Glarean Magazin

Das Zitat der Woche

Posted in Hans Küng, Religion, Theologie, Zitat der Woche by Walter Eigenmann on 29. Juni 2009

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Vom «vernünftigen» Glauben

Hans Küng

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Auch Sie – ich muß hier klar reden – stehen damit vor einer Alternative: Entweder – Sie sterben ins Nichts hinein: Ist das Ihre Einstellung, will ich ihr den Respekt nicht versagen. Diese Auffassung kann kaum widerlegt werden. Freilich hat sie auch noch niemand positiv bewiesen. Nie hat es jemanden gegeben, der bewiesen hätte, daß wir ins Nichts hineinsterben und all unser Leben, Wirken, Lieben, Leiden im Nichts endet, letztlich für nichts war. Und vernünftig, nein, vernünftig erscheint mir diese Möglichkeit auf keinen Fall. Oder – Sie sterben in jene allerletzte Wirklichkeit hinein, die dann auch die allererste, die unfaßbar-umfassende wirklichste Wirklichkeit ist, die wir Gott nennen: Diese Möglichkeit kann ebenfalls nicht rational bewiesen werden, kann freilich auch nicht widerlegt werden. Doch können Sie sich in einem, wie ich meine, durchaus vernünftigen, aufgeklärten Vertrauen darauf einlassen: nicht um sich auf ein Jenseits zu vertrösten, sondern um sich im Diesseits entschiedener einzusetzen.

Hans KuengDaß Sie nicht ins Nichts, sondern in Gott hineinsterben: vernünftiger, ja vernünftig erscheint mir dies allemal. Denn: wenn Gott wirklich existiert und wenn dieser existierende Gott wirklich Gott ist, dann kann er nicht nur der Gott des Anfangs, dann muß er auch der Gott des Endes sein. Dann ist er wie unser Schöpfer so auch unser Vollender. Auch dies also ist Sache eines vernünftigen Vertrauens: Glaubend traue ich diesem Gott alles, auch das Letzte, auch die Überwindung des Todes zu. Dem Schöpfer und Erhalter des Kosmos und des Menschen, und nur ihm, ist zuzutrauen, daß er auch bei Sterben und Tod über die Grenzen alles bislang Erfahrenen hinaus noch ein Wort mehr zu sagen hat: daß ihm wie das erste so auch das letzte Wort gehört. Wenn ich ernsthaft an den ewigen, lebendigen Gott glaube, glaube ich auch an Gottes ewiges Leben, an mein ewiges Leben. Wenn ich somit mein Credo mit dem Glauben an »Gott, den allmächtigen Schöpfer« anfange, so darf ich es – so meine ich – auch ruhig mit dem Glauben an »das ewige Leben« beenden.

Aus Hans Küng, Das sogenannte und das wahrhaft Christliche; in: W. Jens (Hrsg.), Warum ich Christ bin, Kindler Verlag 1979

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