue, ja unheimliche Macht. Wer sie beherrscht, beherrscht uns. Medien bestimmen, was wir ueber Globalisierung, Klimawandel und G8-Gipfel denken. Beruhigend wenigstens, dass die >Mainstream-Medien< alle die gleichen Bilder zeigen, oder beunruhigend?
Scheinbar existiert nur eine Wahrheit, tatsaechlich jedoch finden sich im Netz auf Seiten wie Indymedia, Kein-TV, Videoactivism, G8-TV noch andere Bilder, eine andere Version der Wahrheit. Die Blogs Heiligendamm
der NGBK boten parallel zum G8-Gipfel allabendlich eine alternative Bilderschau, bestehend aus ausgesuchten Beitraegen dieser Seiten. Den Anfang machte jeden Tag die Nachrichtensendung von G8-TV. Ein Studio voller Pappschilder, auf denen communication of protest
, subversive sting
und awareness
steht. Zwei bilinguale Moderatoren in T-Shirts mit der Aufschrift Presenter
, ein Technikmann mit Sturmmaske, Kleiderordnung schwarz. Berichte vom Tag in Rostock, Hintergrundreportagen, Interviews.
Alles niedlich amateurhaft und ungemein engagiert – sympathisch wie die Schulauffuehrung der eigenen Kinder. Danach werden Clips global vernetzter Videoaktivisten gezeigt, taeglich zu einem anderen Schwerpunkt, wie z.B. Migration oder Copyright. Natuerlich soll und darf man nicht alles glauben, was die sogenannten unabhaengigen
, de facto aber ideologisch stark vorbelasteten Aktivisten
der Alternativmedien so behaupten – dass muss aber in gleichem Mass fuer die Mainstream-Medien
gelten. Wichtig ist, dass es diese anderen Bilder ueberhaupt gibt, dass die Menschen dahinter erkannt haben, wie sehr unsere heutige Wirklichkeit auf Bildern beruht.
16 Kommentare zu
habe deinen artikel gerne gelesen, freue mich immer wenn ich das gefühl habe, jemand ist gut informiert.
Immer mehr drängt sich mir bei Beschauen der Filme der Verdacht auf, sie fungieren "nur" als Beweismittel für nicht geführte Verfahren vor einem imaginären Gericht.
Baudrillard hat anläßlich des Todes von Andreas Baader in Stammheim vermutet, da so viele Fehler begangen worden sind, dass eben diese genau aus dem Grund gemacht worden seien, damit man sich nicht mit Baader auseinandersetzt (oder dem Terrorismus selbst) sondern mit dem Umgang mit ihm und mit den Ungewissheiten um das Faktum "Tod Baaders" - (er schreibt "die Wahrheit über den Tod Baaders ... nicht Baaders Tod selbst" erregt die Gemüter.
Und noch die Ablenkung, auf die Ablenkung selbst hinzuweisen, ist problematisch.
Wann weiß man, dass man genug weiß? Oder muss man das gar nicht erst wissen? Ich hätte eher die Hoffnung, man müsse sich dem entziehen und den Kopf ganz woanders hereinstecken - um ihn an der anderen Stelle herausziehen zu können. Mehr weiß ich momentan jedenfalls auch nicht.
Tobias, aber was ist denn das große Ereignis, welchem "ich" so hilflos ausgesetzt bin? Die genannten Beispiele sind ja Beispiele dafür, dass sich etwas dadurch geändert hat, /wie/ man etwas neu beobachtet hat. Da waren /die Tatsachen/ vorher schon. Und sie waren nicht da, weil man sie nicht sah.
Jetzt, da man alles sehen könnte, wird man blind. Das Rauschen. Mit dem Kopf in den Sand stecken, da meine ich nicht ein den Kopf-in-den-Sand-stecken sondern ein ein sich-abwenden zumindest von dem Gesellschaftsspiel, welches einem aufgedrückt wird. Und zwar nicht aus Gründen des Abwendens sondern der Eröffnung einer anderen Partie, oder der Übernahme von Partien, deren Ausgang weniger feststeht.
Ist das nicht nur die an sich typische Sicht der "Ersten Welt"? Ist nicht sozusagen G8 zuallererst in "uns" Wohlbehüteten und Wohlbegüteterten?
Wenn ich mal so pädagogisch fragen darf?