Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft…
…und darum schenke ich euch: Die Playlist meiner DJ-Line im Klangtheater (vom 05.Dezember). Vielleicht ist ja für manche ein neues Lieblingsstück dabei.
Mumford and Sons “Sigh no more”
Bright Eyes “Oh you are the roots that sleep beneath my feet”
Two Gallants “Seems like home to me”
Dillon “The undying need to scream”
Ingrid Michaelson “Breakable”
Daughter “Youth”
Vampire Weekend “The kids don’t stand a chance”
Sarah Jaffe “Clementine”
Angus and Julia Stone “You’re the one that I want (Cover)”
Okkervil River “Last Love Song for now”
Amanda Palmer “I will follow you into the dark (Cover)”
Regina Spektor “One more time with feeling”
Schöne Feiertage!
PS: Von Bright Eyes gibt es eine komplette “Christmas”-CD, wer also noch so etwas braucht…
Abwarten und Tee trinken
Mit einem Toast, bestrichen mit Schwartzee-Lavendel-Marmelade (ein Geschenk der BKS bei meiner Lesung in Klagenfurt diese Woche) und einer großen Tasse Milky Oolong (ein Geschenk von der Präsentation des Buches “Tee! Tee! Tee!), kann man ganz ausgezeichnet eine Besprechung eben dieses Buches über Tee schreiben.
“Alles außer klassisch” ist das Motto des Buches über aktuelle Entwicklungen des modernen Teegenusses von Anna Burghardt, die manche vielleicht aus dem Presse “Schaufenster” kennen, wo sie für Artikel über leibliche Genüsse zuständig ist. So liest sich auch dieses Buch, eine Ansammlung von Kolumnen und Glossen zu verschiedenen Tee-Themen: Bubble Tea, Tee-Cocktails, Afternoon Tea, Tanz-Tee, Tee-Nerds und vieles mehr. Zwischendurch finden sich als Einsprengsel kleine Selbsttests, Rezepte, Adressen, humorvolle kurze Textbeiträge zum Thema, und hübsche, moderne Illustrationen von Monica Gross Meinhart.
“Im klassischen Kaffeehaus hat niemand den Teetrinker lieb”, sagt Frau Burghardt, und räumt ein, das es in den letzten Jahren durchaus Verbesserungen gab. Recht hat sie leider trotzdem noch immer. Auch ich, als jahrelange eher Tee als Kaffee – Trinkerin und mittlerweile großer Tee-Fan, bin regelmäßig geschockt von Teeerfahrungen in der österreichischen Gastronomie. Da werden Gläser mit entweder zu heißem oder zu kaltem Wasser mit eingepackten künstlich aromatisierten Teebeuteln serviert, wo einem schon beim Etikett übles schwant… ich werde mich auch immer an eine Chai Latte erinnern, die ich mir aus dem servierten Häferl halbwarmer Milch und einem großen Beutel Gewürztee selbst zusammenbasteln sollte.
Hinzu kommt: Auch die KaffetrinkerInnen üben sich in nobler Ignoranz, übersehen gelassen, dass “Tee” eigentlich eine Pflanze bezeichnet, von der es, wie beim Kaffee, unterschiedliche Sorten, Züchtungen und Anbaugebiete gibt, von denen jede ihr ganz eigenes Aroma entfaltet und die mit dem üblichen österreichische Einheitsbrei aus “Ich bin krank”-Aufgüssen (allen voran Kamille und Hagebutte) sowie dem ganze Haufen aromatisierter Lifestyletees nichts zu tun hat.
Aber: Nachdem man sich genug über Unwissenheit beschwert hat, kann man sich den ganzen interessanten Neuentwicklungen auf dem Gebiet des gehobenen Tee-Genusses zuwenden, zu dem es im Buch je ein kurzes Kapitel gibt, von denen ich jetzt nicht zu viel erzählen will, da ich sonst “Tee! Tee! Tee!” ein großes Stück seines Informationsgehaltes stehlen würde.
Ich sage nur soviel: Das vorliegende Buch ist ein hübscher, kleiner Geschenkband, und, für alle, die schon an der Schwelle des Tee-Nerdtums stehen wahrscheinlich der letzte entscheidenen Schubs, für andere sicher interessant und anregend und kann durchaus dazu führen, dass man etwas von den im Buch erwähnten Dingen ausprobiert oder gar am Ende mit einem komplett neuen Teeservice und einigen neuen Teesorten den nächsten Teeladen des Vertrauens verlässt. Hardcore-Kaffee-VerfechterInnen wird auch dieses Buch nicht bekehren. Richtige TeekennerInnen werden nicht viel Neues lernen, da das Buch eher darauf setzte einen kurzweiligen Überblick zu bieten als bei bestimmten Themen allzu sehr in die Tiefe zu gehen.
(Das fällt mir als Kennerin natürlich besonders im Abschnitt über Bubble Tea auf, da sich die Autorin hier zwar zumindest einschlägig bewandert, letzten Endes jedoch nicht als Expertin zeigt – sieht sie sich doch immer noch vom Bestellvorgang überfordert, den die meisten Jugendlichen ab dem 3. Einkauf perfekt beherrschen, und differenziert sie auch nicht ausreichend zwischen verschiedenen Getränke-Sorten, Anbietern und Qualität. Ich lade Frau Burghardt aber gerne ein bei mir im Shop noch ein ausführliches Tasting vorzunehmen, um einen der ersten wirklich informierten Artikel über Bubble Tea in Österreich zu schreiben, nachdem sich die bisher in den Medien veröffentlichen vor allem durch Wenig- bis Falschinformation ausgezeichnet haben.)
Der oben erwähnte Milky Oolong ist übrigens der Lieblingstee von Frau Burghardt – eine ganz ausgezeichnet Wahl, muss ich sagen. Ich hebe also meine Tee-Tasse auf dieses durchaus gelungene Buch mit einem neuen Ansatz über Tee zu schreiben und warte ab, ob Frau Burghart meine Einladung annimmt.
“Wieder einmal ein Chinese.”
Der Literaturnobelpreis geht 2012 an Mo Yan. Der erste Radiomoderator, den ich darüber sprechen höre, sagt etwas wie: “Wieder einmal ein Chinese.” Nach Gao Xingjian ist Mo Yan der zweite chinesische Literaturnobelpreisträger… Gao Xingjian ist außerdem mittlerweile nur noch “chinesischstämmiger Schriftsteller”, da er – mit französischer Staatsbürgerschaft – im Exil lebt.
China hat somit seinen ersten richtigen Literaturnobelpreisträger. Jede Behauptung, die impliziert, das wäre eher eine politische als eine literarische Entscheidung gewesen, tut ihm damit allerdings Unrecht.
(PS: Ich habe ihn schon einmal live gesehen – ein sehr humorvoller Mann!)
FrauTravnicek empfiehlt… Neues aus den 80er-Jahrgängen
Der Bücherherbst bringt viele interessante Neuerscheinung, ein paar davon, aus der Tastatur von wunderbaren Schriftstellern und Schriftstellerinnen, die mit mir das Geburtsjahrzehnt teilen, möchte ich hier besonders hervorheben.
Clemens Setz – Indigo
Nominiert für den Deutschen Buchpreis, was soll man da noch hinzufügen? Die Frage danach, wie viel vom Autor persönlich im Buch steckt, erübrigt sich bei einer Hauptfigur namens Clemens J. Setz auch. Ich bin gerade auf Seite 273 (da ich das Glück hatte, bei den O-Tönen eines erstehen zu können).
Marjana Gaponenko – Wer ist Martha?
Ich weiß inzwischen, wer Martha ist, und musste bei der Lektüre oft an den Tag denken, an dem die Autorin und ich gemeinsam die Pensionistenmesse besucht haben, die gleichzeitig mit der Buch Wien stattfand.
Anna Weidenholzer – Der Winter tut den Fischen gut
Warum der Winter den Fischen gut tut, habe ich noch nicht herausgefunden, plane aber, das bald zu tun, denn den ersten Roman meiner Aufenthaltsstipendiumskollegin (Wiepersdorf) lasse ich mir nicht entgehen.
Cordula Simon – Der potemkinsche Hund
Ich freue mich schon auf die 20-Jahr-Feier der Jugendliteraturwerkstatt Graz, wo ich und meine ehemalige Werkstattkollegin unsere ersten Romane austauschen werden.
Ein schöner Herbst.
Die zehn Gebote des Schreibens
Das kleine, sehr feine Büchlein “Zehn Gebote des Schreibens” ist ein nettes Geschenk für SchriftstellerInnen, aber auch für alle Literaturbegeisterten, die gerne das Gefühl haben möchten, den Schreibenden ein bisschen in die Karten sehen zu können. Die unterschiedlichsten Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben darin “ihre” zehn Gebote des Schreibens dargelegt, manche ausführlicher, manche ziemlich knapp. Manche widersprechen in ihren Beiträgen einenm anderen Beitrag, andere widersprechen sich gleich in ihren eigenen Regeln selbst, manche sind humorvoll gemeint, manche ernst. Was man sicher daraus lernen kann: es gibt keine goldene Regel. Und wenn man am Ende die große Erleuchtung hatte, was das Schreiben angeht, kann man auf den leeren Seiten noch seine eigenen zehn Gebote notieren.
Sie haben das Recht zu Schreiben
Im Vorfeld zu den Tagen der deutschsprachigen Literatur werden die Kanditatinnen und Kanditaten immer um einen kurzen Text für die Zeitschrift “Volltext” gebeten. Meiner ist hier nun online nachzulesen.
Klagenfurt ist eine interessante Stadt. Nur hier kann man sich vorstellen, dass so etwas überhaupt funktioniert: den halben Literaturbetrieb der deutschsprachigen Länder für vier bis fünf Tage auf engem Raum (in mehrfacher Hinsicht: denn das Studio des ORF Kärnten ist nicht groß, der Lendhafen – wo man die Lesungen auf Großbildschirmen verfolgen konnte – ist nicht weit davon entfernt, und überhaupt ist Klagenfurt erstaunlich übersichtlich) zu versammeln, sich mehr als fünf Stunden am Tag quasi gegenseitig etwas vorlesen zu lassen und am Schluss zu den ziemlich gleichen Urteilen zu kommen wie das Jahr davor, sowie zu der überraschenden (#not) Erkenntnis, dass selbst innerhalb dieses Betriebes unterschiedliche Leute die unterschiedlichsten Dinge für großartige Literatur halten – und umgekehrt.
Aber: Alle Jahre wieder. Ich bin jedenfalls dieses Jahr um die Erfahrung reicher, dass es vor Ort noch um einiges mehr Spaß macht, als diese Veranstaltung vor dem Fernseher und im Internet mit Gleichgesinnten zu teilen, vor allem weil der abendliche Teil am Lendhafen (und in Folge im Theatercafe && || im Teatro) nicht übertragen werden. Auch entgehen einem vor dem Fernseher der Hugo-getränkten Empfang anlässlich der Eröffnungsveranstaltung und die bürgermeisterliche Einladung. („Hugo“ stellt sich übrigens für die Niederösterreicherin schnell als ordinärer „Kaiserspritzer“ heraus, den findige Kärntner mit ein paar Minzblätter südländisch veredelt haben.) Man süffelt also in Klagenfurt den Hugo, bewundert die unwirklich himmlische Farbe des Wörthersees und sinkt dabei mit den Absätzen der schönen Schuhe weiter und weiter in den Rasen ein.
Klagenfurt ist auch die einzige Stadt, in der ZuhörerInnen im Kanu angereist kommen (wenige) oder sich unter Lebensgefahr mit Fahrrädern am hier ebenfalls südländisch anmutenden Straßenverkehr beteiligen (viele), um nach langen Nächten mit dazu korrelierend zu kurzen Schlafphasen vor dem Studio oder am Kanal darauf zu warten, dass die Jury endlich aufhört nett zu sein. Irgendwie hat man nämlich schon insgeheim eingesehen, dass es unsinnig ist, jedes Jahr wiederholt darauf zu warten, das Rad werde neu erfunden. Auch die Hoffnung auf Goetz’sche Aktionskunst ist weitgehend unberechtigt, muss man sich eingestehen, da dergleichen von LiteratInnen heute eher als peinliche Effekthascherei gesehen wird. (Beispiel dazu: Nackt ausziehen auf der Bühne im Literaturhaus Wien während eines Poetry Slams? Reaktion: Müdes Abwenden im Publikum.) Was wäre das auch für eine Literatur, die ohne den performativen Akt nicht mehr auskommt. So geben sich SchriftstellerInnen, VerlegerInnen und Jury der süßen Versuchung des kollektiven Hugo-Rausches hin, schwingen fast unsichtbar zur leise wehmütigen Musik am Lendhafen die Hüften und freuen sich des Lebens. Wem dabei zu heiß wird, der fährt zum See, manch einer versucht so in türkiser Badebekleidung mit dem Wasser (optisch) und dem Moment (innerlich) eins zu werden. Auch die anwesenden Vertreter der Medien hugon sich ein bisschen ein, vergessen darüber manchmal, wer von wem eingeladen wurde und warum überhaupt alle hier sind, außer weil es so schön ist. Wenn Gott irgendwo wohnt, dann am Wörthersee, denke ich mir ein-, zweimal, wenn abends die Sonne darin versinkt und die Segel sich mühen, das letzte Licht zu fangen, als wären die Boote solarbetrieben und hätten es nötig.
Am Sonntag geht auf einmal alles ganz schnell und jeder ist plötzlich etwas oder nicht, ich im konkreten Fall Stadtschreiberin von Klagenfurt für das nächste Jahr – das trifft sich gut, ich wollte sowieso wiederkommen. Beim letzten Essen in Maria Loretto stellt sich ein Mann mit freundlichem Gesicht und etwas längerem, ergrautem bis erweißtem Haar zu mir, duzt mich vertraulich, ohne sich vorzustellen, erzählt mir von zwei Kindern und lädt mich ein, mich im nächsten Jahr zu melden, gerne dürfe ich ihn besuchen, wenn ich wieder hier in Klagenfurt bin. Aber seine Telefonnummer gibt er mir nicht. So unvermittelt wie er aufgetaucht war, ist er wieder weg, zurück bleibt nur das Gefühl, dass ich ihn hätte kennen sollen, kurz denke ich gar, dass es vielleicht der Wörthersee-Gott war, der Literatur-Gott oder sonst eine göttliche Erscheinung. Die Kandidaten um mich herum, bepreist wie unbepreist, haben noch ein bisschen Kraft zum Lächeln, wir lächeln gemeinsam den diesjährigen Abschied herbei.
Am Bahnhof lese ich die ersten Mails mit Benachrichtigungen über Medienberichte. Wie es scheint wurde ich – unter dem Einfluss der „Backshop-Prosa“ (Zitat Jurydiskussion) meiner Vor-Leserin und meines eigenen Videoporträts – zu einer Art „Working Class Heroine“. Manche müssen sich wundern, dass die „Betreiberin“ eines dieser „dämlichen Bubble-Tea-Läden“ durchaus annehmbare Prosa zustande bringt und ich denke ganz, ganz heimlich bei mir, dass im Vorteil ist, wer Autorinnenbiografien lesen kann, beziehungsweise, dass es manchmal auch nicht geschadet hätte, wenn statt weißem Wein grüner Tee im Hugo gewesen wäre. Überhaupt scheint Bubbletea-Bashing gerade ein wenig in Mode, was von Leuten, die ich verdächtigen würde, zu Konsumenten von „White Choco Macchiato Frappe“ zu gehören, ein wenig unreflektiert ist. Beim Warten auf den Zug frage ich aus einer Eingebung heraus Leopold Federmaier, ob es sein kann, dass der grauhaarige Mann von eben Josef Winkler war, woraufhin sich Leo an die Stirn fasst, weil ihm einiges klar wird. Nachdem Herr Winkler auch von Herrn Federmaier nicht erkannt wurde, obwohl sich die beiden schon einmal mehrere Tage lang gemeinsam in heißen japanischen Quellen einweichten, fühle ich mich nur mehr halb so schuldig.
Zum Abschied denke ich noch einmal an die Jurydiskussionen, zum Beispiel die von Leo Federmaier, der die Jury fotografierte, um der Situation Herr zu werden, sein Herz zu beruhigen, und nicht angesichts der Kritik einer Rhythmusstörung zu erliegen, und an meine, besonders an die Stelle, an der Paul Jandl sagte, ihm sei nicht klar, wo im Text der Hund begraben liegt, und ich zum Glück den Mund halten und verhindern konnte, dass mir herausrutscht: „Steht doch da, unter dem Kirschenbaum.“
(Originalbeitrag für www.literaturcafe.de)