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Schachprogramme mit Gambits geprüft
von Walter Eigenmann
Die internationale Computerschach-Anwenderschaft testet seit Jahren fleissig jedes neue Programm im Hinblick auf seine Turnier-Spielstärke, seine analytischen Fähigkeiten, seine schachtechnischen Features. Vor allem ersteres wird höchst emsig betrieben, existieren doch mittlerweile zahllose Ranking-Listen im Netz – zustande gekommen unter allen möglichen und unmöglichen Turnier- bzw. -Match-Bedingungen.
Dabei wird hinsichtlich der Eröffnung in den meisten Fällen ein sog. Opening-Book zugrunde gelegt, das möglichst ausgeglichen und „objektiv“ den Programmen während der frühesten Partie-Phase unter die Arme greifen soll. Sehr selten kommt in diesem allgemeinen Turnier-Mainstream hingegen das sog. Gambit zum Zuge: Als Eröffnungskonzept beinhaltet es bekanntlich frühe Bauern- oder gar Figuren-Opfer zwecks schnellerer Entwicklung und/oder zusätzlicher Angriffsmöglichkeiten. Mit einem spezifischen Gambit-Opening-Book kann also der Anwender asymetrische Materialverhältnisse bereits in der Eröffnung schaffen und so den ausgetretenen Pfaden der meist längst aufgearbeiteten „Eröffnungstheorie“ aus dem Wege gehen. Im Computerschach hat das ausserdem den angenehmen Nebeneffekt, dass dem „Remistod“ der heute auf extrem hohem Taktik-Niveau angesiedelten, oft gleich stark spielenden Engines etwas entgegengewirkt werden kann.
Der belgische Book-Cooker Jeroen Noomen
Ein solches „Gambit-Eröffnungsbuch“ speziell für das häufig eingesetzte „Fritz“-Interface entdeckte der Autor kürzlich im Internet: es nennt sich „GambitLines.ctg“, stammt von dem bekannten belgischen Engine-Book-Cooker Jeroen Noomen und beinhaltet eine Reihe von „klassischen“ Gambit-Zügen, angefangen beim Alapin-Gambit im Sizilianer und das Falkbeer-Gambit über das Königsgambit und das Lettische Gambit bis hin zum Morra-Gambit und dem Mittelgambit im Spanier. (Wer Interesse an diesem Book für die Fritz-Oberfläche hat, kann es hier downloaden. Und hier findet sich eine Aufzählung aller verwendeten Gambite).
Trotz Gambit-Book viele Remis-Partien
Die Stellungen, in die dieses Eröffnungsbuch die Engines entlässt, sind allerdings so spektakulär auch wieder nicht, dass sie Weiss oder Schwarz jeweils in grossen materiellen Rückstand versetzten. Dies zeigt nur schon ein Blick auf die recht hohe Anzahl Remis-Partien, die das nachstehende Turnier generierte mit zehn der besten aktuellen Programme – eigentlich ein Bild, das man eher vom ganz normalen Engine-Engine-Betrieb gewohnt ist. Möglicherweise ist das „GambitLines“ unterm Strich dann doch etwas zu „zahm“ geraten, um das exorbitante Angriffs- und Verteidigungs-Potential der modernen Schachprogramme wirklich zu fordern…
01 Komodo 10.3 (4CPU) 26.5/36 (433.25) 02 Houdini 5.01 (4CPU) 26.5/36 (411.75) 03 Stockfish 8 (4CPU) 25.5/36 04 Fizbo 1.9 (4CPU) 22.0/36 05 Deep Shredder 13 (4CPU) 17.0/36 06 Critter 1.6a (4CPU) 15.5/36 07 Fritz 15 (4CPU) 14.0/36 08 Equinox 3.30 (4CPU) 12.5/36 09 Sting SF 7.3 (4CPU) 11.5/36 10 Chiron 4 (4CPU) 09.0/36
40 Z. in 4 Min & 40 Z. in 4 Min. / 4 Runden Round Robin /
Intel i-7-4790 / 3.6 GHz / 512Mb Hash / Fritz 15-GUI / EGTB
Die 180 Partien lassen sich hier nachspielen und downloaden.
Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema Computerschach auch über Schach-Software Fritz 16 (DVD)
… sowie zum Thema Schachturniere den Report über das Kandidatenturnier 2020 in Jekaterinburg