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Aufwind für unsere Lieblinge

10. August 2013

Der Buchhandel in Österreich ist im Aufwind.

Ich habe ein paar KollegInnen gebeten mir zu helfen um eine Liste ihrer Lieblingsbuchhandlungen anzulegen. Buchhandlungen, in denen man SchriftstellerInnen antreffen könnte, quasi. In absolut willkürlicher Reihung.

 

http://phil.info/ (Wien)

http://www.literaturbuffet.com/ (Wien)

http://www.hartliebs.at/viewer/start.php (Wien)

http://www.tiempo.at/ (Wien)

Morawa (Wien)

http://www.buchhandlung-frick.at/frick_am_graben.php (Wien)

http://www.buchhandlung-schubert.at/ (St. Pölten, Niederösterreich)

http://www.deralex.at/ (Linz, Oberösterreich)

http://www.heyn.at/home (Klagenfurt, Kärnten)

http://www.buechersegler.at/pages/buchladen/ (Graz)

Bücherstube (Graz)

Thalia

 

Ich bitte um Kommentare und Nachrichten um diese Liste zu ergänzen.

 

Fragen kostet nichts

28. Juli 2013

Liebe Schreibende,

ich weiß, in unserem Kulturkreis spricht man allgemein nicht gerne über Geld (außer über jenes, das andere unserer Meinung nach zu viel haben) – ich tue das jetzt einfach einmal trotzdem, denn man hat schon am Beispiel Sexualität/Verhütung sehen können, welcher Irrglaube sich verbreitet, wenn niemand bereit ist darüber zu reden.

Das ist ein Brief an jene unter euch, die glauben, dass Agenturen Vorschüsse und Verlage Zuschüsse verlangen und diese “Fakten” an andere Schreibende weiterverbreiten und an jene, denen so etwas eventuell schon erzählt wurde. (Denn solche kommen mir in letzter Zeit vermehrt unter.) Die Wahrheit ist: Agenturen und Verlage verlangen von euch kein Geld im Voraus, ein Verlag verlangt sogar NIEMALS Geld von euch, das machen nur Abzocker und Menschen, die es vielleicht ganz gut meinen, aber irgendwie doch keine Ahnung haben.

Eine Agentur arbeitet auf Erfolgshonorarbasis, d.h. sie bekommt einen Prozentsatz des Geldes, das euer Verlag – an den sie euch vorher vermittelt hat – an euch auszahlt, üblicherweise um die 15 Prozent. Das wiederum bedeutet, dass sie auch kein Geld bekommt, sollte sie euch nicht vermitteln können, was dazu führen müsste, dass Agenturen nur Manuskripte annehmen, bei denen sie auch eine Chance auf Vermittlung sehen, ansonsten machen sie sehr viel unbezahlte Arbeit. Und das Schöne an diesem System: Eure Agentur hat GROSSES Interesse daran euer Manuskript gut zu vermitteln und für euch ein angemessenes Honorar auszuhandeln.

Ein Verlag finanziert die Veröffentlichung eures Buches, weil er der Überzeugung ist, mit eurem Manuskript mindestens kostendeckend arbeiten zu können, und bezahlt den euch zustehenden Anteil nach Veröffentlichung einmal im Jahr zusammen mit einer schriftlichen Abrechnung an euch aus. Das heißt, der Verlag hat GROSSES Interesse daran euer Buch gut zu verkaufen, sonst macht er Verlust.

Einmal kurz nachgedacht: Warum sollte jemand, der schon im Voraus Geld bekommen, und sich dabei zu wenig bis nichts verpflichtet hat, außer eben euren Text ein paar Mal per E-Mail zu verschicken, oder eben euren Text, so wie er ist, billig zwischen Buchdeckel zu drucken, ja warum sollte so jemand noch viel für sein Geld arbeiten wollen?

Merkzettel:

Agentur -> Erfolgshonorar nach Vermittlung (auf Basis der Auszahlungen des Verlages)

Verlag -> zahlt euch euren Anteil einmal jährlich aus (auf Basis der vereinbarten Prozente am Verkaufspreis)

Im Zweifelsfall den Vertrag von eurer Interessensvertretung (in Österreich der IG Autorinnen Autoren) prüfen lassen und andere bei Agentur/Verlag gelistete Schreibende nach ihren Erfahrungen befragen.

Viel Glück.

Klagenfurter Notizen, die Tage der deutschsprachigen Literatur 2013, Rahmenprogramm

8. Juli 2013

Achtung, es folgt exzessives Namedropping.

Die lustigsten Dinge stehen natürlich nicht im Notizbuch, im Lachen fällt mir das Notieren so schwer.

Frage am Eröffnungsabend Ijoma Mangold nach der Farbe seiner legendären Badehose und hoffe nachträglich, dass er das nicht allzu befremdlich fand.

Zu lange mit Nadine Kegele geredet, zu spät in das Studio gegangen, meinen eigentlich reservierten Platz nicht mehr bekommen.

Michael Köhlmeier ist bei seiner Eröffnungsrede im Fernsehausschnitt ganz in Weiß und deshalb eine durchaus überirdische Erscheinung. Er liest uns eine Fauser-Messe und MRR rückwirkend ein bisschen die Leviten. Leicht verbissene „Jetzt erst Recht“-Stimmung allgemein und mehr Anwesende als im Vorjahr.

Thomas Klupp und ich schleichen lächelnd umeinander herum, weil wir beide denken, wir hätten da jemanden erkannt, und uns nicht sicher sind. Ich hole eine Flasche Frizzante von der Bar und teile mit Julya Rabinowich und Co.

Heimkommen: 2 Uhr morgens.

Aufstehen: 8 Uhr früh.

Donnerstagmorgen: Jo Lendle nimmt den Tisch als Teller und erklärt mir: Brunch ist Brunch. Im Schriftstelleratelier haben sich 10-15 geladene Gäste zum Stadtschreiberinnenbrunch eingefunden, Julya Rabinowich (die das Brot bringen sollte) hat etwas verschlafen.

Donnerstagabend: Bürgermeisterempfang. Das Buffet ist gut, das muss bleiben. Ein gewisser Herr Unseld stellt sich mir vor. Ich sinke dieses Jahr nicht im Rasen ein, überhaupt tragen auffallend viele Damen für diesen Abend flaches Schuhwerk. Ich lerne Tiffy kennen, Hund der Herzen.

Heimkommen: 2 Uhr morgens.

Aufstehen: 8 Uhr früh.

Freitag: Wir entwickeln Ideen für den Fortbestand des Bachmann-Preises, zum Beispiel System Titelverteidigung: Gewinner oder Gewinnerin muss nächstes Jahr erneut antreten. (Eventuell mit Wanderpokal.)

Meine Muffins schaffen es bis in den Artikel der “Kleinen Zeitung” über den ersten Lesetag.

Michaela Monschein wird inoffiziell mit einem kleinen Sektempfang verabschiedet, organisiert von Angela Leinen.Ich schlage Thomas Keul (Volltext) vor, doch die Quizfragen des Bachmann-Song-Contestes, soweit möglich, abzudrucken. Um 1 Uhr morgens fand er die Idee noch gut, hoffe er weiß das noch.

Heimkommen: 3 Uhr morgens.

Aufstehen: 8:30 Uhr früh.

Samstagnachmittag: Clemens Setz muss auf Kathrin Passigs Gepäckträger mit zum See, keine Widerrede. Sieg in der Kategorie Stein (und Style) beim Bachmann-Wettschwimmen, ex aequo mit Autor Martin Fritz. Auf einem Hello Kitty – Mini – Schlauchboot. Ich glaube ja, Martin ist nicht so schnell geschwommen, wie er gekonnt hätte. Danke, Martin. Nun gibt es Befürchtungen, Bilder davon könnten in der ORF Sendung „Kulturmontag“ auftauchen.

Ijoma Mangold gefragt, ob er Dreadlocks haben möchte – er verneint. (Und weiß nicht, was „das da“ auf meinem Kopf eigentlich ist. Weil er mit einem Gummidelphin schwimmen ging, verzeihe ich ihm das.)

Samstagabend: Sieg beim Bachmann-Song-Contest, mit dem Team „Flöte aktuell“, bestehend aus: Kathrin Passig (Bachmannpreisgewinnerin), Wolfgang Tischer (literaturcafe.de), Alberto Balsam aka @mitnichten auf Twitter (der Denis Scheck von morgen), Martin Fritz (Autor von Texten über Eichhörnchen und Goldhendl, FM4 Wortlaut Gewinner 2009), Tim R. Zazzara (FM4 Wortlaut Gewinner 2012), Telefonjoker Evelyn Steinthaler (Milena Verlag) und mir. Wir gewinnen eine Melone und zum Glück keine der japanischen Klo-Hosen. Die Melone muss ein Blitzlichtgewitter über sich ergehen lassen und findet sich schnell auf Twitter wieder.

Herr Wrabetz (ORF, Beinahe-TDDL-Abschaffer) taucht in Begleitung der Jurymitglieder am Lendhafen auf und beteiligt sich an der #bbleibt-Aktion. Zuerst vermuten wir einen zu hohen Alkoholisierungsgrad bei ihm oder bei uns, aber es ist wahr.

Daniela Strigl besucht zum allerersten Mal das Theatercafe und trifft auf Vroni. Es gibt keinen Riss im Universum, kein Messias erscheint, die Welt geht nicht unter. Wir sind alle ein bisschen enttäuscht, sagen aber nichts.

Spricht Tex Rubinowitz mit der Theatercafe Vroni, strahlt sie kurz, und sieht ganz aus wie Maria Hofstätter.

Heimkommen: 2:30 Uhr morgens.

Aufstehen: 9 Uhr früh.

Sonntag: Ich bin eine literarische Wahrsagekugel und zum Umfallen müde. Die TDDL wurden auf 5 Kontinenten in 60 Ländern verfolgt und die Petition für ihr Bleiben haben ungefähr 6000 Menschen auf Facebook unterstützt. Herr Spinnen grüßt in der Abschlussrede seine Mutti.

Fazit Kathrin Passig: Die lustigsten TDDL seit Jahren.

Cordula Simon droht an, mir doch noch das Wodkatrinken beizubringen. Tiffy umtanzt Burkhard Spinnen, als hätte er die Taschen voll Hundekuchen.

Ich denke mir, dass es von außen natürlich so aussehen muss, als wäre der Literaturbetrieb eine Vettern- und Cousinenwirtschaft, in der jede jeden kennt, nur lässt es sich bei Veranstaltungen wie dieser eben nur mit äußerster Asozialität vermeiden ein paar Leute kennen zu lernen. Sieben Jahre, dann kennst du alle, sagt mir die Pressedame meines Verlages.

Beim Abfahren beginnen wir die Tage bis zum nächsten Mal zu zählen.

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Klagenfurter Notizen, Juni 2013

4. Juli 2013

5. Juni

Vorbereitende Überlegungen zu den TDDL:

Heute ist ein vernichtendes Urteil über einen Text oft auch ein Urteil über den Verlag, der den Autor oder die Autorin empfohlen hat – im Rahmen ihrer Empfehlung lektorieren viele Häuser die eingesandten Texte, man bekommt also ein bereits bearbeitetes Stück vorgelegt, oft schon alleine deshalb, weil die zugehörigen Bücher kurz darauf erscheinen. Sollte nun in der Jury die Bemerkung fallen, der Text gehöre aber noch überarbeitet, so ist das gleichzeitig die Aussage, dass das Lektorat nichts taugt – sonst hätten die Mängel doch bereits behoben sein sollen.

 

12. Juni

Lesung am Ingeborg-Bachmann-Gymnasium. Wenn ich die nette Lehrerin richtig verstanden habe, haben die noch netteren Schülerinnen nach dem Sichten meines TDDL-Lese-Videos einer gewissen Jurorin vom Vorjahr gegenüber eine leichte Abneigung entwickelt, ganz nach dem Motto „Corinna, wir wissen wo dein Auto stand“. Ungestüme Jugend. Wunderbare Fans. Ich bitte trotzdem allen Juroren und Jurorinnen und deren materiellen Besitztümern gegenüber nicht handgreiflich zu werden, egal wie sehr die eigene Meinung von der öffentlich vertretenen der jeweiligen Person abweicht. Wir können über alles reden.

 

?. Juni

Einen Albtraum gehabt. Davon geträumt, dass „Was gibt es Neues?“ mit einer Sondersendung in die TDDL integriert wurde. Die Komiker-Besetzung darf zwischen den Kritiken raten, worum es in dem AutorInnenvideo/Text eigentlich ging. Wer etwas errät, bekommt Buchgeschenke. Das Ding der Woche kommt aus dem Musil-Museum.

 

26. Juni

Mir gegenüber wurde eine ansehnliche Zahl Mitglieder der schreibenden Zunft als Gäste außer Konkurrenz während mindestens einem der Tage der deutschsprachigen Literatur 2013 angekündigt. Das könnte also eine gute Gelegenheit sein, sich einen guten Teil seiner Bibliothek signieren zu lassen.

 

27. Juni

Rat von Karsten Krampitz: Lass dich in Klagenfurt mit niemandem fotografieren. Mit NIEMANDEM!

(Vielleicht hat einer seiner ehemaligen Verlage die fehlende Foto-Willigkeit gemeint, als man dem Autor mitteilte, er wäre nicht mehr vermarktbar. Und ich dachte, es ginge wenigstens noch darum, ob die Texte vermarktbar sind oder nicht.)

 

28. Juni

Es gibt das Gerücht, die neue Stadtschreiberin würde nicht trinken.

 

29. Juni

Während einer Theateraufführung beinahe von einem Erdapfel bewusstlos geschlagen.

 

 

Überflogen – Eindrücke aus „Klagenfurter Texte“  1980-2000, Teil 2

 

TDDL 1984:

Der Band von 1984 fühlt sich an, als hätte ihn noch nie jemand aufgeschlagen.

Die drei HauptpreisträgerInnen von 1984 waren  Erica Predetti, Renate Schostack, Wolfgang Hegewald. Stipendien haben Helen Meier und Thomas Strittmatter erhaltten.

Bekannten Namen – für mich – auf der AutorInnenliste sind: Josef Haslinger, Michael Köhlmeier

In einem Artikel zum achten Wettbewerb heißt es: „Der …. Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis der Stadt Klagenfurt würde wohl erst überflüssig werden, wenn er sich als Institution nicht mehr zu behaupten hätte, als Tradition unangreifbar wäre. (FAZ, 1984)“ Ein Omen für 2014?

 

TDDL 1985:

Die drei HauptpreisträgerInnen waren Hermann Burger, Birgit Kempker, Ginka Steinwach, Stipendien gingen an Lilian Faschinger und Dante Andrea Franzetti.

Mir bekannte Namen auf der AutoInnenliste: Lilian Faschinger, Gert Heidenreich (der, der mir einmal als der Exmann von Elke Heidenreich vorgestellt wurde?), Waltraud Anna Migutsch(das „Waltraud“ ist mir neu)

Schon im neunten Jahr macht sich bei manchen Langeweile breit. In  Artikeln wird das Scheitern der Teilnehmerinnen am richtigen Satzbau und ganz allgemein der Rechtschreibung bemängelt.  Man spricht von einer neuen professionellen Gelassenheit, von der man noch nicht weiß, ob man sie für gut befinden soll.

 

TDDL 1986:

Jubiläum! 10 Jahre Bachmannpreis.

Die HauptpreisträgerInnen dieses Jahres:  Katja Lange-Müller, Ingrid Puganigg, Jochen Beyse, Zsuzsanna Gahse

Stipendien an: Daniel Grolle und Arnulf Ploder

Bekannten Namen auf der AutorInnenliste: Friederike Kretzen, Katja Lange-Müller, Walter Vogll

Wann wurden eigentlich die Werbeseiten in Bücher abgeschafft? (Außer jenen mit der verlagseigenen Werbung, die noch öfters zu finden ist.) Die Jurymitglieder werden ihrer Tätigkeit langsam müde und kündigen teilweise ihren Rückzug an. Marcel Reich-Ranicki meint, der Wettbewerb hätte vor allem die Aufgabe den „Weg zum Erfolg abzukürzen“.

 

TDDL 1987:

Die drei HauptpreisträgerInnen:  Uwe Saeger, Werner Fritsch, Irina Liebmann

Stipendium an: Anna Laghoff

Bekannten Namen auf der AutorInnenliste: Urs Allemann, Friedrich Hahn, Paulus Hochgatterer

Langsam habe ich den Verdacht, man darf in Klagenfurt kein offizieller Preisträger werden, um später erfolgreich zu sein, zumindest in Österreich (Haslinger, Köhlmeier, Hochgatterer). Ebenfalls auffällig: Die Anzahl, Sponsoren und Art der Preise variieren teilweise von Jahr zu Jahr, je nachdem, wer wohl gerade Geld übrig hatte.

Klagenfurter Notizen, Mai 2013

15. Juni 2013

 

20130506_1717568. Mai, Tag der „Antrittslesung“. Gedanke beim Beantworten der Publikumsfragen:

Ich fände es verständlich, würden die Klagenfurter und Klagenfurterinnen bei der Publikumspreisfrage so abstimmen, dass sie sich vom Ergebnis – dem oder der StadtschreiberIn im nächsten Jahr – den größten Unterhaltungswert versprechen.

23. Mai, angenommene Herausforderung:

In FlipFlops und Sommerkleid, mit der vollgepackten Ledertasche – Laptop, Buch, Notizbuch – am Gepäckträger, auf meinem etwas quietschenden, unrund laufenden Stadtrad den Wörthersee umrundet. Jetzt schleift die Bremse hinten.

25. Mai, Kulturveranstaltungen:

Bei einer Samstagsvormittagsveranstaltung im Stadttheater, unter anderem mit Josef Winkler, macht dieser eine wunderbare Aussage: “Sätze passieren irgendwie.” Recht hat er. Wenn mich bei der nächsten Schullesung mal wieder jemand fragt, wie das geht, mit dem Schreiben, sage ich: Passiert halt.

26. Mai, Lesung Maja Haderlap:

Frau Haderlap liest einige Gedichte zweisprachig. In der Pause möchte ich gerne ein typisches Handyfoto von der Kaiserbüste im Foyer und mir machen. Jedoch: Kein unbeobachteter Moment.

29. Mai, Langeweile, abends:

Im Schriftstelleratelier versammeln sich alle Bände der „Klagenfurter Texte“ von 1980 bis heute. Zum Spaß habe ich Burkhard Spinnens Wettbewerbsbeitrag nachgeschlagen und  war am Ende, muss ich gestehen, nicht so beeindruckt. Fakt von Interesse: Seine Hauptfigur hat einen Hund namens Asta, der in ein paar Szenen mitspielen darf und ein richtiger Hund ist. (Insiderwitz.) Seine Frau, die Ursel, darf dafür in Dialogen nur so vorkommen:  …“, sagt die Frau.

Wenn man nichts zu tun hat, kann man alle Möbel im Atelier umstellen, nur um am Ende wieder bei der Startaufstellung anzugelangen. Oder eben alle Bände der „Klagenfurter Texte“ lesen. Da ich nichts vom Tischerücken halte, werde ich nun, sofern gerade nichts aufzuschreiben ist, die alten Anthologien durchblättern.

 

 

Überflogen – Eindrücke aus „Klagenfurter Texte“  1980-2000, Teil 1

 

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[Anmerkung: In den Jahren des Preises, in denen die DDR noch existierte, kam es oft dazu, dass eingeladene AutorInnen keine Ausreisegenehmigung erhielten, darum variiert die Zahl der Teilnehmenden.]

 

TDDL 1980:

Die drei PreisträgerInnen sind Sten Nadolny, Anna Jonas und Ingrid Puganigg.

Der Wettbewerb findet zum vierten Mal statt. Von allen AutorInnen, die in diesem Jahrgang gelesen haben, sind mir namentlich bekannt: Bodo Kirchhoff (denke ich) und Christine Haidegger (denke ich). Die AutorInnen unterzeichnen einstimmig eine Petition zur Abschaffung des Preises in seiner Art und Aufteilung des Preisgeldes als Honorar an alle Lesenden. Die Medien finden es irgendwie bedenklich, dass keine(r) der PreisträgerInnen unter 30 ist. Die AutorInnen wünschen sich außerdem Lesungen und Diskussionen im Rahmenprogramm. (Ernsthaft, nach 24 Lesungen und Kritikrunden noch mehr Lesungen und Diskussionen?)

 

TDDL 1981:

Die drei PreisträgerInnen sind Urs Jaeggi, Eva Demski und Dominik Brun.

28 AutorInnen kommen, von der Namensliste sind mir bekannt: Ilma Rakusa und Elfriede Czurda. Man freut sich allgemein, dass die Tristesse in den Texten abzuklingen scheint. (Zu früh gefreut, möchte ich sagen, im Hinblick auf das was an Tristesse noch kommen sollte in der deutschsprachigen Literatur.) Es gibt keine Resolutionen oder Skandale, die Teilnehmenden pflegen ein kollegiales Verhältnis. Angst vor dem Aussterben des Humors in Klagenfurt (in den Texten, versteht sich). Detail am Rande: Der Preisträger verwendete in seinem Text das Wort „Negermaske“.

 

TDDL 1982:

Die drei HauptpreisträgerInnen sind Jürg Amann, Brigitta Arens und Einar Schleef. Je ein Stipendium gestiftet von den Verlegern erhielten Ulla Berkéwicz (Die Ulla? Habe ich gedacht.) und Walter Vogel.

Von den eingeladenen 28 AutorInnen kenne ich namentlich:  Ulla Berkéwicz (aber nicht als Autorin), Walter Vogel (vielleicht?). Zitat aus einem Nachbericht der FAZ: „ In den dreieinhalb Tagen war die Zahl der indiskutablen Beiträge für alle Anwesenden bei noch so großer Geduld eine ziemliche Zumutung.“ Detail am Rande: Die Ausgabe der „Klagenfurter Texte“ hat einige fehlerhafte, d.h. unbedruckte Seiten.

 

TDDL 1983:

Die drei HauptpreisträgerInnen sind: Friederike Roth, Gerhard Köpf und Uwe Herms. Die beiden Stipendien erhalten Wolfgang Linder und Bodo Morshäuser.

Die mir bekannten Namen auf der AutorInnenliste sind: Rainald Goetz und Alban Nikolai Herbst. Das ist das Jahr des Goetz-Skandals. In den Medienresonanzen wird festgehalten, ein Zuschauer wäre im Saal ohnmächtig niedergesunken – wegen des Goetz-Blutes, nicht wegen der Qualität der Texte. Die Jury ignoriert die Provokation weitgehend. Dieser Vorfall jährt sich heuer zum 20. Mal, und immer noch wartet der Literaturbetrieb auf etwas ähnlich Aufregendes, abseits von der Literatur. Bemerkenswert: Zum ersten Mal in den sieben Jahren seines Bestehens gewinnt eine Frau den Hauptpreis.

 

Mehr Fotos findet man in diesem Album auf Facebook.

New York. Von Äpfeln will ich nichts hören. (Ein Nachtrag zum Festival Neue Literatur.)

15. April 2013
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Wie lange man bei der Einreise in die USA in der Schlange steht, hängt stark davon ab, woher man kommt und welche Flugzeuge ungefähr zur selben Zeit landen. Ich warte gar nicht und muss auch nur zwei Mal erklären, was ich eigentlich hier mache. Clemens wird mir später erzählen, dass er um die 90 Minuten hinter einigen Chinesen mit offensichtlichen Verständigungsschwierigkeiten und eventuell illegalem Gepäck anstand. Den Stau bei der Taxifahrt nach Manhattan nehme ich darum gelassen, auch wenn sich die kurz gehaltenen Werbe-, Nachrichten- und Sendungsclips am Fahrgastmonitor ungefähr alle zehn Minuten wiederholen, ich die Meldungen beim dritten Mal auswendig kann und trotzdem die Laufschrift lesen und gleichzeitig Quizfragen beantworten muss, weil man – also ich – das Lesen nicht einfach abstellen kann. Was ist nur das Erfolgsgeheimnis von Jeopardy? Und: Amerikanischer wird es wohl nicht mehr.

Der Luxus am Hotel, das ist die Wanne im Badezimmer. Der Nachteil daran ist, dass wohl nicht genug Platz für den Luxus war, die Wanne darum so klein ausfallen musste, dass ich bei meinem Entspannungsbad vor der ersten Veranstaltung abwechselnd die untere oder die obere Hälfte meines Körpers baden kann. Der Rest muss frieren, weil es anscheinend keine Möglichkeit gibt, Klimaanlagen so in Fenster einzubauen, dass rundherum alles dicht ist. Die beiden Heizleisten am Boden arbeiten ehrlich angestrengt, während eine Kaltluftfront über sie hinweg durch mein Zimmer zieht. Geräusche vom Washington Square Park ziehen mit.

Clemens kommt im Hotel an und hat einen verletzten Knöchel, den er hauptsächlich mit Schmerztabletten behandeln möchte, ich sage: Das geht so nicht. Vorerst muss es aber gehen, denn
wir sind schon auf dem Weg zum ersten Termin. Beim Eröffnungsempfang des Festivals Neue Literatur, der auch gleichzeitig die offizielle Übergabezeremonie eines neu etablierten Preises für die Förderung der deutschsprachigen Literatur in den USA ist, spricht Daniel Kehlmann so wunderbar über seine Übersetzerin Carol Brown Janeway, dass ich ihr auf der Stelle mein Manuskript zuwerfen möchte, ganz in der Art, wie andere Leute ihre Unterwäsche auf Bühnen segeln lassen. Weil ich mir dumm vorkommen würde Daniel Kehlmann offensichtlich von vorne zu fotografieren, mache ich ein Bild vom Logo an der Wand und Herrn Kehlmanns Hinterkopf. Die Trophäe zum Preis ist eine Obstschale von Swarovski. Ich finde, alle Pokale sollten praktische Funktionen haben: Trinkschalen, Becher, Servierplatten, Saucieren, Milchkännchen… Danach trinken wir süßen Champagner und danken unseren eigenen Übersetzern für die Sample Translations.

Notiz: Die Gegend ist gut, wenn sich morgens an der Straßenkreuzung die Hundesitter in ihren Leinen verheddern, lautet meine Theorie über die Einschätzung der Nachbarschaft.

Am zweiten Tag habe ich die verrückte Idee zu Fuß durch den gesamten Central Park zu gehen um dann rechtzeitig zu Mittag bei der Columbia University anzukommen, und niemand hält mich auf. Zum Glück habe ich Clemens am Vorabend noch in einen bereits halb geschlossene Drugstore geschickt, wo er sich mit Knöchelbandagen in allen Größen und einer von seinem Taxifahrer empfohlenen Salbe zum Einreiben notversorgt hat, sonst müsste ich ihn jetzt wohl tragen. Er marschiert tapfer und freut sich über die Eichhörnchen, denen ich nicht nur Teile meines Frühstückes
sondern auch noch den Inhalt einer kleinen Packung Nussmischung opfere.

Clemes mit Buch

Zuerst unterhalten wir uns über alles Mögliche, am Ende nur noch darüber, wie weit es noch sein kann. Trotzdem erreichen wir rechtzeitig unser Ziel und haben dabei einiges – sehenswertes – gesehen. Die Autorinnen und Autoren machen durchwegs ganz gute Figur in den englischsprachigen Interviews. Leif, der bis jetzt überhaupt sehr wenig gesagt hat, sagt zwar noch immer nicht sehr
viel in seinen Antworten, aber was er sagt, das sitzt. Clemens ist charmant. Tim behauptet, ÖsterreicherInnen schreiben Literatur für die Krone, SchweizerInnen für das Volk, darum hätten erstere den Luxus auch absolut unverständlich sein zu können, während zweitere in ihren Texten auf verständliche Weise Themen abhandeln. Wahlschweizerin Ulrike (geborene Deutsche, bei einem
Verlag in Österreich – heilige Dreifaltigkeit!) widerspricht da ein wenig. Silke sagt, ihr Verleger meint, es wäre nun mal genug mit den Hunden. Unsere studentischen InterviewpartnerInnen geben sich durchwegs begeistert von den Texten und uns selbst. Friede, Freude, Pancakes. Nach vier Stunden Literatur habe ich mir einen kleinen Shoppingausflug auf dem Broadway verdient.

Merke: Flanellschlafanzug für künftige Lesereisen kaufen. Ich friere in Pullover und dünner Pyjamahose unter zwei Decken.

Am Samstag betreibe ich im Regen Hipster-Watching in Williamsburg. Da die Exemplare so zahlreich auftreten, habe ich bald genug gesehen und flüchte aus einem Second Hand – Laden in ein veganes Café, indem gerade nicht viel los ist. In der U-Bahn Station spielt eine Band. Trotzdem sieht es nirgends aus, wie in einer der Fernsehserie, die ich kenne – am ehesten hätte ich noch Queens vom Fenster des Taxis aus bei der Fahrt vom Flughafenerkannt. Clemens muss, nachdem er gestern schon mit einer Freundin unsäglich teure japanische Nudeln essen gehen musste, heute mit seinem amerikanischen Verleger und Lektor unsäglich teure Eier Benedikt essen. Man kann in New York eine Menge Geld ausgeben, sofern man das möchte. Bei einem Spaziergang winkt mir aus einem winzigen Vorgarten an Stelle eines Gartenzwerges eine weiße Maneki-neko zu.

Maneki-neko

Abends treffen wir uns alle in Brooklyn, in einem sehr stylischen Bookshop, oder eher beinahe alle, denn Silke taucht nicht auf, obwohl sie eigentlich lesen sollte. In Abwesenheit der erkrankten
Silke teilen sich Leif und Clemens alleine die Bühne mit Justin Taylor, einem jungen amerikanischen Autor, der einen Roman über Anachristen (anarchistische Christen) geschrieben hat und sich später beim Essen beschweren wird, dass sein Buch nur mit Blick auf die Punkszene rezensiert wurde, und niemand verstanden hätte, dass es eigentlich um Religion geht, außerdem möchte sein Verleger keine Kurzgeschichtensammlung mehr veröffentlichen, ungeachtet dessen, dass Justins erste sehr erfolgreich war. Die Zeit der Kurzprosa scheint auch im Land der Short Story vorbei zu sein. Auf der Bühne macht Clemens Leif so viele Komplimente zu Coby County, bis Leif nicht mehr weiß was er anderes machen soll als ein bisschen rötlich anzulaufen.

Der Sonntagmorgen beginnt mit einem vollen „Deutsches Haus @ NYU“ beim literarischen Brunch und wir AutorInnen werden den Verdacht nicht los, dass die meisten der Leute im Publikum
(deutsche Expats, Oktoberfest-Fans und Deutschland-Enthusiasten) doch ein bisschen mehr wegen Currywurst und Brezeln da sind, als wegen uns. Wir halten Kürzestlesungen, trotzdem stürzt die Menge danach ausgehungert auf das Buffet zu wie eine verdurstende Herde Büffel auf ein Wasserloch. Gezählte sechs Mal kommt der Mann meiner Gesprächspartnerin zwischendurch mit gefülltem Teller retour. Wir nutzen die Aufforderung zum Gruppenfoto um dem Wahnsinn zu entkommen. Nach dem Fotografieren fangen wir noch einmal von vorne an, weil wir Silke vergessen haben, die sich irgendwie versteckt hatte.

Später wandern wir nach SOHO, in eine andere Buchhandlung und hier lesen, Ulrike, Tim und ich gemeinsam auf einer Bühne mit Joshua Ferris, dessen Buch The Unnamed uns schon vorher von Clemens empfohlen wurde. (Überhaupt frage ich mich bei Clemens andauernd, wie er das macht: irgendwie alles gelesen zu haben.) Joshuas erstes Buch Then We Came to the End wurde in 25 Sprachen übersetzt, für den National Book Award nominiert und erhielt den Hemingway Foundation PEN Award. Ich tue einfach, als wüsste ich das alles nicht und unterhalte mich mit ihm. Clemens kann ihm nicht mehr so viele Komplimente zu seinem Buch machen, bis er nicht mehr weiß, was er machen soll, außer rot zu werden, weil Clemens schon mittags abgereist ist.
Ende in Sicht. Ich bin froh wunderbare Tage in New York verbracht zu haben, an denen niemand von großen Äpfeln oder Udo Jürgens gesprochen hat. Die Buchhandlung schenkt uns einen Gutschein über „1 Buch“ und ich nehme Joshuas, um kurz danach zu realisieren, dass es wohl klüger gewesen wäre dieses Paperback zu kaufen und dafür das teuerste interessante Hardcover gegen den Gutschein einzutauschen. Es gibt also gute Gründe, warum meine Agentur und mein Verlag für die Verhandlungen über die finanziellen Seiten des Autorinnendaseins zuständig sind. Joshua schreibt mir in das Buch, ich würde „offensichtlich vor Talent triefen“ und ich denke bei mir, wie wunderbar es ist, dass das der aktuelle Umgangston zwischen AutorInnen zu sein scheint: sich Komplimente zu machen, bis man sich derer nicht mehr erwehren kann. So lange es nur ernst gemeint ist.
Es bleibt nur noch das Abschiedsdinner zu essen und sich nach allen Seiten zu bedanken.

Ausgezeichnete Empfehlungen.

8. Februar 2013

Am 30. August letzten Jahres habe ich 4 Buchempfehlungen von SchriftstellerInnen aus den 80er Jahrgängen abgegeben. Clemens Setz war damals mit “Indigo” schon für den Deutschen Buchpreis nominiert, hat ihn dann leider nicht bekommen – von den anderen drei von mir empfohlenen Schriftstellerinnen darf ich jedoch vermelden, dass alle drei inzwischen für ihre Bücher ausgezeichnet worden sind: Marjana Gaponenko mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis, Cordula Simon mit der Autorenprämie des BMUKK und Anna Weidenholzer wurde diese Woche für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Das freut die Empfehlende.

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