Peter Klusen: Noch (Drei Gedichte)

Noch (Gedichte)

noch

wie blattgold
trudeln die schweren blätter
von den brüchigen zweigen
ein erster windstoss
fegt über verblichene wiesen
warm streicht die luft
der späten sonne
über verwaiste felder
die sich sehnen nach ruhe
noch ist der himmel blau
noch singen die amseln
noch fehlen uns
die worte nicht
für das ende
des sommers

tagesschau

am morgen plane ich den tag
beim frühstück schreibe ich einkaufszettel
ich höre kommentare und fussballergebnisse
telefoniere mit klempner dachdecker arzt
und fege die krümel vom tisch

am mittag lese ich zeitungen
das handy bebt und der trockner piepst
ich leere die taschen und fülle die schränke
mit brot milch und rotem wein
und trenne den müll auf dem hof

am abend schau´ ich zurück auf den tag
während duftdunstig gart das gratin das filet
ich hole den wein das baguette die paté
seh` einäugig unscharf ganz fern einen krieg
und stelle die hitze auf null

des nachts träum` ich schlaflos
quere die welten die höllen die himmel
ich fühle den eisigen fahrtwind der zeit
das ewige schwanken die fremde das leid
erkenn´ mich im inneren spiegel so grau

und starre betäubt in die nacht

entkommen

drei krähen
hoch oben
vor tiefblauem grund
ohne flügelschlag
kreisend um sich selbst
steigen lautlos höher
und höher
sind bald nur noch
drei schwarze punkte
entkommen
der zeit


Peter Klusen

Geb. 1951 in Mönchengladbach; Studium der Germanistik, Publizistik und Sozialwissenschaften in Mainz und Aachen; Zahlreiche Stücke für das Kinder- und Jugendtheater, Bearbeitungen von Kinderbuchklassikern und neue Märchen-Nacherzählungen; Veröffentlichungen von Romanen, Kurzprosa und Lyrik in Büchern und Zeitschriften

Lesen Sie im Glarean Magazin auch über den neuen
Lyrikband von Peter Klusen: Augenzwinkernd

… sowie die originalen Lyrik-Erstveröffentlichungen von
Klaus Martens: Treibholz (Drei Gedichte)
Steffen M. Diebold: Jahreszeiten (Vier Gedichte)

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