Kein Applaus für das Royal Philharmonic Orchestra
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Mozart-Sinfonik für Pflanzen?
Walter Eigenmann
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Die chronische Finanzknappheit heutiger Sinfonieorchester, auch berühmtester Ensembles treibt buchstäblich immer seltsamere Blüten. Einen Marketing-Gag der schrägsten Art ließen sich unlängst die englische Shopping-Kette QVC und das renommierte Royal Philharmonic Orchestra einfallen. Geschlagene drei Stunden lang konzertierte das Londoner Spitzenorchester unter der Leitung von Benjamin Pope vor einem stattlichen Auditorium von – Pflanzen! Denn QVC-Garden-Chief Richard Jackson und seine Werbeleute wollten gemäß einer Meldung von «NewsLite» prüfen, ob klassische Musik bzw. die Nachhallzeit von Schallwellen eventuell «die Protein-Produktion in Pflanzen stimulieren und dadurch das Wachstum verstärken» könnte. Und so kam eine über 100 Arten zählende Riesensammlung unterschiedlichsten Grünzeugs im altehrwürdigen RPO-Stammhaus «Cadogan Hall» in den Genuss zahlreicher Klassik-Hits, darunter viel Mozart-Sinfonik.
QVC-«Garten-Experte» Jackson im PR-Video (siehe via Bild-Mausklick) allen Ernstes (wenngleich nicht ohne Schmunzeln): «Wir wollten herausfinden, ob Pflanzen mit Klassik glücklicher sind und besser wachsen». Dirigent Pope seinerseits zu dem botanischen Konzert-Gag: «Bestimmt das duftigste Publikum, vor dem wir jemals gespielt haben. Es war allerdings leicht zermürbend, statt applaudierender Menschen nur viele Reihen gesenkter Köpfe zu sehen…»
Wie hoch des Orchesters Honorar für das Rezital ausgefallen ist, entzieht sich der Kenntnis des Berichterstatters; außerdem steht zu befürchten, dass keinerlei exakte naturwissenschaftliche Messwerte dieses «Experimentes» publik werden… ●
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Neuauflage des Youtube-Sinfonie-Orchesters
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Online-Portal lädt zum Mitspielen ein
Zum zweiten Mal nach 2009 – damals bewarben sich mehrere tausend Musiker, ausgewählt wurden neunzig – offeriert das Internet-Videoportal YouTube die Möglichkeit für Amateure, in einem eigens gegründeten Symphonie-Orchester mitzuspielen. An dem internationalen Projekt beteiligt sind das London Symphony Orchestra, die Sydney Symphony sowie die Berliner Philharmoniker. Wer mitmachen will, muss entweder online vorspielen und Videos mit eigenen Darbietungen hochladen, oder eine Solo-Improvisation für ein Stück einreichen, das der US-amerikanische Komponist Mason Bates eigens für das Orchester komponiert hat. Die ausgewählten Musiker werden schließlich eingeladen, im März 2011 unter der Leitung von Michael Tilson Thomas im Opernhaus von Sydney aufzutreten. Einsende-Schluss ist am 28. November 2010, die weiteren Einzelheiten finden sich hier. ■
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Aufgeschnappt
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Literatur-Nobelpreis für Bob Dylan?
Die Berliner Zeitschrift «Literaturen» meint in ihrem jüngsten Heft, der US-Pop-, Folk- und Rocksänger Bob Dylan sollte den nächsten Nobelpreis für Literatur erhalten. Denn immerhin sei er «der einflussreichste und wirkungsmächtigste Lyriker der Moderne». Das Werk des inzwischen 68-jährigen sei «lebendig und bleibt in Bewegung, nicht zuletzt durch ihn selbst und die fortgesetzte Neuinterpretation seiner alten Songs», heißt es in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift. «Bei ihm wird aus Dichtung Musik und aus Musik Poesie», schreibt das Heft weiter; «Einer wie er sollte endlich den Literaturnobelpreis bekommen.»
Alljährlich im Oktober vergibt in Stockholm das Nobelpreis-Komitee diese in verschiedenen natur- und geisteswissenschaftlichen Disziplinen dotierte, hoch angesehene Auszeichnung. Die Literatur-Preisträger der letzten fünf Jahre waren Elfriede Jelinek, Harold Pinter, Orhan Pamuk, Doris Lessing und Jean-Marie Gustave Le Clézio. Pro Jahr gehen nach inoffiziellen Angaben bis zu 300 Nominierungen in Stockholm ein. Vorschläge einreichen können neben Literatur- und Linguistikprofessoren auch frühere Preisträger, Mitglieder der Schwedischen Akademie und Vertreter von Schriftstellerverbänden.
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Heute vor … Jahren
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Woodstock 1969: 3 Days of Peace & Music
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Trocken hält die allwissende Wikipedia fest: «Das Woodstock Music and Art Festival war ein Musikfestival, das als musikalischer Höhepunkt der US-amerikanischen Hippiebewegung gilt. Es fand offiziell vom 15. bis 17. August 1969 statt, endete jedoch erst am Morgen des 18. August. Der Veranstaltungsort war eine Farm in Bethel im US-amerikanischen Bundesstaat New York.»
Doch schon Tage später, und erst recht heute, exakt 40 Jahre danach, ist deutlich: Woodstock war kein Konzert. Woodstock ist ein Mythos.
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16-Jähriger dirigiert amerikanisches Spitzenorchester
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Musik-Wunderknabe Ilyich Rivas interpretiert Tschaikowsky
Walter Eigenmann
In praktisch allen Kultur- und Sport-Bereichen scheinen die «Maestri» und «Stars» ständig jünger zu werden. Nun überraschte das amerikanische Spitzenorchester Atlanta Symphony Orchestra (ASO) seine weltweiten Anhänger mit der sensationellen Ankündigung, der erst 16 Jahre junge, in Venezuela geborene Ilyich Rivas werde ein komplettes Sinfonie-Konzert des renommierten Klangkörpers dirigieren.
Der jugendliche Conductor und Pianist, dessen Vater ebenfalls ein angesehener Orchester-Dirigent ist, fiel in einer Reihe von hochkarätigen Ausbildungsstätten – darunter auch im Verbier-Festival-Dirigentenkurs von Kurt Masur – als Extrem-Begabung auf und hat als Dirigent bereits zahlreiche Orchesterkonzerte sowohl in Amerika als auch in seinem Heimatland hinter sich. Mit neun leitete Rivas erstmals ein Bläser-Ensemble, ein Jahr später führte er in Venezuela Mozarts große G-Moll-Sinfonie Nr. 40 auf…
In Atlanta wird er also nächsten Samstag erstmals vor einem international reputierten Orchester stehen. Gegeben werden Verdis Ouvertüre zu «Les vêpres siciliennes», Mendelssohns Violinkonzert e-moll op. 64 – mit der erst 22-jährigen (!) Elena Urioste als Solistin – sowie als Höhepunkt des Abends Tschaikowskis Vierte Sinfonie.
Ungeachtet der offensichtlichen Hochbegabung dieses jungen Musikers stellen sich mit der «Verpflichtung» Rivas’ ans ASO doch kritische Fragen:
Reicht der aus «nur» 16-jähriger Denk- und Lebenserfahrung gespiesene «geistige Horizont» eines Knaben aus für eine gültige Interpretation solcher kulturgeschichtlicher Höhepunkte wie der Tschaikowski-Sinfonik? Wie gestaltet(e) sich überhaupt in einem solchen Fall die orchesterpädagogische bzw. -psychologische Arbeit, da ein relativ unerfahrener Jugendlicher hundert hochkarätig ausgebildete und oft vieljährig erfahrene Spitzenkönner führen muss? Oder ist dieses Engagement ganz einfach das Beispiel raffinierter neuer Marketing-Gags, welche in Wirtschaftskrisen-Zeiten wieder mehr (sensationslüsterne) Besucher in die Konzerthallen der finanziell überall serbelnden Spitzenorchester (nicht nur in Amerika) schwemmen sollen? Wie weit will es der globale Musik-Kommerz noch treiben mit dem grassierenden Jugend-Kult?
Tschaikowsky – 4. Symphonie (Beginn des vierten Satzes) —> Hörbeispiel (Barenboim/YouTube)
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Themenverwandte Links
Orchestermusik – Kammerorchester – Konzertveranstaltungen – OperaPoint –
Internationales Literaturfestival Leukerbad 2009
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Literatur in den Schweizer Bergen
Vom 3. bis 5. Juli 2009 findet zum 14. Mal das Internationale Literaturfestival Leukerbad mit Lesungen und Gesprächen an den mittlerweile legendären Leseorten im Walliser Bäderort statt. Rund zwei Dutzend Autorinnen und Autoren versammeln sich für ein Wochenende in Leukerbad – im Gepäck bisher Unveröffentlichtes, Zeitloses und -geistiges.
Mit Iso Camartin, Geert Mak, Joachim Sartorius und Daniel Schwartz ist einer der Themenschwerpunkte am diesjährigen Festival gesetzt: Reisen. Während Geert Mak auf den Spuren des 20. Jahrhunderts die geschichtsträchtigen Orte Europas besucht, zieht es den Fotografen Daniel Schwartz an die Schnittstelle zwischen Asien, Arabien, China und Europa. Er stellt sein fulminantes Werk vor, das politische, literarische Reportage, Enzyklopädie und Kulturgeschichte in einem ist. Joachim Sartorius führt uns mit seinem neuen Buch zu den Prinzeninseln bei Istanbul. Und der Literatur- und Kulturwissenschaftler Iso Camartin spürt die Besonderheiten im eigenen Lande auf.
Andrej Bitow, einer der wichtigsten Autoren Russlands, wird zusammen mit seiner deutschen Übersetzerin Rosemarie Tietze am Festival teilnehmen. Sein Roman «Das Puschkinhaus», in dem zentrale Gestalten, Motive und Fragen der russischen Literatur auftauchen, erschien 2007 erstmals vollständig und neu in Tietzes Übersetzung.
Der im letzten Jahr verstärkt vertretenen französischsprachigen Literatur wird auch am diesjährigen Festival ein grosser Platz eingeräumt: Neben anderen reist Anne Cuneo mit ihrem nun auf deutsch erschienenen Roman «Zaïda» an. Freuen kann man sich auch auf Véronique Olmi und ihr gerade auf deutsch aufgelegtes Buch «Die Promenade».
Im Übersetzungs-Colloquium, das erneut in Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin aufgebaut wird, stellt sich heuer Katharina Faber mit «Fremde Signale» den Übersetzerinnen und Übersetzern. Und schliesslich wird der von der Stiftung Schloss Leuk ausgelobte «Spycher: Literaturpreis Leuk» wiederum im Rahmen des Festivals verliehen. (Aus dem Festival-Vorwort)
Die Kinder von Wijk aan Zee
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Corus-Schachturnier von der Jugend dominiert
Eric van Reem
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Das «Corus Chess Tournament» im niederländischen Wijk aan Zee, das dieses Jahr bereits zum 71. Mal stattfand und längst zu den renommierten «Grand-Slam-Turnieren» der internationalen Schachszene zählt, wurde in jeder Gruppe von der Jugend dominiert. Nach dreizehn hart umkämpften Runden siegte der junge Ukrainer Sergey Karjakin in der A-Gruppe. Karjakin wurde erst kurz vor dem Turnier 19 Jahre alt. Mit fünf Jahren erlernte er das Schachspiel und als 11-jähriger wurde er Internationaler Meister. Er errang seinen Großmeistertitel im August 2002 im Alter von 12 Jahren, 7 Monaten und 0 Tagen und hält damit den Rekord als jüngster Schach-Großmeister aller Zeiten. Sein Sieg in Wijk aan Zee ist der größte Erfolg seines Lebens, erzählte er auf der Pressekonferenz nach der letzten Runde.
In der sehr stark besetzen B-Gruppe konnte sich der 16-jährige Italo-Amerikaner Fabiano Caruana in der letzten Runde mit einem glücklichen Sieg über Nigel Short den ersten Platz sichern. Caruana besitzt die amerikanische und die italienische Staatsbürgerschaft. Er wurde 1992 in Miami geboren, seine Großeltern sind italienischer Abstammung. Im Jahr 1996 zog er mit seinen Eltern nach Brooklyn, New York, wo er bereits im Alter von fünf Jahren von dem bekannten Schachtrainer Bruce Pandolfini entdeckt wurde. Caruana erfüllte im Juli 2007 beim First Saturday-Turnier in Budapest seine letzte Großmeister-Norm und war im Alter von 14 Jahren, 11 Monaten und 20 Tagen der jüngste amerikanische und italienische Schachspieler, dem dies bisher gelang.
Wesley So von den Philippinen ist erst 15 Jahre alt und gewann die C-Gruppe in Wijk aan Zee sehr überzeugend. So wurde GM als er 14 Jahre, 1 Monat und 28 Tagen alt war, und spielte bereits als 12-jähriger bei der Olympiade in Turin in der Mannschaft seiner Heimat.
In der gleichen Gruppe wurde ein vielleicht noch größeres Talent Zweiter: der 14-jährige Anish Giri. Der Knirps hat in St. Petersburg, der Heimatstadt seiner Mutter, Schach gelernt. Zuletzt war seine Familie einige Jahre in Japan, wo Anish fast nur im Internet Spielpartner fand. Seit etwa einem Jahr lebt die Familie in den schachverrückten Niederlanden, wo sein aus Nepal stammender Vater eine Stelle als Wissenschaftler angenommen hat. Im April 2008 gewann er das HSG Open anlässlich der Niederländischen Meisterschaft in Hilversum und erzielte dabei seine erste GM-Norm. Beim Corus Turnier erzielte er letzte Woche seine dritte und letzte Norm und ist somit der jüngste GM der Welt.
Er löste damit gleichzeitig ein anderes Wunderkind als aktuell jüngster (Männer-)Großmeister überhaupt ab, das auch in Wijk aan Zee spielte: die 14-jährige You Hifan. Die Chinesin, die am 27. Februar 15 Jahre alt wird, erreichte im Alter von 14 Jahren, 6 Monaten und 2 Tagen bei der Frauen-Weltmeisterschaft die dritte Norm für den allgemeinen Großmeistertitel, der ihr beim 79. FIDE-Kongress während der Schacholympiade in Dresden offiziell verliehen wurde. Damit ist sie die bisher jüngste Trägerin dieses Titels.
Offensichtlich haben die Organisatoren in Wijk ein glückliches Händchen bei der Auswahl der Wunderkinder. Ein Kandidat für das B- oder C-Turnier im nächsten Jahr ist das ukrainische Supertalent Illya Nyzhnyk, geboren am 27. September 1996. Er war erst 10, als er die B-Gruppe im Moskauer Open gewann. Letztes Jahr erzielte er seine erste GM-Norm bei einem Turnier in Kiev. Und jawohl, der junge Ukrainer hat bereits eine eigene Website. Vielleicht wird er schon bald in den Fußstapfen seiner Landsmänner Ivanchuk und Karjakin treten. Und wo kann man sich besser präsentieren als beim Corus Chess Tournament?
Die Runden-Ergebnisse des A-Turniers
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Aufgeschnappt
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Quartett spielte bei Obama-Inauguration nicht live

Obama-Inauguration: Live-Video-Mitschnitt auf Youtube
Beim Auftritt des neuen amerikanischen Präsidenten Barak Obama anlässlich dessen Amtseinführung – sie wurde weltweit hundert-millionenfach übertragen – kam auch ein prominentes Klassik-Quartett zum Einsatz, welches sich aus dem Geiger Itzhak Perlman, der Pianistin Gabriela Montero, dem Klarinettisten Anthony McGill sowie dem Cellisten Yo-Yo Ma zusammensetzte.
Doch wie nun die New York Times meldet, spielten die vier gar nicht live. Denn wegen der extremen Kälte, die zur Zeit der Feier herrschte, hätten die Musiker nicht wirklich spielen können. Wie eine Sprecherin des «Joint Congressional Committee on Inaugural Ceremonies» weiter mitteilte, hätte man außerdem mit reissenden Klaviersaiten und verstimmten Instrumenten rechnen müssen. Live gespielt hätten hingegen die Marine Band und der Chor, die ebenfalls bei dieser Inaugurations-Feier des populären US-Präsidenten zu hören waren.
MDR-Thementag zur Schach-Olympiade 2008 in Dresden
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«Gymnastik für den Geist»
Heute beginnt in Dresden die 38. Schacholympiade 2008 mit über 2’000 Teilnehmern aus 152 Ländern. Der Mitteldeutsche Rundfunk bzw. das MDR-Radio-Gefäß «Figaro» widmet dem Königlichen Spiel einen ganzen Schach-Themen-Tag, insgesamt wird das Schach von morgens ca. 6 Uhr bis abends ca. 19 Uhr «auf Sendung sein».
Zur Sprache kommen dabei vielfältige Aspekte des berühmten Brettspiels, beispielsweise: «Warum Schach eine Sportart ist»; «Schach und Intelligenz»; «Vom Nutzen des Schachspiels für Kinder»; «Es muss nicht immer Playstation sein»; «Von Bauhaus bis Schachnovelle – Schach in der Kunst».
Reinhören (oder aufzeichnen)!
Internationales Musik-Symposium in Oldenburg
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«Böse.Macht.Musik» – Das klingend Diabolische
Dr. Markus Gärtner
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Ist es ein Wagnis, Verknüpfungen aufzeigen zu wollen zwischen der «unpolitischen», «gefühlvollen» oder wie auch sonst pseudoromantisch verklärten Musik und der Macht des Bösen? Womöglich, aber gerade angesichts der sich kontinuierlich wandelnden globalen Mediengesellschaft muss es der Wissenschaft umso mehr ein Anliegen sein, neue – auch sperrige – Sicht- und Denkweisen anzuregen. Dieser Aufgabe hat sich das studentische Organisationsteam des vom 10. bis zum 13. Oktober 2008 stattfindenden Oldenburger Symposiums gestellt, das interessierte Studierende, ausübende Musiker/innen, Doktorand/innen und junge Wissenschaftler/innen aus Musikwissenschaft und Nachbardisziplinen einlädt, über Fragestellungen nachzudenken, die mit dem Klischee einer semantisch ausschließlich positiv besetzten Musik brechen. –
Seit jeher kennt die philosophische Ethik das Böse als einen zentralen Begriff. Auffälligerweise jedoch sparen die zahlreichen Ansätze einer «Ästhetik des Bösen» den musikalischen Bereich bisher aus. Das Thema «Böse.Macht.Musik» eröffnet Anknüpfungspunkte zu verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen − von der Musikologie über die Philosophie bis hin zur Medien- und Politikwissenschaft. Denn das Böse ist nicht nur ein Grundbegriff zahlreicher Religionen, sondern es bildet seit jeher auch einen zentralen Terminus der philosophischen Ethik. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert etablierte es sich außerdem als ästhetische Kategorie, welche von unmittelbar moralischen Aspekten losgelöst erscheint. Ob nun bei der Lektüre von Charles Baudelaires Gedichtzyklus «Les fleurs du mal» oder bei medial vermittelter Kriegsberichterstattung: Das Böse hat eine ästhetische Anziehungskraft. Allerdings sparen die zahlreichen Ansätze einer «Ästhetik des Bösen» den musikalischen Bereich bisher weitgehend aus. Das Symposium soll als Impuls dienen, diese Lücke zu schließen.

Wagner-Musik beim Massen-Töten – Szene aus F. Coppolas Kult-Film «Apocalypse Now»: Amerikanische Kriegs-Helikopter mähen vietnamesische Zivilisten nieder, zu Klängen des «Walküren-Ritts» (YouTube)
Vorsätzlich haben die Organisatoren ihr Thema sehr weiträumig aufgefasst. Das Symposium versteht sich als Forum, das einerseits den aktuellen Stand der Forschung widerspiegeln, darüber hinaus das «Böse» als ästhetische Idee zu fassen bekommen möchte – ohne Scheuklappen vor unbequemen Antworten. Wo Verbindungslinien bestehen zwischen dem angeblich so lichten Reich der Musik und der Macht des Bösen, wo nach der Differenzierung von Karl Rosenkranz’ «Ästhetik des Häßlichen» (1853) das Verbrecherische, das Gespenstische und das Diabolische zu klingen beginnen, dort werden junge Forscher tiefer bohren und tönende Materialisationen des Bösen genauer unter die Lupe nehmen.
Durch die Beteiligung von Referenten aus unterschiedlichen Ländern wie Kanada, Serbien, Polen und den USA wird es möglich, verschiedene nationale Denk- und Wissenschaftstraditionen als Grundlage für die Beantwortung der skizzierten Fragen heran zu ziehen. So bietet das Symposium die Möglichkeit zum direkten Austausch von Wissenschaftlern, Studenten, Künstlern und Interessierten − und das auf internationaler Ebene. – Ein vollständiges Programm mit allen Vorträgen und künstlerischen Beiträgen kann im Internet abgerufen werden. (M.Gärtner, Teamleiter «Inhaltliche Konzeption») ■
«Böse.Macht.Musik» – Internationales studentisches Symposium vom 10.-13. Oktober 2008, Institut für Musik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Das Symposium findet unter Trägerschaft des DVSM e.V. – Dachverband der Studierenden der Musikwissenschaft – statt.)
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30. Solothurner Literaturtage 2008
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Werkschau der Schweizer Literatur
«Mit dreißig Jahren blickt man zurück, aber auch nach vorne. Man ist voller Projekte und Ideen, neugierig und offen für Neues. Da ist Energie und Frische und eine gewisse Unbekümmertheit – und da ist Lust zu tanzen.
Von dieser Frische ist einiges im dreißigsten Programm der Literaturtage (2.-4. Mai 2008) zu spüren. Wie immer sind sie eine Werkschau der Schweizer Literatur, mit Arrivierten und weniger Arrivierten, vor allem aber mit vielen Debütanten und erfreulich vielen Debütantinnen. Neben den «Großen» Muschg, Nizon, Stamm und Steiner, die teilweise aus noch unveröffentlichten Werken lesen, bietet das Lesefest ein Feuerwerk an Erstlingen.
Vierzehn sind es an der Zahl, und man darf gespannt sein, wie sie sich auf dem Solothurner Parkett präsentieren, wie sie sich bei ihrem ersten Auftritt vor einem großen Publikum bewegen werden: Jacqueline Moser ist mit dabei und Maurizio Pinarello, Isabelle Stamm und Mireille Zindel, Annette Hug und Anja Jardine. Neue Stimmen also, neue Töne, die frischen Wind an den Fuß des Weißensteins bringen.
Frischer Wind kommt wie immer auch aus Norden, aus Deutschland. Dieses Jahr sind es unter anderem Monika Maron, Annette Pehnt und Ulrich Peltzer, die mit präzisen, so einfühlsamen wie klugen Texten bezaubern werden.
Und Gäste aus aller Welt sind da, um mitzutanzen beim großen Lesefest: Da ist aus Kuba Wendy Guerra, die 2006 laut «El Pais» den besten Roman der hispanischen Welt geschrieben hat. Da sind Lydia Davis und Nathan Englander aus den USA, zwei Perlen der neuen amerikanischen Literatur. Da ist Carl Djerassi, der «Vater der Pille». Und da sind der Goncourt-Preisträger Gilles Leroy, Dacia Maraini und Andrea de Carlo.
Auch eine Prise Nostalgie wird mitschwingen im dreißigsten Jahr, es wird an Stimmen erinnert, vergessene, vermisste, verstummte. Das Netz der Erinnerung wird ausgeworfen, um Höhe- und Tiefpunkte zu erbeuten, die Anfänge an Land zu ziehen, die ursprüngliche Idee, einen Ort zu schaffen, wo Autoren sich begegnen.» (Aus dem Programm-Editorial von Daniel Zahno)
Internationales Buch-Symposium
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Das Buch zwischen Kultur-Gut und Markt-Produkt
Am 2. Mai 2008, genau ein Jahr nach dem Fall der Preisbindung in der Deutschschweiz, führt der Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verband SBVV mit Unterstützung seiner Partnerorganisationen aus der Schweiz und Deutschland ein internationales Symposium durch. «Vielfalt statt Einfalt» lautet der Titel der Veranstaltung im Alten Spital Solothurn, an der über Buch-Politik nachgedacht werden soll; im Besonderen über das Buch im Spannungsfeld zwischen Kulturgut und Marktprodukt. Im Zentrum stehen die Fragen, ob die Buchpreisbindung ein sinnvolles Literaturförderungsinstrument ist, wie die Erfahrungen mit fixen und freien Preisen aus der Schweiz sowie andern Ländern sind und wie viel Marktwirtschaft Kultur erträgt – respektive wie viel Schutz Kultur in einer Marktwirtschaft für sich beanspruchen darf.
An der eintägigen Veranstaltung, welche parallel zu den Solothurner Literaturtagen stattfindet, werden unter anderem Jean-Frédéric Jauslin (Direktor des Bundesamtes für Kultur), Jack Lang (ehem. franz. Kulturminister und Vater des «Loi Lang»), Elisabeth Ruge (Berlin Verlag), die Philosophin Annemarie Pieper, der Autor Peter Stamm, der britische Ökonom und Buchpreisspezialist Francis Fishwick und andere mehr referieren und diskutieren. Zudem werden Schweizer Buchhandels- und Verlagsvertreter über die Situation des Schweizer Buchmarkts ein Jahr nach dem Fall der Preisbindung informieren.
Moderiert wird dieser kulturpolitische Literaturclub, der von 9 bis 17 Uhr dauert, von Charles Clerc.
Schach-Weltmeisterschaft 2007
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Viswanathan Anand ist neuer Schach-Weltmeister
In der 14. und letzten Runde der Schach-Weltmeisterschaft in Mexiko einigte sich der Inder Viswanathan Anand mit seinem ungarischen Gegner Peter Leko auf Remis und sicherte sich dadadurch (in der Nachfolge des Russen Vladimir Kramnik) den FIDE-WM-Titel. Als einziger Spieler dieser WM blieb Anand ohne eine einzige Niederlage – eine souveräne Leistung des 38-jährigen Schachgenies.
Mit diesem Sieg in einem der schwersten Turniere der Neuzeit heimste Anand den bislang größten Triumph in seiner an großen Erfolgen reichen Profi-Laufbahn (u.a. war er viermaliger «Schach-Oscar»-Preisträger) ein. Die Schachwelt ist sich einig darüber, dass mit Viswanathan Anand einer der stärksten und auch sympathischsten Spieler der Schachgeschichte diesen höchsten Thron im Schach besteigt. ■
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1. Anand,Viswanathan....... 9.0
2. Kramnik,Vladimir........ 8.0
3. Gelfand,Boris........... 8.0
4. Leko,Peter.............. 7.0
5. Svidler,Peter........... 6.5
6. Morozevich,Alexander.... 6.0
7. Aronian,Levon........... 6.0
8. Grischuk,Alexander...... 5.5
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Levon Aronian – Viswanathan Anand
Weltmeisterschaft 2007 (Mexico)
1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 c6 5.Lg5 h6 6.Lh4 dxc4 7.e4 g5 8.Lg3 b5 9.Se5 h5 10.h4 g4 11.Le2 Lb7 12.0-0 Sbd7 13.Dc2 Sxe5 14.Lxe5 Lg7 15.Tad1 0-0 16.Lg3 Sd7 17.f3 c5 18.dxc5 De7 19.Kh1?! a6 20.a4 Lc6 21.Sd5 exd5 22.exd5 Le5 23.f4 Lg7 24.dxc6 Sxc5 25.Td5 Se4 26.Le1 De6 27.Txh5 f5 28.Kh2 Tac8 29.Lb4 Tfe8 30.axb5 axb5 31.Te1 Df7 32.Tg5 Sxg5 33.fxg5 Txc6 34.Lf1 Txe1 35.Lxe1 Te6 36.Lc3 Dc7+ 37.g3 Te3 38.Dg2 Lxc3 39.bxc3 f4 40.Da8+ Kg7 41.Da6 fxg3+ 0:1
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Schach-Kinderstar Magnus Carlsen
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Sechzehnjähriger gewinnt Biel 2007
Schach-Kinderstar Magnus Carlsen hat das diesjährige Internationale Groβmeister-Turnier von Biel gewonnen. Der 16-jährige Norweger setzte sich im Stechen in der fünften Schnellpartie gegen den Amerikaner Alexander Onischuk durch. Carlsen hatte nach zwei Niederlagen in Folge in der letzten Runde mit einem Sieg über Radjabov wieder zu Onischuk aufschlieβen können.
Alexander Onischuk (2) – Magnus Carlsen (1) – Yannick Pelletier (3)
Der Einheimische Yannick Pelletier verpasste durch ein Remis gegen Judit Polgar den Sprung ganz an die Spitze, kann als Teilnehmer mit der geringsten ELO-Zahl mit dem 3. Rang aber sehr zufrieden sein.
1. | Magnus Carlsen | (Norway, 2710) | 5.5 | (24.25) |
2. | Alexander Onischuk | (USA, 2650) | 5.5 | (23.00) |
3. | Yannick Pelletier | (Switzerland, 2583) | 5 | (22.00) |
4. | Judit Polgar | (Hungary, 2707) | 5 | (21.75) |
5. | Alexander Grischuk | (Russia, 2726) | 5 | (21.50) |
6. | Teimour Radjabov | (Azerbaijan, 2746) | 5 | (20.75) |
7. | Bu Xianghzi | (China, 2685) | 3.5 | (16.25) |
8. | Loek van Wely | (Netherlands, 2679) | 3.5 | (15.75) |
9. | Alexander Motylev | (Russia, 2648) | 3.5 | (15.50) |
10. | Boris Avrukh | (Israel, 2645) | 3.5 | (14.75) |
Carlsen – Onischuk, Grandmaster Tournament Biel (5), 28.07.2007 [Autom. Kommentierung: Fritz10/Intel-PC] D43: Damengambit (Botwinnik-Variante)
1.d2-d4 Sg8-f6 2.c2-c4 e7-e6 3.Sg1-f3 d7-d5 4.Lc1-g5 h7-h6 5.Lg5xf6 Dd8xf6 6.Sb1-c3 c7-c6 7.Dd1-b3 d5xc4 8.Db3xc4 Sb8-d7 [ 8…Df6-d8 9.e2-e4 Lf8-e7 10.Lf1-d3 b7-b5 11.Dc4-b3 Sb8-d7 12.0-0 0-0 13.Ta1-d1 a7-a6 14.Ld3-b1 Dd8-b6 15.Db3-c2 c6-c5 16.e4-e5 g7-g6 17.d4-d5 Lc8-b7 18.d5-d6 Le7-d8 19.Sc3-e4 c5-c4 20.Dc2-d2 Kg8-g7 21.Tf1-e1 Ta8-c8 22.h2-h4 h6-h5 23.Dd2-f4 Wirthensohn,H (2420)-Stean,M (2490)/Biel 1981/MCD/1/2-1/2 (38)] 9.e2-e3 g7-g6 10.Lf1-e2N [ 10.Ta1-d1 Lf8-g7 11.Lf1-e2 0-0 12.0-0 e6-e5 13.Td1-d2 e5xd4 14.Sf3xd4 Df6-e7 15.Tf1-d1 Sd7-b6 16.Dc4-d3 Lc8-e6 17.Dd3-e4 Tf8-e8 18.Sd4xe6 De7xe6 19.De4xe6 Te8xe6 20.Sc3-b1 Te6-e8 21.b2-b3 Lg7-f8 22.Le2-f3 a7-a5 23.a2-a4 Lf8-b4 24.Td2-d3 Kg8-f8 Milic,B-Trifunovic,P (2500)/Zagreb 1949/EXT 2000/1/2-1/2 (37)] 10…Lf8-g7 11.0-0 0-0 12.Tf1-d1 Will d5 spielen 12…e6-e5 13.Sc3-e4 Df6-e7 14.d4-d5 c6xd5 15.Dc4xd5 Sd7-b6 16.Dd5-c5 De7xc5 17.Se4xc5 Lc8-g4 18.h2-h3 Weiß droht Materialgewinn: h3xg4 18…Ta8-c8 19.Sc5xb7 Lg4-e6 20.b2-b3 Der Gegner darf nicht nach a4+c4 20…Tc8-c2 Schwarz droht Materialgewinn: Tc2xe2 21.Le2-f1 Sb6-d5 [ 21…Tf8-b8 22.Sb7-a5=] 22.Lf1-c4+/= Weiß droht Materialgewinn: Lc4xd5 22…Sd5-c3 23.Td1-d2 Tc2xd2 24.Sf3xd2 e5-e4 25.Kg1-f1 Tf8-b8 26.Sb7-c5 Le6xc4+ 27.Sd2xc4 [ 27.b3xc4? Sc3-a4 Abzugsangriff: c3, g7-a1 28.Sc5xa4 Lg7xa1-+] 27…Tb8-b5 Schwarz droht Materialgewinn: Tb5xc5 28.Sc5-a6 Lg7-f8 [ 28…Tb5-h5 29.a2-a3+/=] 29.b3-b4+/= Lf8xb4 [ 29…Lf8-g7!?+/= lohnt die Prüfung] 30.a2-a4+/- Tb5-b7 31.Ta1-c1 Sc3-d5 32.Tc1-b1 f7-f5 33.a4-a5 Kg8-g7 [ >=33…Tb7-e7 34.Sa6xb4 Te7-b7+-] 34.Sc4-e5 f5-f4 [ 34…Tb7-e7 35.Se5-c6 ( 35.Sa6xb4?! ist schnell zu verwerfen 35…Te7xe5 36.Sb4-c6 Te5-e6 37.Tb1-b7+ Kg7-f8=) 35…Lb4xa5 36.Sc6xa5+-] 35.e3xf4 e4-e3 36.f2xe3 Sd5xe3+ 37.Kf1-g1 Se3-d5 38.Kg1-h1 Tb7-b5 [ 38…g6-g5 macht keinen großen Unterschied 39.f4xg5 Tb7-e7 40.g5xh6+ ( 40.Sa6xb4?! Te7xe5 41.Sb4-c6 Te5xg5+-; 40.Tb1xb4?! wäre weniger gut 40…Sd5xb4 41.g5xh6+ Kg7-h7 42.Sa6xb4 Te7xe5+/=) 40…Kg7xh6 41.Se5-g4+ ( 41.Tb1xb4?! Te7xe5 42.Tb4-b5 Te5-g5+-) 41…Kh6-g5 42.Tb1xb4 ( 42.Sa6xb4?! Te7-b7+-) 42…Sd5xb4 43.Sa6xb4+-] 39.Se5-c6 1-0
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