Bild-Meditation über „Landschaft mit Laternen“ von Paul Delvaux
Ines Oppitz
Paul Delvaux – Landschaft mit Laternen – Ölbild 1956
müdigkeit auf den lidern wie schnee fällt und wind sich senkt in die felle / schwer die lider die erinnerung licht / jetzt die erinnerung gelichtet der abend in die helle genommen die dahinziehenden wände / umschliessung wie in nach unten weit geöffneten armen / in diesem schutz tritt sie / im ausgegossenen licht / wachsamen laternenspalier / zierlich auf abstand distanz wie gemessen / tritt sie ins bild / ein wenig verkürzt der saum das schwarze gewand ein wenig im nirgendwo über dem bildrand / nur ein schritt könnte sagen woher / zurück nur ein schritt ohne nachrücken des bildes / ein schritt oder zwei oder und… tritt sie ins bild fehlendes saumstück / der saum das pflaster umschwebend dunkel die schwere das kleid die schleppe schmal hin zur mitte des leibes zart aufsteigendes spiel um die schultern / alabaster der nacken / geknotet das monddurchsponnene haar / die gestalt aufrecht undeutbar / licht über den wänden wie tag / trapeze / astgewirk an den stämmen der pappeln / aufwärts als wäre der himmel zu tragen / tiefschwarz der himmel seelenkleid schwarz die blicke der wände ins innere eines gehöfts / breit fliesst der weg / strömt abwärts unmerklich in streng quadratisch abgezirkelten steinen schwärzlich gefügt / strömt abwärts der weg auf seinem rücken das licht das abnimmt hinaus in das tal / am unteren bildrand steht sie tritt in das bild rücklings eine andere wirklichkeit / abgewandt / erhöht steht sie in der szene des bilds der dämmrigen landschaft zu / der fahlen wiese dem milchigen see der blassen kahlheit der berge / stille ist / ruhe / knistert leise das licht / fängt sie frieden ein in der brust / mit übereinander liegenden händen ist es wie immer ersehnt im einklang des abends im versiegenden schläfrigen tag / ruhe ist… oder erschreckend / schrecken abwehrende geste …
falbweiss zur mitte des bildes hin zwei gestalten nahe am wasser / der schritt ohne hast / im gleichmass der schritt das gehen gravitätisch hintereinander / zwischen ihnen die bahre hoch gebauscht darauf gellend weiss das schreiende tuch… ♦
Geboren in Wels/A, Ausbildung zur Lehrerin in Linz, anschliessend sechs Jahre Schuldienst an Volks- und Hauptschulen; Studium der Neueren Deutschen Literaturwissenschaft und Philosophie, Ausbildung zur diplomierten Literaturpädagogin; Verschiedene Buchpublikationen, zahlreiche Veröffentlichungen in Anthologien, Literatur- und Kulturzeitschriften; lebt als freiberufliche Literaturpädagogin in Wels
Die Mainzer Schriftstellerin und Künstlerin Simone Frieling stellt im Glarean Magazin jeweils einen „Kopf des Monats“ in Form von Scherenschnitten vor. Diesmal: Den bedeutenden Schweizer Maler Ferdinand Hodler und seine Muse…
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Von den Gedichten
Längst vergangen die Zeiten in denen man Gedichte kaufte wenn man um eine Frau warb oder ein Kind gestorben – von Hand gearbeitet wie die Schuhe, die man trug. Heute gibt’s Karten zu jedem Anlass in der Postagentur.
Etwas mit eigenen Worten sagen wie antiquiert ist das denn? „Schöngeist“ ein Schimpfwort, „Poet“ …erledigt Wer kann geht in die EDV die Leute verlieben sich nicht mehr und sterben ist auch aus der Mode
*
Nur die Reichen kaufen noch massgeschneidert oder von Hand genäht vielleicht spüren sie noch die Abgründe. Aber wer Ist reich genug einen Dichter zu halten? Jedoch: die letzten kann man mieten wie einen Rolls oder einen Berater.
Tanz über dem Abgrund oder auf dem Vulkan bald ist‘s der neueste Schrei die Droge: nicht Ecstasy oder Pilze sondern Worte.
*
Hier grasen Monster doch Gefahr ist mein Geschäft. Wir sind die Priester des göttlichen Feuers das euch verbrennt. Hineinspaziert meine Damen den Eintrittspreis entrichten die Herren für beide Geschlechter.
Keine Sorge wir arbeiten mit Seil und doppeltem Boden wir halten die Monster in Schach das Labyrinth betreten sie nur mit unserem unkaputtbaren Theseus-Faden.
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Hemsil
Flaschengrün und strudelweiss und schwärzer als die Nacht in Hemsedal. Inseln von Türkis
wild und wirbelnd im Zaubergarten der Steine der alles verwandelt in Farbe als wär’s van Gogh
bald taucht’s hinab ins Kellerlicht der grauen Katzen und Gestalten
und auch der Schatten der von der Brücke auf die Felsen fiel wird bleiben
nur in der Tiefe die alles einsaugt und wieder freigibt zu ihrer Zeit.
2
Hier sass ich, schaute den Anglern zu die nichts fingen, sah den Fluss fliessen und nicht von der Stelle kommen und lernte warten
auf nichts nur das Tosen des Wassers und darin die Stille wie ein grosser Fisch
mit silbernen Schuppen unbeweglich am Grund. Mehr ist nicht zu verlangen von uns.
3
Die Fotos im Album sind stumm wie ein Brief aus Karnak. Strandgut einer uralten Expedition.
Orte der Stille existieren womöglich in Alaska oder Atlantis. Hier ist jeden Tag Jahrmarkt
mit Truhen und Kisten voll von verschlissenen Sätzen die wandern von Hand zu Hand und kleiden gut.
Wo bin ich gewesen? Ich find mich nicht zurecht. Kein Name auf der Karte der mir bekannt vorkommt.
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Smile
Giuseppe hätte Freude daran obwohl er das Gemalte vorzog (ansonsten gab’s ja nur Skulpturen) nichts liebte er mehr als verrätselte Bilder
„Der Teil und das Ganze“ hiess seine Arbeit zur Erlangung des Doktorgrads der freien Künste, später malte er das Ganze in Teilen – jedes für sich ein Ganzes
und Kaiser Rudolf der ihn nicht verstand aber bezahlte zog den Hut vor ihm den er nur selten trug
vor seinen Bildern vergass er Habsburg und die Kriege so viel Leben in diesen Bildern da sass man gern davor.
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Kobold
(Für LH)
Wirbelnd im Wind tanzend ekstatisch ein Umriss im Feuer sich bildend und wieder vergehend
Ein Kobold, ein Schatten zur Nacht komm, tanz mit mir lern Leichtigkeit vergiss die Erde los, flieg mit mir nach Utopia
Elfen werden kommen Speise bringen von Luft werden wir leben im Feuer und mit ihm nichts wird uns halten
nur der Wind wird wehen wohin er will. Komm tanz mit mir.
*
Sitzt in der Ecke zerschlissnes Selbstbild im Arm kann nicht reden
tanzt nicht zündet kein Feuer an wirbelt nicht mal den Wind.
Kein Schmetterling zum Verspeisen Asche im Mund. Die Welt ist erloschen
Kobold friert erbärmlich.
*
Ist wieder obenauf hat Asche ausgespuckt macht Feuer unter meinem Allerwertesten so dass Ich hopse wie ihm das gefällt.
So ein … Kerl möcht ihm die Ohren lang und‘ s Fell möchte ich ihm was will man alles – ach was ich trink ‘nen Schnaps und Kobold hockt beleidigt in der Ecke.
Hubertus Graef: Autos in der Nacht (Kobold) – Fotografie
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Hochhaus
(Für Sophie Uphoff)
Der Scheiben wegen leb ich hier und weil hier keiner keinen
kennt hinter all den Spiegeln und Türen Begegnung nur im Fahrstuhl
Gibt viele Klingeln Und viele „Meyers“ im Wolkenkratzer
Der mich nicht kratzt kann gehn wohin ich will keiner fragt
nach Papieren und im Café kennt dich kein Kerl
Komm heim seh mich von aussen hoch oben an Fassade
Seh mein Gesicht oh Horror Ich greife durch
Greif durch das Glas verlier die Fassung, verlier Das Gleichgewicht
Begegne mir wo ich’s nicht wollte. unten am Boden.
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Unterwegs
auf zwanzig Baustellen
von A nach F
und H ist auch gleich dran
zu schnell – selbst fürs Radar
Porsche
müsste man fahrn
nur dass der Chef sagt –
Egal
was willst du wissen?
Ja, gleich,
ich kümmre mich
später
werd ich leben
am Comer See
oder am Kap –
whalewatching nennen sie‘s
Gedichte schreiben
wenn ich Zeit hab
für ‘ne neue Liebe
ach wär das schön – jedoch
bin unterwegs
von H nach K
und O
ruft grad auf i-phone an.
Hubertus Graef: Strassenbahn (Unterwegs) – Fotografie
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben“.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Fragile
Heute
kommt er
auf seinem Luftrad
der Wind
weht ihn
über die Dächer
drückt ihn
in unsere Gasse
von weitem schon
schwenkt er
den gelben Umschlag
hoch über mir
all meine Hoffnung
ein Stück Papier
Das Gemälde Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch wurde zum ersten Mal 1915 bei der letzten futuristischen Ausstellung in Petrograd (St. Petersburg) gezeigt und gilt seither als eine der Ikonen der Malerei des 20. Jahrhunderts.
In der damaligen Ausstellung wurde es an der höchsten Stelle einer Ecke des Raums mit der Bildfläche leicht schräg nach unten befestigt, umgeben von anderen Bildern des Malers. Das Schwarze Quadrat nahm damit die Position ein, die in einem traditionellen russischen Haus einer religiösen Ikone vorbehalten ist.
Das Schwarze Quadrat von Kasimir Malewitsch
Kasimir Malewitsch selber zu seinem Werk: „Als ich den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellt ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weissen Grundfeld… Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit.“
Das Schwarze Quadrat steht im Zentrum eines vierteiligen, meditativen Zyklus‘ mit Texten und Bildern des Bad-Marienberger Pfarrers und Schriftstellers Bernd Giehl und des Göttinger Digitalkünstlers Hubertus Graef. Unter dem Titel „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ vereint das Werk zahlreiche je korrespondierende Wort-Bild-Kombinationen zu den Themata „Glaube, Liebe, Hoffnung, Kunst“.
Autor Bernd Giehl schreibt zur Entstehungsgeschichte: „Auf der Suche nach einem Titel für das gemeinsame Werk fielen mir ein paar Zeilen aus meinem Gedichtzyklus ‚Zwiegespräch‘ ein: ‚Verborgen seit jeher / Versteckt unter tausend Masken / Kein Wort so missbraucht wie dieses / Das Schwarze Quadrat / Eine Offenbarung / Verglichen mit dir / Wessen Stimme hörte Mose / Im Dornbusch in der Wüste?‘
Sowohl in den Gedichten wie auch in den Bildern geht es um Grenzerfahrungen, die manchmal, vielleicht nicht immer, mit Glauben zu tun haben.
Als Erstveröffentlichung dieser „Offenbarungen des Schwarzen Quadrats“ publiziert das Glarean Magazin in unregelmässiger Folge acht Auszüge des insgesamt 68 Seiten umfassenden Wort-Bild-Projektes. (we)
Jona hadert mit dem Herrn
Ich wollte nicht Prophet sein Schafzüchter hätte mir genügt Landpfarrer, Herr ist auch ein ehrbarer Beruf
dabei das Rosen züchten lernen oder Weinstöcke schneiden im Frühjahr.
Immer, Herr wäre ich dankbar gewesen ein Glas vom eignen Wein hätt‘ ich dir vorgesetzt wenn du gekommen wärst.
Warum nur, Herr dein WORT – als Feuer fiel’s auf mich
Bild-Meditation über das Gemälde „Grande Arlequinade“
von Walter Ehrismann
Walter Ehrismann: Grande Arlequinade, Oeltempera und Sand auf Leinwand
Vor uns ein wirrer Maskenreigen von Gesichtern – kleine Zirkuskunststücke werden uns dargeboten: Seiltänzer, Gaukler, Trapezkünstler beherrschen die Szene. Herrisch dirigiert ein farbig geschminkter Clown die Gruppe. Akrobaten, der grüngesichtige Zauberer, Feuerschlucker, Scharlatane und Harlekine unter ihrer schwarzen Augenmaske. Ein hoher Federdreispitz bedeckt den Kopf – schwarzblau, grün, rot und gold sind die vorherrschenden Farben, aus tiefstem, schwärzesten Grund ans Licht gebracht. Rhombenartig gewürfelt ihr Fleckenkleid. Sie unterhalten die staunende Menge. Der Weisse führt sie an. Sein glitzerndes Seidenkostüm mit den zugespitzten Achselpolstern, die samtene Pumphose, der hohe Hut verleihen ihm diabolische Würde. Auf dem Saxophon bläst er schauerliche Töne. Sie wirken wie die Schreie archaischer Klageweiber.
Gemessenen Schritts umrundet er die Menge. Endlich steht er vor mir, beugt sich zu mir herab. Sein aufgerissener Mund und die Ohren sind grellrot geschminkt, das Gesicht ist erstarrt unter seiner bleichen Maske. Aus leeren Augenhöhlen fixiert er mich. Über allem liegt ein Hauch heiterer Schwermut. Alles, was ich in dem Bild erkenne, das sich vor mir ausbreitet, erzählt etwas über mich. Auch wenn ich nichts sehe: Ich bin es. ♦
im schatten insel
hafen im meer felsen
burg bruchstein
mauern schlüssel das
offene tor unter schwarz
pappeln ankert der
kahn unter schwarz
himmel vom weissen
balkon der blick:
ohne begrenzung
weite sicht
(zu Arnold Böcklin: Toteninsel – 1883)
Giorgio de Chirico: „Die beunruhigenden Musen“
sitzen auf der PIAZZA
stehen im langen
SCHATTEN wortlos die
türme der kathedrale
ansonsten
LEERE die steine
dösen am mittag faul im
folgsamen rhythmus zeit
loser ZEIT schwanken
KOPFLOS die KÖPFE ab
gelegt im bunt
gelackten gedanken
kasten vertrocknen
die wörter
(zu Giorgio de Chirico: Die beunruhigenden Musen – 1917)
Johanna Klara Kuppe
Geb. 1948 in Wuppertal/D, Erzieherin, Musikalienhändlerin, Veröffentlichungen in verschiedenen Anthologien, lebt in Waiblingen/D
Das schäumende Blau der Wellen leckte an dem Schiff. Anfangs beinahe zärtlich wie ein Hund über die zum Streicheln ansetzenden Hände seines Herrchens, doch dann immer gieriger und gieriger. Sie stand reglos da, entblösste mit der rechten Hand das Bild von dem schweren, seiden schimmernden Vorhang, im linken Arm noch den Wassereimer haltend. Stand und betrachtete die Szenerie. Stand so lange, bis sich der türkisfarbene Himmel unter ihren ahnungsvollen Blicken verdüsterte und die immer grösser werdenden Wellen mit dem immer kleiner werdenden Schiff ihr höhnisches Spiel trieben.
`Wie kommt es nur, dass ich die Entfernung, die zwischen uns liegt, nicht spüre? Ich spüre sie nicht, aber ich wünschte, ich würde es tun. Ich wünschte, ich würde dich nicht in Allem, was mich umgibt, erkennen! Zum Beispiel in der Art, wie das Licht in einem bestimmten Moment in diesen Raum fällt und ihn mit deiner Fröhlichkeit und Güte erwärmt. In diesen Raum, der sonst durch die Gegenwart deiner Frau kleiner und enger wird, als er sich anfühlt. Der gleichermassen erdrückt wird von ihren neidischen Blicken, die sich erbarmungslos auf jeden meiner Schritte, auf jede der hunderttausend Bewegungen heften, die ich tagtäglich beim Putzen, Waschen, Bügeln und Bettenmachen verrichte. (Mit einer Anmut, die einer Dienstmagd fern ist und die ihresgleichen sucht, wie du mir einmal zugeflüstert hast.) Nur jetzt ruhen ihre schweren Augen nicht auf mir, jetzt sitzt sie keine zwei Schritte entfernt auf einem Stuhl und liest deinen Brief. Ich kann ihre Kälte auf meinem Gesicht spüren. – Was schreibst du ihr? Worte der Liebe, des Vermissens, der grossen Versprechungen, die sich nie erfüllen, weil der, der verspricht, vergisst, dass die Dinge sich ständig ändern; dass nichts Bestand hat. Wie gern würde ich sicher sein können, dass es anders ist, dass das, was ich als wirklich empfinde, auch von dir als wirklich empfunden wird!`
Ihr Blick richtete sich unversehens wieder auf das Bild: Was würde er in ihm sehen? Die leicht bewegte See, auf dessen schäumend blauen Wellenkronen ein Schiffchen tanzt oder einen durch ein schreckliches Unwetter in Not geratenen Dampfer?
Ein plötzliches Rascheln riss sie aus ihren Gedankengängen. Die Hausherrin faltete den Brief ihres sich auf einer seiner Geschäftsreisen befindenden Mannes zusammen und steckte ihn in den Umschlag zurück. Die Dienstmagd begriff dies auch sogleich als Anlass, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Behutsam liess sie den schweren, seiden schimmernden Vorhang wieder über das Bild gleiten. Da spürte sie plötzlich eine Berührung am rechten Bein. Es schien ihr, als ob der Hund des Hausherrn über ihre Wade gestrichen wäre. Doch die Berührung erwies sich als so flüchtig, dass man sich fragen könnte, ob sie nicht nur eingebildet war. ♦
Stefanie Schaefer
Geb. 1984 in Bühl/D, Studium der Neueren Deutschen Literatur und der Romanistik (Italienisch und Französisch) in Tübingen, Promotion 2010
Die Brandung. Laut. Hoch. Es ist früher Nachmittag. Neumondzeit.
Sie steigen die Felsen hinunter. Das Licht ist grell. Weiss. Es kommt keine Welle wirklich ans Land. Hans und Ute glauben das. Immer, wenn sie ans Meer gehen. Das ist die letzte Sicherheit. Bevor sie ertrinken.
Irgendwann.
Sorgen
Sie stehen im Schnee. Es ist dunkel. Ein Zug ist ausgefallen. Der nächste hat Verspätung. Es schneit stärker. Zwei Frauen lachen. Dann kommt die Durchsage.
Verschoben auf unbestimmte Zeit. Witterungsbedingt. Es ist der Jahrestag der Bombennacht. Oder sonst einer Nacht. Sinnlos. Es ist sinnlos, sich Sorgen zu machen.
Tausend Schirme
Eine Burg. Bernd und Ilse auf dem Weg. Steil. Felsig. Kurven. Ein von Bodenweiler wohnte da. Eng. Kalt. Oben ein Turm. Verfallen. Ohne Halt. Ohne Zinnen. Ohne Geländer. Bernd steigt auf die Brüstung. Es ist Sonntag.
Im April. Sonnig. Bernd weiss es. Auch dass es steil ist. Es ist wie beim Löwenzahn. Wenn er stirbt, fliegen tausend Schirme.
Otto Taufkirch: Gouache
Windstill
Es wird hell. Windstill. Wir gehen ins Tal. Die Nacht hat keine Stimme. Es ist Samstag morgen.
Martina hat Halsschmerzen. Auf dem Weg liegt eine Ratte. Tot.
Ein toter Baum. Vorne schimmert das Wasser. Als Fläche. Hinten geht Max. Alleine. Später wird man sagen, er hat sich verlaufen. Ein Singular ist lange teilbar. So lange, bis Max gefunden wird.
Hilfe
Die Arkaden. Ein Mann. Eine weisse Bank. Ein Arm. Der Mann mit einem Arm. Ein Arm mit einem Mann. Ein Stock. Karl und Ute stehen davor.
Vor dem Stock. Vor dem Arm. Vor dem Mann. Es ist Montag. Die Kurpromenade ist leer. Der Mann glaubt nicht an Gott. Er hat seinen Stock. Seine Arkaden. Seinen Arm. Karl und Ute flüchten. In die Liebfrauenkirche.
Was immer das ist. Seit sie ein Licht angezündet haben, sind sie ruhiger.
Für jeden gibt es eine Hilfe.
Sei ohne Tun…
Es ist Erntezeit, sagt Franz, wir müssen auf alles gefasst sein.
Er hat es beim Frühstück gesagt, beiläufig, ohne Pathos.
Sie erinnert sich daran, viel später.
Dann kam alles auf einmal, zuerst der Seenebel, dann stürzte die Gartenmauer ein. Der Wind frischte auf.
Die Erntezeit nahm Franz mit. Auf die Reise. Er hatte das Marcumar abgesetzt. Er wollte es nicht mehr.
Der Fluss wurde gestoppt. Nichts was dann ungetan bliebe, sagt Lao Tse.
Geb. 1942; Maler, Zeichner und Lyriker; zahlreiche Ausstellungen in Deutschland, Italien, Frankreich und Portugal; diverse Lyrik-Publikationen; lebt in Lauf/D
Schimmernde Samennetze wabern im Meer. Der Fisch und seine Gefährtin tanzen lautlos im Rausch der Zeugung.
Die Frau schwebt im Wasser, versucht, in der Strömung ihren Platz zu behalten, nichts aufzuwirbeln, sachte, als sei sie wieder das Kind an der Hand des Grossvaters im Wald, schleichend auf der Pirsch in anderen Farben. Sie verhält sich wie ein erregter Jagdhund.
Das Wesen mit der schimmernden Haut vor ihr steht im grünen Licht, Kringel und Spiralen tanzen in zärtlichem Smaragd, schliessen Helligkeit ein, Gelb sickert herab, flüssiges Glas, das sich auf die dunkle Haut legt. Der Fisch verharrt völlig bewegungslos, sieht sie immer noch an, abwartend, sehr distanziert, mit diesen starren Pupillen, diesem Schwarz, als presse er sich an ein Okular und verstecke sein wahres Auge dahinter. Er ist schön. Seine Bewegungen sind sparsam, voll verhaltener Energie, sein Körper glänzt fest und glatt, im Schwarz königlichen Leichengepränges.
Sie öffnet ihre Finger zu Fächern, langsam, behutsam, das Wasser rinnt dazwischen durch, streichelt an der zarten Haut ihrer Handteller entlang. Sie spürt die Wärme, die von oben herunterdringt, die Farben und Lebewesen rund um sich, ohne sie bewusst wahrzunehmen, sie spürt, dass sie da sind. Doch alles ist nur offen für das Fischauge gegenüber, und so verharren sie in gegenseitiger Betrachtung.
Im weissen Sandbett ruhen die schwarzen Felsblöcke, rosafarben leckt das Meer an den von grünbraunen Algen überzogenen Wänden. Es ist ein Stein im Schwarz dumpfer Katakomben. In Spalten lauern kobaltblaue Striche, schiessen ein in das Schwarz, bewegen sich hin zu violett, aus Rissen rieselt stumpfes Anthrazit. Nackt liegt das Schwarz der prallen Sonne ausgesetzt, die Lebendigkeit der Schatten am Fuss der Felsen weicht starrer Leblosigkeit. Es ist, als zöge sich der Glanz zurück ins uralte, feuchte Innere, hinterliesse ein Schwarz, seiner Seele beraubt, das unterm dem tropischen Licht zerbröckelt zu russigem, apathischem Dunkel. Die Felsen warten. Wie urzeitliche Panzertiere haben sie sich in sich zurückgezogen und brüten über den Farben.
Der Mann nimmt den Apfel und legt ihn auf die nassen Finger der Frau. Salz verkrustet sich im Wind an den winzigen, aufgerichteten Häärchen. Der Apfel ist rot, prall und glatt. Die Frau hält Leben in der Hand.
Licht tanzt über dem Meer, die braunen Erdtöne steigen auf, bieten sich der Sonne dar, Ocker schwelt über Umbra, Karmin, leuchtet im Schatten der grünen Pflanzendächer, Siena vermischt sich mit zartem Rosa und schmilzt ins pudrige Beige des Strandes. Die See ist wie ein Schild, bleiweiss in der vergehenden Hitze verbirgt sie den lautlosen Kampf, die lautlose Schönheit, die lautlose Jagd, das lautlose Werben, die lautlose Vernichtung, die lautlose Geburt.
Unter den Blättern verharrt seufzend die aufsteigende Brise, Schleier ziehen von den Hängen herab. Schräge Bronzetöne verdampfen auf der Haut der Frau. Der Mann beugt sich über die Schatten, beisst in den Apfel, das Fleisch kracht saftig zwischen seinen Zähnen, der Zauber bricht.
Der Fisch und seine Gefährtin umtanzen die befruchteten Schnüre, beobachten das keimende Leben.
Auf dem sich kräuselnden Wasser liegen Boote mit aufgerollten Netzen.
Kraniche staksen nebelig weiss auf dürren Beinen zwischen glänzenden, kunstvoll geschichteten Melonen, den reifen Tomaten, deren sanftes Rot in den Körben schimmert. Die Vögel hocken auf den durchhängenden Planen, wetzen die halboffenen Schnäbel, recken die Hälse und schiessen hinunter auf den nassen Tisch mitten zwischen die braunen Hände mit den pastellfarbenen Geldscheinen, die sich den Fischbündeln entgegenstrecken. Sie zielen auf Fischreste, Schwänze und Innereien, schnappen auf, schlucken ruckartig mit den sich krümmenden Hälsen. Die Finger weichen nicht zurück, die Kraniche heben ab.
Ein Fischauge liegt auf dem nassen Holz, Schuppen kleben wie Katzensilber auf dem Tisch, abwaschbare Intarsien des Tiertodes.
Hoch über dem Wasser steht das weisse Haus mit der schmalen Brüstung, auf der Veranda tanzen Menschen. Die grünen Sprossen der glaslosen Fenster leuchten im Kerzenschein. Die Frau und der Mann schauen über die verstreuten Lichter unter ihnen hinaus auf das silbrige Grau des Meeres, die blauschwarzen Kuppen der vorgelagerten Inseln.
Im warmen Bambuston hinter den grünen Sprossen legt eine nussfarbene Frau mit langgezogenen Fingern und weissen Halbmonden auf Perlmuttnägeln ein Stilleben des Todes. Sie hält die Papaya, sie spürt die wächserne Haut der grobporigen Orange, sie fährt über das angelaufene matte Grau der Platte, prüft das Gewebe des Tuches, zieht daran. Auf dem Teller liegen der Fisch und seine Gefährtin, appetitlich und prall. Die gebrochenen Augen verwandeln sich zu Löchern ins bodenlose Schwarz.
Betrachtung hält die Zeit an. Stille. Die Frau lächelt den Mann an, ihre Lippen berühren sich. In der Unbeweglichkeit des Augenblicks verlöscht der Tod im Leben.
„Es ist angerichtet“, sagt die nussbraune Frau, und das Paar wendet sich ihr zu. ♦
Geb. 1954 in Steyr/A, Studium der Anglistik und Romanistik, Prosa-Buchveröffentlichungen, verschiedene internationale Kunstausstellungen, diverse Literatur-Auszeichnungen, lebt in Bisamberg/A