Es war da aber irgend etwas, das den Sammler an Melissa festhielt; selbst nach dem für ihn ziemlich teuren Prozeß, etwa ein Jahr später, tauchte der Mann wieder bei uns auf. Melissa brachte ihn abends zum Essen heim. Das schien Senftmut anfangs ein wenig peinlich zu sein, es gab ja wirklich keinen Grund, sich als Freund des Hauses zu betrachten – außer einem, der eben n i c h t, jedenfalls nicht mir gegenüber, sehr freundlich ist und sicherlich jeden anderen als mich tatsächlich in eine schwierige Situation gebracht hätte. Senftmut konnte schwerlich wissen, daß ich jedes neue Spielzeug Melissas eigentlich begrüßte, weil es m i r Luft verschaffte. Daß Melissa immer ein Objekt wenn nicht gerade männlicher Begierden, so doch zumindest deutlicher Verehrung war, wußte ich ohnedies von unserem ganzen Anfang an. Meist freilich waren diese Männer so scheu, wie es >>>> Reichenbach alias Amiel heute morgen erzählt hat. Der übrigens auch zu Melissas Verehrern gehörte und vielleicht noch immer gehört. Ich habe Informationen, denen zufolge sich die beiden immer mal wieder in Frankreich treffen, bei Laon, wo mein Übersetzer Prunier lebt. Aber ich trau mich nicht recht, Melissa drauf anzusprechen. Egal. Jedenfalls stand Senftmut plötzlich bei uns neben Melissa in der Tür.
Er ist ein kleiner Mann, auffällig klein, aber ebenso auffällig beweglich, geradezu geladen. Während meine dunkle Frau ja sehr ruhig ist immer, wie ein stehendes, pulsendes Energiefeld, um das herum wir anderen mehr oder minder langsam kreisen. Nur sind unsere Umlaufbahnen durchaus nicht stabil, manchmal löst sich einer von uns und fällt in Melissa hinein. Dann gibt es – aber selten, denn meist wird man nur geschluckt – einen kurzen Entladungsblitz in ihren Augen. Es ist mir lieber, jemandem anderes geschieht das, als wenn ich selbst verglühte.
Ich hatte gekocht, wie zu Abend immer, und ich koche immer zuviel, es bleiben stets Reste. So daß schon von daher der unvorhergesehene Besuch kein Problem war. Wir setzten uns zu Tisch. Das war noch in der Zeit vor unserer Tochter, vierfünf Jahre liegt der Vorfall zurück. Senftmut wirkte nervös, und ich war es, nahm mich allerdings zusammen. Melissa kann sehr ausfällig werden, wenn es um ihre Autonomie geht, zu der eben auch die völlig freie Wahl ihrer Liebhaber gehört. Deshalb beobachtete ich nur. Senftmut hatte ganz sicher keine Ahnung, wie sehr er bereits Opfer war. Im Gegenteil ließen mich die Blicke, die er mir bisweilen zuwarf – deutlich waren sie von dem hochmütigen Erbarmen eines Siegers mit dem Besiegten durchwirkt -, seine völlige Ahnungslosigkeit erkennen, wer Melissa eigentlich war. Das bekam er erst mit, als sie, kaum hatte ich die Spaghetti aufgelegt, zu mir hochsah und ganz nebenbei bemerkte: „Weißt du, Herr Senftmut möchte nämlich gern mit mir schlafen.“ „Ach ja?“ fragte ich, sah dann ihn an, fragte nach: „Stimmt das?“
Er war derart hilflos, rutschte sozusagen auf all seinen Millionen, die ihm solche Sicherheit gaben, aus und momentlang wie in Treibsand in sie hinein. So daß der Abend dann doch noch vergnüglich wurde. Für meine Frau und mich, weniger für ihn, der ihr dennoch über die folgenden Wochen genau wie das Hündchen folgte, zu dem sie ihn machte.
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