Roland Heer: Fucking Friends (Roman)

Gescheitert auf der ganzen Linie

von Günter Nawe.

Manches macht viel Mühe – und ist ihrer letztlich doch nicht wert. Das gilt hier und jetzt für das Buch des Bergsteigers und Deutschlehrers Roland Heer, der mit „Fucking Friends“ seinen Debütroman abgeliefert hat – und damit auf der ganzen Linie gescheitert ist.

Roland Heer - Fucking Friends - Roman - Bilger VerlagDer Anfang dieses Romans ist noch einigermassen nachvollziehbar. Während der Extrembergsteiger Greg wieder einmal und gegen den Willen seiner jungen Familie auf dem Wege zum Gipfel eines Siebentausenders ist, kommen seine Frau und sein kleine Tochter bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Dies bedeutet für Greg den Absturz in eine tiefe Depression. Soweit, so gut! Und vielleicht hätte daraus eine richtig gute Geschichte werden können.

Peinliche exzessive Sex-Schilderungen

Doch bei Roland Heer bekommt die Sache einen ganz anderen Drive. Zwar wird am Anfang noch ein wenig Psychologie bemüht. Doch Greg, Anfang 40 und Comic-Zeichner, versucht, seinem Schmerz beizukommen, indem er sich bald in ein exzessives Sexualleben stürzt. Und hier wird der Roman in höchstem Masse peinlich, unappetitlich und damit die Lektüre zum Ärgernis.
Greg, wie ein Spätpubertierender, verlegt sich auf Kopulationsakrobatik jeglicher Art. Frauen (von Liebe, selbst von Zuneigung kann keine Rede sein) sind nur noch Objekte seiner sexullen Begierde. Und für diese Begierde findet er seine „Objekte“ in der digitalen Welt der Kontaktmöglichkeiten. Greg unterliegt ohne auch einen Hauch von Widerstand den Verheissungen der Cyberwelt. Auf Porno-Sites, in Online-Single-Börsen und in Darkrooms findet er willfährige Partner(innen), seine fucking friends, die es ihm erlauben, seine sexuellen Obessionen auszuleben. Um den ultimativen Kick geht es – und auf den muss immer noch einer draufgesetzt werden. Und so weiter. Virtuell – bei Online Datings – und ganz real in irgendwelchen Betten wird gefickt und gevögelt, gekifft und gesoffen. Zitate, die dies in allen Einzelheiten belegen könnten, verbieten sich ob der Obszönität, sie mögen deshalb dem Leser erspart bleiben. Irgendwann landet Greg dann bei einer Heike, die genau so abgefuckt ist wie er selbst. Und am Ende ist er HIV-infiziert – und der Leser von alledem völlig abgestossen.

Porno unter dem Mäntelchen der Selbstfindung

„Fucking Friends“ von Roland Heer aus dem Bilger-Verlag ist ein miserables Buch, das viel verspricht und nichts hält. Simpler Porno, und zwar von der schmuddeligsten Sorte, aber immer schön unterm Mäntelchen der Selbstfindung. Vergessen!

Hier verfängt auch die Verlagswerbung für dieses Buch nicht, die einen „schonungslos offenen Blick“ auf die entsprechenden Internet-Formate ansagt und damit einen sozial-kritischen Ansatz suggeriert. Nichts davon; dieses Buch ist schlichter und simpler Porno – und zwar miserabler – , der unter dem Mäntelchen der Selbstfindung, der Trauerarbeit und einer bescheidenen Gesellschaftsrelevanz daherkommt. Keine Literatur, sondern auch sprachlich unterste Schublade – eine Ansammlung von schmuddeligen, unappetitlichen Sexgeschichten übelster Art.
Und so hat es Mühe gemacht, diesen Roman überhaupt zu Ende zu lesen. Eine Mühe, die sich in keiner Weise gelohnt hat. „Fucking Friends“ ist ein miserables Buch, das viel verspricht und nichts hält. Da hilft auch der Zitatenverweis, der viele grosse Namen der Weltliteratur enthält, nichts. Diese Autoren dürften sich in diesem Zusammenhang absolut unwohl fühlen.

So bleibt nur, vor der Lektüre des Romans „Fucking Friends“ zu warnen – weniger der Moral wegen, allein schon aus Gründen der Ästhetik. ♦

Roland Heer, Fucking Friends, Roman, 376 Seiten, BilgerVerlag Zürich, ISBN978-3-03762-011-3

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema „Online-Single“ auch über den Roman von Anke Behrend: Fake Off!
… sowie zum Thema Weibliche Sexualität über Regina Schricker: Ohnmachtsrausch und Liebeswahn – Weiblicher Masochismus in Literatur und Film


2 Gedanken zu “Roland Heer: Fucking Friends (Roman)

  1. Hallo, Carlo!

    Es gibt genügend Bücher, die ein ähnliches Thema wesentlich besser behandeln. Meime Einschätzung hat also nichts mit „Verklemmtheit“ zu tun. Auch „predige“ ich hier keine sexualfeindliche Moral. Ich hatte ein Buch zu rezensieren. Und dies habe ich nach den mir geläufigen literarischen Kriterien getan.

    Wenn Sie und andere zu einer anderen Bewertung kommen – das ist legitim, entwertet aber meine Meinung zu diesem Buch in keiner Weise.

    Vielleicht sollten Sie das Buch erst lesen – und dann urteilen.

    Günter Nawe

  2. nanana, herr Nawe, nicht so verklemmt bitte!

    ok, ich kenne jetzt weder inhalt noch sprache des buches von heer.
    trotzdem, ihre sexualfeindliche Moral sollten wir im 21. jh. wirklich überwunden haben!

    literatur heisst nicht ästhetik, literatur heisst leben!!
    und dazu zählt JEDE facette des menschseins!

    Carlo

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