Glarean Magazin

Die neue Karl-May-Biographie

Posted in Buch-Rezension, Karl May, Literatur, Rezensionen by Walter Eigenmann on 17. Oktober 2007

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.«Karl May und seine Zeit» –
Bilder Dokumente, Texte

Walter Eigenmann

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bamberg-karl-may-und-seine-zeit-biographie.jpgDer Bamberger Karl-May-Verlag, seit Jahrzehnten führendes Haus in Sachen May, legt mit seiner just erschienenen Bild-Biographie «Karl May und seine Zeit» einen beispiellos üppig ausstaffierten, fast 600-seitigen, im berühmten «Gold-auf-Grün»-Look aller seiner May-Bände daherkommenden Bild- und Text-Konvolut vor. Der beeindruckende, mit über weite Strecken noch unveröffentlichtem Material bestückte Prachtband ist das Ergebnis mehrjähriger Recherchen der beiden May-Forscher Gerhard Kluβmeier und Hainer Plaul.
Was diese neueste Biographie über einen der meistgelesenen (und meistumstrittenen) Schriftsteller der gesamten deutschsprachigen Literaturgeschichte heraushebt, ist – neben der erschlagenden Fülle von über 1’500 Fotos, Dokumenten, Illustrationen und Presseartikeln – vor allem der inhaltliche Ansatz der Autoren. Denn obschon man der beiden Editoren glühende Hingabe an ihre Arbeit und ihre Verehrung für den Millionen-Seller Karl May auf jeder Seite spürt, so war man doch bemüht, den unsterblichen «Winnetou»-Schöpfer nicht einfach der kritik- und distanzlosen Pietät (angesichts seines einzigartigen weltumspannenden Erfolges) auszuliefern, sondern seine Persönlichkeit und sein Schreiben in den sozialen und medienpsychologischen Kontext seiner Zeit zu stellen. Zurecht dokumentieren (und «beweisen» damit) Kluβmeier und Plaul in ihrem Buch einen deutschen Romancier, der einbezogen, ja verstrickt war in sehr belastende private, aber auch gesellschaftliche Zwänge inmitten der sog. Gründerjahre und deren widersprüchlichem, teils bigottem Pressewesen. Die faire Rede ist also nicht nur vom «kriminellen Delinquenten» (der bekanntlich Jahre seines unsteten Lebens als verurteilter Dieb und «Shatterhand»-Hochstapler nicht unter Geiern, sondern hinter Gittern verbrachte), sondern auch vom Kulturkämpfer, v.a. aber vom bedingungslosen Pazifisten Karl May – und dessen lebenslangem Einstehen für Humanität, ethnische Toleranz und dichterische Freiheit.

Karl May

Im März 2007 jährte sich der Todestag Karl Mays zum 95. Mal. Auch ein knappes Jahrhundert nach seinem Tod gehört er nach wie vor zu den beliebtesten Autoren Deutschlands und setzt immer neue Superlative. Um nur einige zu nennen: Karl May ist mit über 100 Millionen verkauften Büchern der meistgelesene Schriftsteller in deutscher Sprache. Seine Werke wurden zudem in über 40 Sprachen übersetzt. Bei den am häufigsten im Internet und auf Bestsellerlisten genannten deutschen Autoren belegt Karl May Rang 3. (Quelle: Karl-May-Verlag Bamberg)

Jenseits aller ideologisch gefärbten, teils auch auf schiere Unkenntnis beruhenden Fokussierung auf die menschlichen Defizite des Karl May schaufelt diese Biographie aus Bamberg, auch als ein opulent bebildertes Sittengemälde einer ganzen Epoche, den Blick frei auf eine singuläre Erscheinung in der mehrhundertjährigen Geschichte deutschsprachiger Abenteuer-Dichtung. Nicht nur der trivialliterarische, sondern auch der dokumentierend-wissenschaftliche Diskurs über diesen Schriftsteller hat mit der Biographie «Karl May und seine Zeit» eine neue Referenz. ■

G.Klußmeier/H.Plaul: Karl May und seine Zeit, Bildbiografie, Karl-May-Verlag Bamberg, 592 Seiten, ISBN 978-3-7802-0181-2

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