Heinz Stade: Bach, Liszt und Wagner in Weimar

Weimar nach Noten

Ein musikalischer Reise(ver)führer

von Günter Nawe

„Weil die lieben Engelein selber Musikanten sein“ – mit diesem Zitat von Martin Luther leitet der Journalist und Preisträger des Deutschen Denkmalpreises Heinz Stade ein aussergewöhnlich schönes kleines Büchlein ein, das der Autor dem „musikalischen“ Weimar gewidmet hat.
Weimar hat, so weiss Stade überzeugend darzulegen, mehr zu bieten als nur Goethe, Schiller, Wieland – und wie all die Geistesgrössen heissen mögen, die den Ruf Weimars als „Zentrum“ klassischer Literatur begründet haben. In seinem Reise(ver)führer zeigt der Autor in knappen Texten die wichtigsten Orte des musikalischen Geschehens und dessen Protagonisten in Weimar aufzuzeigen – von gestern bis heute. Weimar nach Noten also – ein genius loci zahlreicher Musiker-Persönlichkeiten.

Im Anfang war Luther

Heinz Stade - Bach, Liszt und Wagner - Spaziergänge durch das musikalische Weimar von gestern und heute - Edition Leipzig

Mit Luther begann’s. Er hatte grossen Einfluss auf die Kirchenmusik seiner Zeit, auch und vor allem in Weimar, wo er sich selbst das eine und andere Mal aufhielt. Ihm begegnet der Leser – mit Heinz Stade auf Spurensuche – im Stadtschloss und in der Stadtkirche St.Peter & Paul (Herderkirche). Hier sass Gottfried Walther, ein Verwandter von Johann Sebastian Bach, an der Orgel.
Johann Sebastian Bach lebte von 1708 bis 1717 in Weimar, wo er 1717 eine zeitlang im Gefängnis sass. Hier – im Bachhaus – komponierte er unter anderem viele Orgelstücke, etwa 30 Kantaten und die Frühfassungen der Brandenburgischen Konzerte.

Von Bach bis Albert Schweitzer

Damit ist auch schon einer der titelgebenden Komponisten benannt – in einer Reihe höchst illustre Namen. Nicht nur Johann Sebastian Bach, Franz Liszt (der Weimarer Musiker schlechthin) und Richard Wagner, auch Felix Mendelssohn Bartholdy, Johann Nepomuk Hummel, Albert Schweitzer, der grosse Orgelvirtuose und Bach-Biograph.
Herder wurde bekannt als kundiger Sammler von Volksliedern, die er „mit den Ohren der Seele“ hörte. Marlene Dietrich, sollte 1919 in Weimar zur Konzertgeigerin ausgebildet werden. Sie fand hier vielleicht (?) sogar ihre erste Liebe. Der 1918 geborene und 1988 verstorbene Komponist Johann Cilenšek hatte eine Professur an der Musikhochschule Weimar inne.

Mozart trifft Wieland, Mendelssohn spielt Goethe vor

Sorgte in Weimar für Aufsehen und Aufregung: Die russische Grossfürstin Anna Pawlowna
Sorgte in Weimar für Aufsehen und Aufregung: Die russische Grossfürstin Anna Pawlowna

Der Leser kann sich auf einige wunderbare Ereignisse gefasst machen; Ereignisse, die direkt oder indirekt mit Musik zu tun haben. So trifft Mozart den literarischen Altmeister Martin Wieland in Weimar. Der junge Mendelssohn spielt dem Dichterfürsten Goethe vor. Beethoven’s „Ode an die Freude“ basiert auf der Schillerschen Dichtung. Für Franz Liszt und Richard Wagner war die Musikstadt Weimar von existenzieller Bedeutung. Hector Berlioz liess Franz Liszt wissen, dass er sich in Weimar „wirklich glücklich“ fühle. Und Richard Strauss machte auf seine Weise in Weimar Furore.
Anna Pawlowna, russische Grossfürstin, sorgte in viele Hinsicht für Aufsehen in Weimar. Auch in Sachen Musik. Sie gab mit der Anstellung „…berühmter auswärtiger Virtuosen wie Eberhard Müller, Johann Nepomuk Hummel und Franz Liszt grundlegende Impulse für die Entwicklung Weimars zu einem weithin ausstrahlenden Musikzentrum“ (Heinz Stade).

Weimar’scher Glanz bis in unsere Tage

Ein wunderbarer, sehr informativer und sehr schön erzählter Reise(ver)führer durch das musikalische Weimar von gestern und heute. Heinz Stade gelingt es, den Leser (und sicher auch den Weimar-Besucher) klug durch die Weimarer Musikgeschichte zu führen, mit ihren Protagonisten bekannt zu machen und nicht zuletzt spannend zu unterhalten.
„Spaziergänge durch das musikalische Weimar“ ist ein wunderbarer, sehr informativer und sehr schön erzählter Reise(ver)führer. Heinz Stade gelingt es, den Leser (und sicher auch den Weimar-Besucher) klug durch die Weimarer Musikgeschichte zu führen, mit ihren Protagonisten bekannt zu machen und nicht zuletzt spannend zu unterhalten.

Eine Ausstrahlung, die bis heute Bestand hat. Die „Tage Neuer Musik in Weimar“, initiiert von Michael von Hintzenstern, sind weltberühmt; der Jazz hat in Weimar ebenfalls eine Heimat – zum Beispiel dank der „bauhauskapelle“, von der ein Berliner Kritiker einmal behauptete: „die beste Jazzband, die ich je toben hörte“.
Von alldem erzählt Heinz Stade mit viel Empathie, sehr kompetent und klug. So begegnen uns auf den Stadeschen „Spaziergängen durch das musikalische Weimar von gestern und heute“ bedeutete Komponisten, Musiker und Musikförderer. Wir treffen sie an den Orten in Weimar, wo sie alle mehr oder weniger Weimarer und europäische Musikgeschichte geschrieben haben: Im Goethe-Haus und im Stadtschloss, in der Stadtkirche und im Schloss Belvedere, in den Sommerschlössern und Parks von Ettersburg und Tiefurt.
Beim nächsten Besuch in Weimar sollte dieser wunderbare Reise(ver)führer, der nicht zuletzt sehr schön illustriert ist, unbedingt dabei sein. ♦

Heinz Stade: Bach, Liszt und Wagner – Spaziergänge durch das musikalische Weimar von gestern und heute. 80 Seiten, Edition Leipzig, ISBN 978-3-361-00725-3

Lesen Sie im Glarean Magazin zum Thema „Genius loci“ auch über
Volker Gebhardt: Lese und höre (Künstler-Orte)

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