Glarean Magazin

Komponisten-Porträt: Andrew Lloyd Webber

Posted in Andrew Lloyd-Webber, Essays & Aufsätze, Musical, Musik, Walter Eigenmann by Walter Eigenmann on 7. Juli 2007

.

Von Jesus bis Evita

Walter Eigenmann

.

Andrew Lloyd-Webber (*1948)

Bereits als Neunjähriger soll der am 22. März 1948 im englischen Westminster als Sohn des Professors für Musiktheorie & Komposition am Royal College of Music William S. Lloyd-Webber geborene Andrew Lloyd Webber ein Theaterstück für Kinder geschrieben haben. 1971 gelang ihm mit der (umstrittenen, das Neue Testament eigenwillig interpretierenden) Rockoper «Jesus Christ Superstar» der erste Welterfolg. Nach und nach kamen mit «Evita» (1978), «Cats» (1981), «Starlight Express» (1984) weitere Musical-Hits auf die internationalen Show-Bühnen – alle mit durchschlagendem Erfolg.
Heute dürfte Lloyd Webber (nicht zuletzt dank eines effizient im Hintergrund wirkenden Text- und Songwriter-Teams sowie einer perfekt funktionierenden PR-Maschinerie) der berühmteste (und reichste) U-Komponist aller Zeiten sein.

Alle Webber-Musicals leben von einer aufwendigen Inszenierung mit effektvoller Lichtregie und kostspieligen Kostümen. Darüber hinaus stellen sie teilweise hohe Ansprüche an die tänzerischen, gesanglichen und schauspielerischen Fähigkeiten der Darsteller.
Formal sind sie meist nach dem konventionellen Muster der klassischen «Nummern-Revue» gestrickt, wobei die Stoffe entweder literarische Vorlagen adaptieren (T.S. Eliot bei «Cats», G. Leroux beim «Phantom») oder auf eigenen Drehbüchern – Webbers «Lieblingstexter» sind Tim Rice und Richard Stilgoe – basieren.

Eines der meistaufgeführten Musik-Bühnenstücke der Welt: Andrew Lloyd-Webbers «Cats»

Musikalisch ist der erfolgsverwöhnte Musical-König mit allen Wassern gewaschen, und die Palette seiner Stilmittel ist für einen Unterhaltungskomponisten erstaunlich breit. Vom akkordisch einfachen Liebesduettchen bis zum dissonant-martialischen Orchestertutti, von der lyrischen Solo-Arie bis zum rockigen «Chorus Line» ziehen seine (gelegentlich durchaus kitschigen Herz-Schmerz-) Stücke sämtliche Ausdrucksregister des modernen Bühnen-Entertainments.

1985 kam mit dem «Requiem» sogar ein (melodisch teils betont populär-«süβlicher», deshalb geschmacklich auch heftig umstrittener) Abstecher in die «Klassik» hinzu. Das großangelegte Werk (nach der lateinischen Totenmesse) wurde in der New Yorker Thomas-Kathedrale uraufgeführt – immerhin mit dem renommierten English Chamber Orchestra unter Lorin Maazel sowie Placido Domingo und (Webbers Ex-Ehefrau) Sarah Brightman in den Solo-Parts.

Uraufführung des Requiems 1985 mit Domingo und Brightman unter Lorin Maazel

Der weltweite, nun schon seit 35 Jahren anhaltende Erfolg des mehrfach preisgekrönten Musical-Schöpfers Sir Andrew Lloyd-Webber kann nicht allein auf romantischen Kuss-Szenen, kreativen Syntheziser-Klängen, gigantischen Licht-Orgien oder millionenschweren Saal-Bauten beruhen. Lloyd-Webber, das ist auch eine Traumfabrik. Kein anderer Show-Komponist vor ihm hat die moderne Widersprüchlichkeit zwischen «Schein und Sein», aber auch «Kitsch und Kunst» so psychologisch raffiniert, musikalisch vielfältig und gleichzeitig szenisch virtuos auf die großen Showbühnen der internationalen Musik-Szene gebannt. Das ist der Grund, warum man einige der besten Stücke des A. Lloyd-Webber auch noch in den nächsten 50 Jahren auf den wichtigen Spielplänen der Welt antreffen dürfte. ■

.

.

Folgen

Erhalte jeden neuen Beitrag in deinen Posteingang.

Schließe dich 102 Followern an