Glarean Magazin

Das Zitat der Woche

Posted in Dashiell Hammett, Literatur, Sprache, Zitat der Woche by Walter Eigenmann on 5. September 2010

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Von der Sprache des einfachen Mannes

Dashiell Hammett

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Die Sprache des Mannes auf der Straße ist meistens weder klar noch einfach. Wenn Sie meinen, ich übertreibe, lassen Sie Ihre Stenografin mal ein bißchen mit Notizblock und Bleistift horchen. Sie werden diese von Gestik und Gesichtsausdruck losgelöste Sprache nicht nur überaus kompliziert und stumpfsinnig, sondern in ihrem Mangel an logischem Zusammenhang nahezu sinnlos finden. Vielleicht ist die geschriebene Sprache des einfachen Mannes ein wenig besser. Wenn Sie erfahren wollen, wie wenig, so wählen Sie aufs Geratewohl ein halbes Dutzend Männer aus, Männer, die in ihrer täglichen Arbeit nicht mit Worten zu tun haben, und lassen Sie sie ein Schriftstück verfassen. Das Ergebnis wird interessant und lehrreich sein. Es wird weder klar noch einfach sein. Die Lieblingsworte des einfachen Mannes sind die, die es ihm ermöglichen zu reden, ohne zu denken…

Dashiell Hammett (1894-1961)

Man kann tonnenweise Bücher und Zeitschriften lesen, ohne, selbst im erfundenen Dialog, auf einen Versuch zu stoßen, die Alltagssprache getreu zu reproduzieren. Es gibt zwar Schriftsteller, die es versuchen, aber sie sehen sich selten gedruckt.
Einfachheit und Klarheit sind vom Mann auf der Straße nicht zu kriegen. Sie sind die am schwersten faßbaren und am schwierigsten zu erreichenden literarischen Leistungen, und jeder Schriftsteller, der sie erreichen will, braucht ein hohes Maß an Geschick. Sie sind die wichtigsten Qualitäten, wenn man die maximale gewünschte Wirkung auf den Leser erzielen will. Diese maximale gewünschte Wirkung zu erzielen, ist das Hauptziel der Literatur. ■

Aus Dashiell Hammett, Über Stil, in: Tintenfass Nr. 26, Diogenes Verlag 2002

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