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Tragische Entscheidungen unbescholtener Menschen
von Walter Eigenmann
Am 14. Dezember 1946 wird Carl Zuckmayers Drama „Des Teufels General“ am Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt. Das Stück, 1945 in Zuckmayers amerikanischem Exil entstanden, thematisiert den Gewissenskonflikt des Luftwaffen-Generals Harras – dessen reales Vorbild der NS-Generaloberst Ernst Udet ist -, welcher sich Hitlers Wehrmacht aus fliegerischer Besessenheit verschrieben hat, aber im Dezember 1941 erkennt, dass er mitschuldig wurde an Krieg und Unmenschlichkeit. Harras sühnt sein moralisches Versagen, indem er durch seinen Tod den charaktervolleren Freund, der durch Sabotage Widerstand geleistet hat, dem Zugriff der SS-Mörder entzieht.
Idealisierung eines Nazi-Offiziers

Kritische Köpfe (auch des damaligen Widerstandes) werfen Zuckmayer bis heute vor, er habe die Gestalt Harras‘ idealisiert. Befürworter hingegen anerkennen die „literaturpolitische“ Leistung des Dramas, welches unmittelbar nach der Nazi-Barbarei eine öffentliche Diskussion um die Möglichkeiten des aktiven Widerstands bzw. der passiven Duldung entfachte. Vor allem bei den jüngeren Deutschen weckte Zuckmayer, der sich selbst den Gesprächen in vielen Städten stellte, ein Bewusstsein von offenen und freien Reden.
Tragische Entscheidung von unbescholtenen Menschen

Zuckmayer selbst war sich im Klaren darüber, dass sein Dreiakter zu bewussten Fehlinterpretationen benutzt werden konnte. Zehn Jahre nach der enthusiastisch gefeierten Londoner Aufführung zog der Autor das Stück von sämtlichen deutschen Bühnen zurück. Zuckmayer: „Es wäre allzuleicht, im positiven oder negativen Sinne, das Stück heute als ‚Entschuldigung‘ eines gewissen Mitmachertyps misszuverstehen. Sein Inhalt ist jedoch die tragische Situation und schliesslich die tragische Entscheidung von unbescholtenen Menschen, die gezwungen sind, oder sich, wie Harras, aus Leichtsinn dazu hergegeben haben, einer ihnen verhassten Gewaltherrschaft zu dienen.“
Der Dramatiker widmet das just nach dem Krieg beendete Stück seinen von den Nazis ermordeten Freunden Theodor Haubach, Wilhelm Leuschner und Helmuth von Moltke.
Kongeniale Verfilmung

1954 nimmt sich der Regisseur Helmut Käutner der Verfilmung des Zuckmayer-Schauspiels an, besetzt die Hauptrollen mit Curd Jürgens und Marianne Koch. Die Film-Macher erhielten vom Autor unbeschränkte Vollmacht, was in zusätzlichen Handlungssträngen und Hinzufügungen von Charakteren resultierte. Insbesondere der Harras-Gegenspieler und Himmler-Adlat Schmidt-Lausitz wird vom tumben Befehlsvollstrecker zum intelligent agierenden SS-Offizier aufgewertet. Der Film erhielt mehrere Auszeichnungen und gilt als kongeniale Realisierung der Zuckmayerischen Intention.♦
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